Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht. Anne Hahn
förmlichen Zusagen der Bundesrepublik, „zweckdienliche Maßnahmen“ im Rundfunkstaatsvertrag zu treffen, um die Bedenken der Kommission bezüglich der bisherigen Ausgestaltung der Rundfunkgebühr im Hinblick auf das europäische Beihilferecht der Art. 86 ff. EG (heute Art. 107 ff. AEUV) auszuräumen.[173] Ob ein Telemedien-Angebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nach dem RStV zulässig ist, beurteilt sich folglich anhand der in §§ 11 ff. RStV vorgesehenen Kriterien, insbesondere nach §§ 11d und f RStV. Der mit dem 19. Rundfunkänderungsstaatsvertrag neu eingefügte § 11g RStV regelt schließlich in Verbindung mit der Negativliste der Anlage zu § 11g Abs. 5 S. 1 RStV die inhaltlichen Anforderungen an das Jugendangebot der Rundfunkanstalten der ARD und des ZDF. Hierzu soll nach § 11g Abs. 1 RStV das Jugendangebot „die Lebenswirklichkeit und die Interessen junger Menschen als Zielgruppe in den Mittelpunkt stellen und dadurch einen besonderen Beitrag zur Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Auftrags nach § 11 leisten“.
2.2.3.1 Programmauftrag
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§ 11 Abs. 1 S. 1 RStV ist als Generalklausel ausgestaltet und definiert die grundlegenden Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.[174] Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist danach, „durch die Herstellung und Verbreitung ihrer Angebote als Medium und Faktor des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu wirken und dadurch die demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Gesellschaft zu erfüllen“. Die Definition bedient sich der Worte des BVerfG[175] und bleibt dabei bewusst allgemein. Den eigentlichen Programmauftrag beinhalten § 11 Abs. 1 S. 2–5 RStV. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben in ihren Angeboten einen „umfassenden Überblick über das internationale, europäische, nationale und regionale Geschehen in allen wesentlichen Lebensbereichen zu geben. Sie sollen hierdurch die internationale Verständigung, die europäische Integration und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Bund und Ländern fördern. Ihre Angebote haben der Bildung, Information, Beratung und Unterhaltung zu dienen. Sie haben Beiträge insbesondere zur Kultur anzubieten. Auch Unterhaltung soll einem öffentlich-rechtlichen Angebotsprofil entsprechen.“ Ob die Anstalten diesem Anspruch gerecht werden, wird nicht zuletzt[176] von der Medienpolitik angezweifelt und überprüft. Insbesondere angesichts der mangelnden Unterscheidbarkeit der Inhalte werden Bedenken geäußert.[177] § 11a Abs. 1 RStV legt fest, was unter dem Begriff „Angebote“ zu verstehen ist. Neben den klassischen Hörfunk- und Fernsehprogrammen sind das die über das Internet verbreiteten Telemedien. Letztere sind daher seit dem 12. RÄStV im Anschluss an das „Zweite Rundfunkgebührenurteil“ des BVerfG[178] vom Programmauftrag des § 11 Abs. 1 RStV erfasst.
2.2.3.2 Telemedien nach § 11d RStV
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Mit dem 12. RÄStV wurde die Vorschrift des § 11d RStV eingefügt. In dessen Absatz 1 wird nochmals klargestellt, dass Telemedien zu den Angeboten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gehören. Insoweit wird nur bestätigt, was bereits § 11a Abs. 1 RStV bestimmt. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben nunmehr sogar die Pflicht, zur Erfüllung ihres Auftrags nach § 11 RStV Telemedien anzubieten. Allerdings hat der Auftrag nach § 11d Abs. 1 RStV nur das Angebot von journalistisch-redaktionell veranlassten und journalistisch-redaktionell gestalteten Telemedien im Blick. Angebote, die keinerlei Bezug zur öffentlichen Meinungsbildung haben, dürfen von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkveranstaltern nicht angeboten werden.
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Journalistisch-redaktionell veranlasste Telemedien sind durch eine planvolle, auf eine zeitnahe Herstellung und Weiterverbreitung eines Angebots gerichtete Tätigkeit gekennzeichnet. Dabei müssen sie einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung i.S.d. § 11 Abs. 1 RStV leisten. Journalistisch-redaktionell ist eine Tätigkeit, die recherchierenden, auswählenden und gewichtenden Charakter hat sowie eine systematisierende und strukturierende Aufbereitung eines die öffentliche Meinungsbildung berührenden Gegenstandes beinhaltet.[179]
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Journalistisch-redaktionell gestaltete Telemedien sind demgegenüber solche, die den Gegenstand eines Angebots auf eigenständige Weise in Text, Bild oder Ton darstellen. Somit fallen zufällige Anordnungen von Informationen auf einer Internetseite nicht in den Anwendungsbereich. Dennoch sind an die Gestaltung eines Telemediums keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Entscheidend ist, dass das Gesamtbild als publizistisch sinnvolle Anordnung von Inhalten erkennbar ist.[180] Das gilt schon deshalb, weil die Telemedien im Unterschied zum Rundfunk kein lineares Angebot (geprägt durch einen Sendeplan) darstellen.
