Verteidigung von Ausländern. Jens Schmidt
281 StGB.
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Voraussetzung ist jedoch, dass das vorgezeigte Ausweispapier echt ist; ist es gefälscht, ist § 267 Abs. 1 StGB einschlägig.[1]
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Durch das 6. StRG wurde § 273 StGB eingeführt; die Vorschrift soll bislang bestehende Strafbarkeitslücken schließen. Entfernt der Täter beispielsweise Eintragungen oder einzelne Seiten des Passes, kommt eine Strafbarkeit gemäß § 274 StGB nicht in Betracht, wenn der Täter Inhaber des Passes ist[2]; ebenso scheidet eine Strafbarkeit gemäß § 267 Abs. 1 StGB aus, wenn die Fälschung nur solche Eintragungen betrifft, die nicht vom Aussteller der Urkunde – wie z.B. Grenzkontrollstempel oder Abschiebungsvermerke – stammen.[3] Entsprechende Ausweismanipulationen werden nunmehr von § 273 StGB erfasst.
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Führt der Ausländer einen unechten oder verfälschten Ausweis mit sich, ohne sich damit auszuweisen, macht er sich gemäß § 276 Abs. 1 StGB strafbar.
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Gibt der Ausländer fehlerhafte Personalien an, stellt sich daneben häufig die Frage der mittelbaren Falschbeurkundung (§ 271 StGB); insoweit ist sorgfältig zu prüfen, ob im konkreten Einzelfall eine erhöhte Beweiskraft i.S.d. § 271 StGB gegeben ist. Dies ist beispielsweise nicht der Fall, wenn ein Asylsuchender im Rahmen seiner Meldung fehlerhafte Angaben macht, da nur eine Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung gem. § 63 AsylG, nicht aber die schlichte Meldung des Asylsuchenden die Voraussetzungen des § 271 StGB erfüllt.[4] Da die Duldung nach § 60a AufenthG mit dem Zusatz „die Personenangaben beruhen auf den eigenen Angaben des Inhabers“ versehen werden kann, erstreckt sich die Beweiskraft nicht auf die Personalien des Ausländers, so dass § 271 StGB nicht erfüllt ist.[5] Auch die Fikitionsbescheinigung gemäß § 81 Abs. 4, 5 AufenthG stellt keine öffentliche Urkunde dar; diese schreibt nämlich nur einen bestehenden Rechtszustand fort, begründet also keine „neue Beweiskraft“[6]. Entscheidend ist ferner, ob die Angaben des betroffenen Ausländers eine zuverlässige Identifizierung ermöglichen, was trotz unwahrer Personalien der Fall ist, wenn diese bereits im Ausland genutzt wurden, d.h. die Identität zuverlässig geklärt werden kann.[7]
Hinweis
Ist der objektive Tatbestand erfüllt, bedarf es im Urteil der eingehenden Darlegung der subjektiven Tatseite, wenn aufgrund der Herkunft des Ausländers die Annahme eher fernliegt, er sei davon ausgegangen, die deutschen Behörden würden „auf seine durch nichts belegten Personenangaben eine Ausweisurkunde stützen, die uneingeschränkt öffentlichen Glauben besitzt.“[8]
Ist gleichzeitig § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG erfüllt, tritt § 271 StGB im Wege der Konkurrenz (Konsumtion) zurück.[9]
Anmerkungen
OLG Bremen StV 2002, 552; Fischer StGB, § 281 Rn. 2 m.w.N.
Fischer StGB, § 273 Rn. 1 m.w.N.
Fischer StGB, § 273 Rn. 1.
OLG Brandenburg StV 2002, 311 f.
OLG Stuttgart NStZ-RR 2008, 155; OLG Koblenz NStZ-RR 2010, 259, 261; s.a. BGH StV 2010, 247, 248, wonach § 271 StGB jedenfalls dann entfällt, wenn der Zusatz in der Duldung tatsächlich aufgenommen worden ist; zur Aufenthaltsgestattung nach § 63 Abs. 5 AsylVfG a.F. vgl. OLG Brandenburg StV 2009, 135; OLG Brandenburg NStZ-RR 2010, 12; OLG Karlsruhe StV 2009, 133, 134.
OLG Hamm StraFo 2009, 216.
KG NStZ 2009, 448, 449.
OLG Oldenburg StraFo 2010, 213.
BGH NJW 2016, 419, 421; BGH StV 2010, 247, 248/249; BGH StV 2010, 250; OLG Koblenz NStZ-RR 2010, 259, 260.
c) Straßenverkehrsdelikte[1]
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Ist der Beschuldigte Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis, gilt es u.a. folgende Sonderbestimmungen zu beachten:
§ 7 FeV Ordentlicher Wohnsitz im Inland
(1) Eine Fahrerlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Bewerber seinen ordentlichen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland hat. Dies wird angenommen, wenn der Bewerber wegen persönlicher und beruflicher Bindungen oder – bei fehlenden beruflichen Bindungen – wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen ihm und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, das heißt während mindestens 185 Tagen im Jahr, im Inland wohnt. Ein Bewerber, dessen persönliche Bindungen im Inland liegen, der sich aber aus beruflichen Gründen in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder Vertragstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum aufhält, hat seinen ordentlichen Wohnsitz im Sinne dieser Vorschrift im Inland, sofern er regelmäßig hierhin zurückkehrt. Die Voraussetzung entfällt, wenn sich der Bewerber zur Ausführung eines Auftrags von bestimmter Dauer in einem solchen Staat aufhält.
(2) Bewerber, die bislang ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten und die sich ausschließlich zum Zwecke des Besuchs einer Hochschule oder Schule in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum aufhalten, behalten ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland.
(3) Bewerber, die bislang ihren ordentlichen Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum hatten und die sich ausschließlich wegen des Besuchs einer Hochschule oder Schule im Inland aufhalten, begründen keinen ordentlichen Wohnsitz im Inland. Ihnen wird die Fahrerlaubnis erteilt, wenn die Dauer des Aufenthalts mindestens sechs Monate beträgt.
§ 28 FeV Anerkennung von Fahrerlaubnissen aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder einem anderen Vertragstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum
(1) Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Abs. 1 oder 2 in der Bundesrepublik Deutschland haben, dürfen – vorbehaltlich der Einschränkungen nach Absätzen 2 bis 4 – im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen. Auflagen zur ausländischen Fahrerlaubnis sind auch im Inland zu beachten. Auf die Fahrerlaubnis finden die Vorschriften dieser Verordnung Anwendung, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(2) Der Umfang der Berechtigung der jeweiligen Fahrerlaubnisklassen ergibt sich aus dem Beschluss der Kommission vom 20. März 2014 über Äquivalenzen zwischen Führerscheinklassen (ABl. L 120 vom 23.4.2014, S. 1). Die Berechtigung nach Absatz 1 gilt nicht für Fahrerlaubnisklassen, für die die Entscheidung der Kommission keine entsprechenden Klassen ausweist. Für die Berechtigung zum Führen von Fahrzeugen der Klassen L und T gilt § 6 Abs. 3 entsprechend.
(3)