Markenrecht. Jennifer Fraser
eines Bestandteiles ist nur hinsichtlich Bestandteilen anzunehmen, die sich nach den üblichen Regeln der Silbentrennung abgrenzen lassen (Ströbele/Hacker/Thiering/Hacker § 9 Rn 458).
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Der als Stammzeichen in Betracht kommende Bestandteil muss zudem einen Hinweischarakter aufweisen, was grds auch Einzelbuchstaben und Ziffern zukommen kann (LG Hamburg GRUR-RR 2009, 109 – börsevz/studiVZ; HABM GRUR-RR 2003, 46 – T; GRURInt 1998, 613, 614 – IX; MarkenR 1999, 323 – 7). Nachnamen dürften eher einen Hinweischarakter aufweisen als Vornamen, da das Publikum eine familiäre Verbindung zwischen Personen mit gleichem Nachnamen annehmen könnte (HABM GRUR-RR 2003, 245, 246 – MARY GREEN/PAUL GREEN). Ferner ist die Branchenübung zu berücksichtigen (EuG GRURInt 2003, 247 – Fifties; MarkenR 2003, 317 – BUDMEN).
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Es ist hingegen für die Einstufung eines Bestandteiles als Stammzeichen einer Serie nicht zwingend erforderlich, dass diesem eine originäre Unterscheidungskraft zukommt (BGH GRUR 2002, 542, 544 – BIG), es reicht vielmehr aus, wenn die Kennzeichnungskraft durch starke Nutzung, insb durch mehrere Zeichen eines Unternehmens, erworben worden ist (BGH GRUR 1996, 267, 269 – AQUA), wobei der Zeichenbestandteil charakteristisch hervortreten muss (BGH GRUR 1989, 350, 351 – Abbo/Abo; OLG Hamburg GRUR-RR 2004, 42, 45 – Sitting Bull; BPatG GRUR 1998, 1027, 1028 – Boris/BORIS BECKER). Beschreibenden (BGH GRUR 2003, 1040, 1043 – Kinder I; BPatG GRUR 1995, 416, 417 – Rebenstolz; OLG Hamburg GRUR-RR 2003, 266, 269 – Corn Pops/Rice Pops) und originär kennzeichnungsschwachen Bestandteilen (BGH GRUR 1999, 240, 241 – STEPHANSKRONE I; EuG GRURInt 2005, 503 – SISSI ROSSI/MISS ROSSI; GRURInt 2005, 140 – Chufafit; MarkenR 2003, 200 – NU-TRIDE/Tufftride; HABM MarkenR 2002, 433 – iti-Digits I) kommt aber regelmäßig keine Hinweisfunktion zu (Büscher/Dittmer/Schiwy/Büscher § 14 Rn 468 verlangt eine Markendurchsetzung iSd § 8 Abs 3), gleiches gilt für Zeichenbestandteile, deren Kennzeichnungsschwäche auf einer Schwächung durch Drittzeichen beruht (BGH WRP 1999, 1179 – STEPHANSKRONE I; HABM MarkenR 2002, 433 – iti-Digits I; Büscher/Dittmer/Schiwy/Büscher § 14 Rn 473).
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Die Einstufung eines Zeichenbestandteiles als Stammzeichen hängt zudem von dessen Position im Gesamtzeichen ab, wobei die Üblichkeiten der betroffenen Branche zu berücksichtigen sind (BPatG Beschl v 7.4.2009 – 33 W (pat) 67/07 – Citiboerse/CITIBOND; GRUR 1997, 292, 293 – CHIN LEE; EuG GRURInt 2006, 404 – BAINBRIDGE); so kann in einer Branche die Stellung des Stammzeichens vorangestellt, in einer anderen hintangestellt sein.
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Gleichfalls kann die Bedeutung der abweichenden Bestandteile für oder gegen eine Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt eines Serienzeichens sprechen (Ströbele/Hacker/Thiering/Hacker § 9 Rn 528). Sind diese beispielsweise kennzeichnungsschwach, kann dies ein Hinweis auf eine Serienmarke darstellen (EuGH GRUR 2011, 915, 917 – UNIWEB/UNIFONDS/UNIRAK/UNIZINS; BPatG GRUR 2002, 438, 440 – WISCHMAX/Max). Auch internetbezogene Zusätze wie „-online“ oder eine Top Level Domain (zB „.net“) können dem anderen Bestandteil einen Stammbestandteilcharakter zuteil werden lassen (BPatG GRUR 2001, 518, 520 – d3.net/d3). Die Bildung eines Gesamtbegriffes steht dagegen regelmäßig der Annahme eines Stammbestandteiles entgegen (BGH GRUR 1999, 735, 737 – MONOFLAM/POLYFLAM; GRUR 1998, 932, 934 – Meisterbrand; WRP 1998, 1179, 1180 – STEPHANSKRONE II; GRUR 1999, 240, 241 – STEPHANSKRONE I; OLG Hamburg GRUR-RR 2004, 42, 45 – Sitting Bull; EuG GRURInt 2004, 1024, 1026).
