Verteidigung von Ausländern. Jens Schmidt
ausgestellt worden war. Der auf Grund des Absatzes 1 oder 2 ausgestellte Führerschein ist nur gegen Abgabe des ausländischen Führerscheins auszuhändigen. Die Fahrerlaubnisbehörde sendet ihn über das Kraftfahrt-Bundesamt an die Stelle zurück, die ihn ausgestellt hat, wenn mit dem betreffenden Staat eine entsprechende Vereinbarung besteht. In den anderen Fällen nimmt sie den Führerschein in Verwahrung. Er darf nur gegen Abgabe des auf seiner Grundlage ausgestellten inländischen Führerscheins wieder ausgehändigt werden. In begründeten Fällen kann die Fahrerlaubnisbehörde davon absehen, den ausländischen Führerschein in Verwahrung zu nehmen oder ihn an die ausländische Stelle zurückzuschicken. Verwahrte Führerscheine können nach drei Jahren vernichtet werden.
(5) Absatz 1 gilt auch für den in § 30 Abs. 5 genannten Personenkreis, sofern Gegenseitigkeit besteht. Der Vermerk nach Absatz 4 Satz 1 ist einzutragen. Absatz 4 Satz 2 bis 7 findet keine Anwendung.
Anmerkungen
Vgl. auch Freyschmidt Verteidigung in Straßenverkehrssachen.
aa) Fahren ohne Fahrerlaubnis (§ 21 StVG)
140
Der Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis darf nur nach Maßgabe der §§ 28, 29 FeV am innerdeutschen Kraftverkehr teilnehmen; liegt diesen Vorschriften entsprechend keine – in Deutschland – gültige Fahrerlaubnis vor, macht sich der Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis des Fahrens ohne Fahrerlaubnis gemäß § 21 StVG strafbar.
141
Hat der Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland (noch) keinen festen Wohnsitz begründet (§ 7 FeV), gilt § 29 FeV, wonach er im Umfang seiner Berechtigung am inländischen Kraftverkehr teilnehmen darf; eine Ausnahme gilt nur insoweit, als eine der in § 29 Abs. 3 FeV genannten Ausnahmetatbestände gegeben ist.
142
Hat der Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis seinen Wohnsitz im Inland begründet, ist zwischen EU/EWR-Fahrerlaubnissen einerseits und solchen sog. Drittstaaten andererseits zu differenzieren.
143
Unter welchen Voraussetzungen eine EU/EWR-Fahrerlaubnis in Deutschland Anerkennung findet, stellt eine der umstrittensten materiell-rechtlichen Fragen der vergangenen Jahre dar.[1] Der EuGH hat hierzu in insgesamt sechzehn (!) grundlegenden Entscheidungen[2] Stellung genommen, ohne allerdings alle offenen Fragen abschließend zu beantworten. Nicht zuletzt deshalb wird dieser Themenkomplex in der Literatur bereits unter dem Begriff der „unendlichen Geschichte des Führerscheintourismus“[3] geführt.
Dem Stand der höchstrichterlichen Rechtsprechung folgend ist zunächst festzustellen, dass die in einem Mitgliedstaat ausgestellte Fahrerlaubnis grundsätzlich anzuerkennen ist, d.h. der EuGH propagiert in ständiger Rechtsprechung den Anerkennungsgrundsatz, von dem nur im Ausnahmefall abgewichen werden darf. Bzgl. der insoweit zulässigen Ausnahmen hat sich über die Jahre eine ausgefeilte Kasuistik entwickelt, deren Entwicklung bis heute nicht vollständig abgeschlossen ist. Im Einzelnen können folgende Umstände als „feststehend“ betrachtet werden:
144
Die neuere Rechtsprechung misst zunächst dem Umstand maßgebliche Bedeutung zu, ob es sich bei der nach einem Entzug der Fahrerlaubnis im Inland erteilten ausländischen Fahrerlaubnis um die Neuerteilung oder lediglich einen Umtausch einer bestehenden Fahrerlaubnis handelt. Da nur im ersten Fall die Eignungsvoraussetzungen durch den Austellungsstaat geprüft werden, darf nach dem derzeitigen Stand der Rechtsprechung die Anerkennung der ausländischen Fahrerlaubnis verweigert werden, wenn lediglich ein Umtausch erfolgt ist.[4] Bzgl. der Abgrenzung ist auf die Informationen im Führerschein abzustellen, wobei als wesentliches Indiz für einen Umtausch die Tatsache gewertet werden darf, dass der Führerschein ein Datum aufweist, welches zeitlich vor der Erteilung der Fahrerlaubnis liegt;[5] eine Neuerteilung liegt hingegen vor, wenn die Gültigkeitsdauer verlängert wird, da dann die Eignungsvoraussetzungen in zeitlicher Hinsicht erweitert werden.[6]
145
Ist nach diesen Grundsätzen eine Neuerteilung gegeben, kann die Anerkennung verwehrt werden, wenn
• | sich aufgrund von Angaben im EU/EWR-Führerschein – z.B. eingetragener Wohnsitz im Inland – selbst oder |
• | sich aufgrund anderer vom Ausstellermitgliedstaat herrührender, unbestreitbarer Informationen |
feststellen lässt, dass das Wohnsitzerfordernis zum Zeitpunkt der Erteilung nicht erfüllt war.