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Handelt es sich also um journalistisch-redaktionell veranlasste und gestaltete Telemedien, ist deren Zulässigkeit aber noch nicht geklärt. Vielmehr muss ein Telemedienangebot einer Prüfung der Vorgaben des § 11d Abs. 2 RStV unterzogen werden. Außerdem sind die Verbote des § 11d Abs. 5 S. 1–3 RStV sowie der in der Anlage zu § 11d Abs. 5 S. 4 RStV vorgesehene Negativkatalog unzulässiger Angebote zu beachten. Schließlich müssen öffentlich-rechtliche Telemedienangebote gem. § 11d Abs. 3 RStV eindeutig inhaltlich ausgerichtet sein, um sie von den Angeboten kommerzieller Anbieter abgrenzen zu können. Besonderer Aufmerksamkeit bei der Zulässigkeitsprüfung bedarf die Regelung des § 11d Abs. 2 RStV. So werden die in Nr. 1 und 2 des § 11d Abs. 2 RStV beschriebenen Telemedienangebote dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk kraft Gesetzes übertragen. Davon erfasst sind nach Nr. 1 die Verlängerung der Ausstrahlung einer Sendung im Internet für die Dauer von sieben Tagen zum Abruf (für Fußballspiele der 1. und 2. Bundesliga gilt die 24-Stunden-Frist) sowie gem. Nr. 2 das Bereithalten von auf diese Sendung bezogenen Begleitangeboten in Form von Telemedien (sog. Seven-Days-Catch-Up).[181] Zeit- und kulturgeschichtliche Inhalte dürfen nach Nr. 4 hingegen zeitlich unbegrenzt archiviert und zugänglich gehalten werden. § 11d Abs. 2 Nr. 3 RStV erlaubt es, Sendungen und sendungsbezogene Telemedien auch nach Ablauf der in §§ 11d Abs. 2 Nr. 1 HS 1 und Nr. 2 RStV genannten Fristen in den Mediatheken anzubieten, wenn sie in Einklang mit § 11f RStV in einem entsprechenden Telemedienkonzept beschrieben und angebotsabhängig eine Befristung der Verweildauer festgelegt ist. So hält etwa die ARD seit Ende 2015 im Rahmen ihrer Multiplattformstrategie auf Grundlage des Telemedienkonzepts von Juni 2010[182] die „Tatort“-Krimis nunmehr 30 Tage in der Mediathek vor.[183]
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Ein Telemedienangebot gilt als sendungsbezogen i.S.d. § 11d Abs. 2 Nr. 2 RStV, wenn ein unmittelbarer Bezug zu einer im Fernsehen ausgestrahlten konkreten Sendung vorliegt. Der Begriff der Sendung wird in § 2 Abs. 2 Nr. 2 RStV definiert. Eine Sendung ist danach ein inhaltlich zusammenhängender, geschlossener und zeitlich begrenzter Teil eines Rundfunkprogramms. Darauf muss sich das Telemedium beziehen. Der Bezug auf eine bestimmte Sendung muss dabei klar erkennbar sein. Außerdem ist § 11d Abs. 2 Nr. 2 RStV und damit die Zulässigkeit eines Telemediums kraft Gesetzes nur gegeben, wenn es sich ausschließlich aus Materialen und Quellen zusammensetzt, die für die in Bezug genommene Sendung genutzt wurden. Schließlich muss ein sendungsbezogenes Telemedium die Sendung unterstützend begleiten und vertiefen. Dabei darf es sich aber nicht so weit von der zugrundeliegenden Sendung entfernen, dass es als eigenständiges Telemedium i.S.d. § 11f Abs. 3 RStV einzustufen ist. Liegen diese drei Voraussetzungen kumulativ vor, handelt es sich um ein kraft Gesetz zulässiges sendungsbezogenes Telemedium.[184] Ein Telemedium, das sich nicht in den Grenzen des § 11d Abs. 2 Nr. 2 RStV hält (was in der Praxis häufig der Fall ist, da Telemedienangebote oftmals nicht nur unterstützend begleiten und vertiefen), kann nur nach erfolgreich durchlaufenem Drei-Stufen-Test i.S.v. § 11f Abs. 4 RStV zulässig sein.
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Unter den Voraussetzungen von § 11d Abs. 2 Nr. 3 2. HS und Nr. 4 RStV wird dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk die Möglichkeit eröffnet, auch nichtsendungsbezogene Telemedien anzubieten, sofern diese einem Drei-Stufen-Test nach § 11f RStV Stand gehalten haben. Das gilt aber nicht für presseähnliche nichtsendungsbezogene Telemedien nach § 11d Abs. 2 Nr. 3 letzter HS RStV. Das Angebot derartiger Telemedien ist dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk