Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht. Anne Hahn
Infrastrukturanbieter im Wettbewerb um die Programmverbreitung bzw. um die Versorgung mit Programmangeboten stehen, der sog. Markt 18 aus der Liste der zur Regulierung empfohlenen Märkte gestrichen.[84] Die Bundesnetzagentur hat in der Festlegung der Präsidentenkammer vom 7.10.2010 entschieden, dass an einer sektorspezifischen Regulierung des Einspeisemarktes und des Signallieferungsmarktes für Kabelnetzbetreiber nicht länger festzuhalten sei, weshalb die Regulierungsauflagen in einem zweiten Schritt widerrufen wurden. Durch die Aufgabe der sektorspezifischen Regulierung durch die BNetzA nach Maßgabe des TKG ist nunmehr das Bundeskartellamt auf der Basis des allgemeinen Kartellrechts zuständig, um individuelle Fallkonstellationen auf ihre Wettbewerbskonformität zu überprüfen.
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Bei der Erbringung von Internetdienstleistungen und Telefonie haben die Betreiber von Breitbandkabelnetzen in der Regel keine beträchtliche Marktmacht und unterliegen deshalb keiner restriktiven Zugangsregulierung, sondern müssen vor allem die allgemeinen Bestimmungen des TKG und die ergänzenden Verordnungen beachten. Von besonderer Bedeutung sind hierbei die Vorschriften zum Kunden- und Datenschutz.
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Nur im sog. Markt 1, dem Markt für Terminierungsleistungen in das eigene Telefonnetz, unterliegen Breitbandkabelnetzbetreiber einer weiteren speziellen telekommunikationsrechtlichen Regelung. Hierbei legt die Bundesnetzagentur im Rahmen einer ex ante-Regulierung gem. § 31 TKG die Entgelte fest, die für die Entgegennahme von Telefonanrufen auf der untersten Netzkoppelungsebene erhoben werden dürfen. Hierbei ist zu unterscheiden, ob die unterste Netzkoppelungebene eine PSTN-Schnittstelle eines entsprechenden Ortsnetzes ist (so z.B. bei der Deutschen Telekom) oder eine NGN-Schnittstelle eines modernen IP-basierten Telefonnetzes (so z.B. bei Kabelnetzbetreibern wie Unitymedia).
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Ferner sind für die Verlegung von Kabelnetzen auf öffentlichem Grund die Vorschriften der §§ 68 ff. TKG zum öffentlichen Wegerecht von besonderer Bedeutung. Danach ist der Bund gem. § 68 TKG berechtigt, die öffentlichen Wege zum Zwecke der Verlegung von Telekommunikationslinien zu nutzen. Die Bundesnetzagentur kann gem. § 69 TKG dieses Nutzungsrecht auf Antrag einem Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit übertragen, so dass dieser in die Lage versetzt wird, öffentliche Straßen und Plätze zwecks Verlegung von Kabelanlagen zu nutzen. Für die Verlegung von Kabelnetzen auf privatem Grund ist der Kabelnetzbetreiber – sofern kein Ausnahmetatbestand des § 78 TKG vorliegt – verpflichtet, zuvor einen entsprechenden Gestattungsvertrag mit dem jeweiligen Grundstückseigentümer abzuschließen, um dadurch ein privatrechtliches Nutzungsrecht zu erwerben. Die Regelung des § 77a TKG gibt Telekommunikationsunternehmen Zugang zu passiver Infrastruktur und erleichtert dadurch den Auf- und Ausbau von modernen Infrastrukturen. Basierend auf der Kostensenkungs-Richtlinie (2014/61/EU) wurden zudem mit dem sog. DigiNetz-Gesetz weitere Vorschriften in das TKG aufgenommen, um den Ausbau von leistungsstarken Infrastrukturen für die Versorgung der Bevölkerung mit hohen Internetgeschwindigkeiten zu fördern und zu beschleunigen. Die wichtigsten Bereiche sind der Zugang zu passiven Infrastrukturen (§§ 77a, d TKG), die Koordinierung von Bauvorhaben (§§ 77h, i TKG), ein Netzabschlussrecht im Gebäude inklusive Mitnutzungsanspruch passiver Hausinfrastruktur (§§ 77k TKG) sowie eine Verpflichtung zur Verlegung von passiver Infrastruktur (insbesondere Kabelschächte) und Glasfaser in Neubaugebieten (§§ 77i TKG).