146
Dass im Führerschein ein inländischer Wohnsitz eingetragen ist, stellt zwischenzeitlich eine seltene Ausnahme dar, in der Regel ist dies nur (noch) bei älteren Führerscheinen festzustellen, die vor 2006 ausgestellt worden sind. Ist im ausländischen Führerschein (ausnahmsweise) ein Wohnsitz im Bundesgebiet eingetragen, findet der Betroffene mit dem Hinweis, dass das Wohnsitzerfordernis erst nach Ausstellung des Führerscheins im Ausstellungsstaat eingeführt worden ist, kein Gehör;[7] da das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland in diesen Fällen nie bestanden hat, ist auch das Rückwirkungsverbot nicht tangiert,[8] d.h. es liegt eine Strafbarkeit nach § 21 StVG vor, wenn ein Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr geführt wird.
Hinweis
Wird dem Betroffenen zu einem späteren Zeitpunkt durch den Ausstellungsstaat ein „neuer“ Führerschein ausgestellt, der einen ausländischen Wohnsitz enthält, ist (lediglich) von einem Umtausch auszugehen, wenn im „neuen“ Führerschein das Ausstellungsdatum des ersten Führerscheins genannt wird (vgl. oben Rn. 144), so dass in diesem Fall dem Betroffenen die Anerkennung seines Führerscheins gleichwohl verwehrt bleibt.[9]
Ebenso kann dem Führerschein die Anerkennung verwehrt werden, wenn der Betroffene eine ausländische Fahrerlaubnis erwirbt – z.B. Klasse D –, die die Fahrerlaubnis einer anderen Klasse – z.B. Klasse B – zwingend voraussetzt, wenn letztere unter Verletzung des Wohnortprinzips erworben worden war. Das die zweite Fahrerlaubnis „fehlerfrei“ erteilt worden ist, d.h. einen Wohnsitz im Ausstellungsstaat ausweist, steht dem nicht entgegen, da die erste Fahrerlaubnis notwendige Grundlage für die Erteilung der zweiten ist, d.h. diese mit dem Mangel infiziert[10]; folgerichtig ist auch dann von einem fortstreitenden Mangel auszugehen, wenn eine im Ausland zunächst fehlerhaft[11] erteilte bzw. gefälschte Fahrerlaubnis[12] in einem (anderen) Mitgliedstaat der Europäischen Union umgetauscht wird.
Ist der Erteilung der Fahrerlaubnis kein Entzug vorangegangen, handelt es sich also um einen Ersterwerb, soll der im Führerschein dokumentierte Verstoß gegen das Wohnortprinzip ebenfalls die Unwirksamkeit der Fahrerlaubnis im Inland bewirken.[13] Die Ansicht ist jedenfalls in Fällen zweifelhaft, in denen ein Missbrauch des Fahrerlaubnisrechts offensichtlich nicht gegeben ist (vgl. unten Rn. 149).
147
Enthält der Führerschein einen im Ausland liegenden Wohnsitz, kann diesem die Anerkennung gleichwohl verwehrt werden, wenn unbestreitbare Informationen des Ausstellungsstaates vorliegen, die die Annahme zulassen, dass ein Wohnsitz entgegen der Angaben im Führerschein zum Zeitpunkt der Erteilung nicht bestanden hat. Gefordert wird also zweierlei: Es müssen Informationen vorliegen, die vom Ausstellungsstaat herrühren, wobei diese noch im gerichtlichen Verfahren eingeholt werden können;[14] daneben müssen sie als „unbestreitbar“ einzustufen sein.
Anfänglichen Versuchen der deutschen