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Der Eindruck einer Serienmarke kann auch entstehen, wenn das Publikum eine jüngere Marke als eine Ableitung von einer älteren Marke auffassen könnte (BPatG GRUR 2005, 56, 57 – volvisti/Volvo; GRUR 2002, 438, 441 – WISCHMAX/Max).
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Einen Sonderfall von Serienzeichen nehmen Marken ein, die keinen buchstabenidentischen Stammbestandteil aufweisen, aber wegen einer begrifflichen Übereinstimmung den Eindruck erwecken, ein und derselben Serie zuzuordnen zu sein (BPatG GRUR 1996, 282, 283 – Adalbert Prinz von Bayern/Luitpold Prinz von Bayern; OLG Frankfurt GRUR 1997, 52, 53 – Die Blauen Seiten/Gelbe Seiten), insb wenn die gegenüberstehenden Marken demselben charakteristischen Aufbau folgen (BPatG Mitt 1996, 133, 134 – OKLAHOMA SOUND/MISSISSIPPI SOUND; HABM-BK ABl HABM 2000, 952 – PRIVATE PLEASURES/SECRET PLEASURES).
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Bildbestandteile können eine Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt eines Serienzeichens sowohl begründen, als auch ihr entgegenstehen. Eine Serienmarke kann dabei regelmäßig nicht auf solche Bildbestandteile gestützt werden, die nahe liegen oder aus einfachen geometrischen Figuren bestehen (BPatG GRUR 1996, 895, 897 – Rote Kreisfläche; HABM-BK MarkenR 2002, 433 – T/iti).
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Hinsichtlich der beworbenen Waren/Dienstleistungen ist zwar eine gewisse Nähe, jedoch nicht eine Identität zu fordern, da ein Unternehmen durch verschiedene Marken einer Serie gerade unterschiedliche Waren oder Dienstleistungen bewirbt; andererseits sind diese regelmäßig zumindest einer Branche angehörig, so dass die Waren/Dienstleistungen beispielsweise sämtlich innerhalb der Computerbranche verschiedenen Softwareprodukten zuzuordnen sein könnten, wohingegen es ausgeschlossen erscheint, dass ein Medikamentenhersteller Lebensmittel mit Marken der gleichen Serie benennen würde. Je mehr sich die Branchen mithin voneinander unterscheiden, desto eher wird das Publikum annehmen, dass auch die Waren/Dienstleistungen von unterschiedlichen Herstellern stammen (BGH GRUR 2000, 886, 888 – Bayer/BeiChem; Ströbele/Hacker/Thiering/Hacker § 9 Rn 532; aA Büscher/Dittmer/Schiwy/Büscher § 14 Rn 481, der bei der Prüfung der Waren- bzw Dienstleistungsähnlichkeit keine Besonderheiten für Serienzeichen annehmen möchte).
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Eine begriffliche Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt eines Serienzeichens nimmt die Rspr nur sehr zurückhaltend an (BGH GRUR 2004, 779, 782 – Zwilling/Zweibrüder; GRUR 1999, 735, 737 – MONOFLAM/POLYFLAM; OLG Köln GRUR-RR 2008, 55, 57 deutsche City Post), da sie iE auf einen Elementenschutz hinauslaufe (vgl auch Ströbele/Hacker/Thiering/Hacker § 9 Rn 533 mwN). Es reicht deshalb nicht eine durchschnittliche Zeichenähnlichkeit aus (BGH GRUR 200, 886, 888 – Bayer/BeiChem; Büscher/Dittmer/Schiwy/Büscher § 14 Rn 477), vielmehr muss eine Wesensgleichheit der übereinstimmenden Bestandteile vorliegen (BGH GRUR 2010, 729, 732 Rn 41 – MIXI). Soweit lediglich eine Übersetzung eines Stammbestandteiles vorliegt, ist von einer Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt eines Serienzeichens nicht auszugehen (BGH WRP 1998, 1179, 1180 – STEPHANSKRONE II).
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In verfahrensrechtlicher Hinsicht geht der EuGH davon aus, dass der Widerspruch auf sämtliche die Serie bildende Marken gestützt werden muss (EuGH GRUR-RR 2009, 356 – MOBILIX/OBELIX; Büscher/Dittmer/Schiwy/Büscher § 14 Rn 475). Die tatsächlichen Voraussetzungen die Annahme einer Serienmarke, insb der Umstand, dass der Verkehr mit der Serie vertraut ist, müssen „liquide“ sein (vgl unten Rn 285; Ströbele/Hacker/Thiering/Hacker § 9 Rn 516).
(2) Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne
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Eine Verwechslungsgefahr iwS ist anzunehmen, wenn das Publikum zwar von zwei nebeneinander stehenden Marken ausgeht, jedoch wirtschaftliche oder organisatorische Beziehungen der Markeninhaber annimmt (BGH GRUR 2013, 1239, 1242 Rn 45 – VOLKSWAGEN/Volks.Inspektion; GRUR 2008, 903 Rn 31 – SIERRA ANTIGUO; MarkenR 2006, 402, 404 – Malteserkreuz; GRUR 2006, 60, 63 – coccodrillo; GRUR 2004, 779, 783 – Zwilling/Zweibrüder; GRUR 2004, 598, 599 – Kleiner Feigling; GRUR 2000, 608, 610 – ARD-1; BPatG Beschl