3.2.3 Urheberrechtliche Regulierung
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Im Gegensatz zu Satellitenbetreibern und Betreibern terrestrischer Funknetze und trotz der hoheitlichen Kabelbelegungsvorgaben unterliegen Kabelnetzbetreiber einer speziellen urheberrechtlichen Regulierung nach §§ 20, 20b und 87 Abs. 5 UrhG. Das Recht der Kabelweitersendung kann nach § 20b Abs. 1 UrhG von den Rechteinhabern nicht individuell, sondern nur kollektiv durch entsprechende Verwertungsgesellschaften geltend gemacht werden.[85] Diese Verwertungsgesellschaftspflichtigkeit besteht nicht für Rechte, die von Sendeunternehmen selbst wahrgenommen werden. Die Sendeunternehmen sind jedoch nach § 87 Abs. 5 UrhG verpflichtet, im Hinblick auf die Vereinbarung einer angemessenen Bedingung Vertragsverhandlungen mit den Kabelnetzbetreibern zu führen. Ob und inwieweit ein Kabelnetzbetreiber zur Kabeleinspeisung durch das Anbieten angemessener Bedingungen auch ohne Zustimmung des Programmanbieters berechtigt ist, ist bislang umstritten.[86] Die Fragen der Vergütungspflichtigkeit der Kabelweitersendung sind stark umstritten, da sich die Kabelnetzbetreiber in einem rechtlichen Spannungsfeld zwischen rundfunkrechtlichen Belegungsvorgaben (must-carry) zum Schutze der Meinungsvielfaltsicherung und vertraglichen Verbreitungsverpflichtungen befinden.[87] Im Gegensatz hierzu knüpft das Urheberrecht an der Beteiligung der Rechteinhaber an den geldwerten Vorteilen an, die aus der wirtschaftlichen Verwertung von urheberrechtlich geschützten Werken resultiert. Die Pflicht des Kabelnetzbetreibers zu einer kostenorientierten Bereitstellung von Übertragungskapazitäten für Rundfunkanbieter konfligiert hierbei mit dem urheberrechtlichen Prinzip der Gewinnabschöpfung bei marktwirtschaftlichen Verwertungsakten, die unter eigenverantwortlicher Nutzung urheberrechtlich geschützter Rechte erfolgen. Insbesondere der Ausfallhaftungsanspruch der Kabelnetzbetreiber nach § 20b Abs. 2 UrhG gehört seit seiner Einführung durch das 4. Urheberrechtsänderungsgesetz zu den umstrittensten Rechtsproblemen.[88] Überdies ist seit der Einführung des Urhebervertragsrechts durch die Schaffung des gesonderten Ausfallshaftungsanspruchs nach § 32 UrhG unklar, ob und inwieweit § 20b Abs. 2 UrhG noch eine eigenständige Bedeutung beanspruchen kann.[89] Das Urteil des EuGH 16.3.2017 – C-138/16 könnte jedoch zu einem Paradigmenwechsel führen, da der Gerichtshof die kabelbasierte Verbreitung von inländischen Programmen nicht als eine Kabelweitersendung an einen neuen Personenkreis bewertete, vielmehr sei die Erlaubnis zur Programmverbreitung an einen inländischen Personenkreis durch einen Kabelnetzbetreiber bereits bei der Erteilung der Erlaubnis zur ursprünglichen Ausstrahlung dieser Werke durch die nationale Rundfunkanstalt berücksichtigt worden.
4.1 Übertragungstechnik
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Die Rundfunkverbreitung findet auch über das Internet oder unter Nutzung des Internetprotokolls statt. Insbesondere Radioprogramme werden aufgrund der geringeren Übertragungskapazitäten, die für die Live-Streams benötigt werden, bereits seit vielen Jahren von den Sendeanstalten parallel im Internet verbreitet. Vor allem durch die DOCSIS 3.0-Technologie für Breitbandkabelnetze und die DSL-Technik für Kupferdoppeladernetze wurden in den vergangenen Jahren die Übertragungsgeschwindigkeiten sehr stark erhöht, so dass auch Fernsehprogramme ohne wesentliche Qualitätsverluste über das Internet verbreitet werden können.[90] Da breitbandige Internetverbindungen in den meisten deutschen Haushalten verfügbar sind, konnte sich das Internet immer stärker als Rundfunkübertragungsweg etablieren, der in ähnlich starker direkter Konkurrenz zu Terrestrik, Satellit und Kabel steht. Anbieter wie Zattoo und Waipu verbreiten ein Portfolio linearer Rundfunkprogramme unter Nutzung der IP-Streaming- Technologie über das offene Internet an ihre registrierten Kunden (geschlossene Benutzergruppe) und auch Sendeunternehmen haben begonnen, ihre linearen Programme und einzelne Sendungen auf Abruf über eigene Websites oder entsprechende Apps den Rezipienten zur Verfügung zu stellen. Anbieter wie Netflix, AmazonPrime und Maxdome nutzen ebenfalls das Internet als Vertriebsweg für ihre bezahlpflichtigen Abonnementdienste für Filme, Serien und weitere Dienste, jedoch kann das Portal YouTube bei weitem die meisten Nutzer auf sich ziehen. Auch die traditionellen Telekommunikationsunternehmen haben ihr Produktportfolio um die neue Sparte „Rundfunk“ erweitert, um den Kunden ein sog. „Triple Play-Angebot“ unterbreiten zu können. Insbesondere die dem Internet „angeborene“ Abruffunktionalität, die durch den Aufbau einer rückkanalfähigen Punkt-zu-Punkt-Verbindung stets gegeben ist, ermöglicht es, über das Internet Filme als video-on-demand Dienste anzubieten. Durch diese individuelle Zugriffsmöglichkeit auf eine virtuelle Videothek hat das Internet eine erhebliche Auswirkung auf die Veränderung der allgemeinen Nutzungsgewohnheiten und das Wettbewerbsverhältnis der Distributionswege.[91] Dies hat auch erheblichen Einfluss auf die medienrechtliche Einordnung bzw. Abgrenzung von Diensten als Rundfunk, Medien- oder Teledienste.[92] Die Landesmedienanstalten haben sich von ihren früheren Festlegungen abgewendet