Verteidigung von Ausländern. Jens Schmidt
bestandskräftigen Versagung[49] erteilt, steht dies der Anerkennung dagegen nicht entgegen.
Hinweis
Ist den vorgenannten Grundsätzen folgend der Tatbestand des § 21 StVG erfüllt, gilt es schließlich zu beachten, dass die Flut von Entscheidungen des EuGH zu einer ständig wechselnden Rechtsprechung der Instanzgerichte geführt hat, weshalb deutsche Gerichte[58] in der Vergangenheit häufig einen „unvermeidbaren Verbotsirrtum“ angenommen haben; nach der inzwischen erfolgten Klarstellung durch den EuGH und dem damit korrespondierenden Veröffentlichungen in der Tagespresse dürfte dies allerdings nur noch in Ausnahmefällen in Betracht kommen.[59]
Ist eine entscheidungserhebliche Frage des Unionsrechts bislang nicht entschieden, gilt es zu beachten, dass dem Betroffenen der gesetzliche Richter entzogen wird, wenn es das Instanzgericht – unvertretbar – unterlässt eine Vorabentscheidung des EuGH herbeizuführen, so dass in diesen Fällen eine Verfassungsbeschwerde Aussicht auf Erfolg verspricht.[60]
Wird die Fahreignung durch Umstände nach Erteilung der Fahrerlaubnis in Zweifel gezogen, ist die Frage der Zuständigkeit für die Anordnung eines Gutachtens nach deutschem Recht zu entscheiden; da der Anerkennungsgrundsatz in diesem Fall nicht tangiert ist, liegt im Ergebnis keine europarechtlich zu beantwortende Fragestellung vor.[61]
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Wird die Fahrerlaubnis eines Drittstaates umgetauscht, gelten die vorgenannten Überlegungen im Ergebnis entsprechend. Zwar ist die Führerscheinrichtlinie in diesem Fall nicht direkt anwendbar; der deutsche Verordnungsgeber geht jedoch in der FeV von der Gleichbehandlung aus, so dass die oben genannte Rechtsprechung des EuGH entsprechend gilt.
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Die Wirksamkeit anderer Fahrerlaubnisse ist dagegen auch weiterhin auf die Dauer von sechs Monaten – in Ausnahmefällen 12 Monate (§ 29 Abs. 1 Satz 3, 4 FeV) – begrenzt.
Die Frist beginnt mit der Begründung des ordentlichen Wohnsitzes. Da insoweit u.a. auch auf die subjektiven Vorstellungen des Fahrzeugführers abzustellen ist, kann die Bestimmung dieses Zeitpunkts in der Praxis erhebliche Schwierigkeiten bereiten[62]. Unterhält der Fahrerlaubnisinhaber einen in- und ausländischen Wohnsitz, unterliegt er der 6-Monats-Frist;[63] vorübergehende Auslandsaufenthalte unterbrechen die laufende Frist nur dann, wenn die Ausreise von dem Willen getragen ist, den Inlandswohnsitz für längere Zeit – mind. 185 Tage – oder für immer aufzugeben;[64] bei Personen, die abwechselnd im In- und Ausland wohnen, ist gemäß § 7 Abs. 1, 2 Satz 2 FeV entscheidend, ob der Inlandswohnsitz mind. 185 Tage besteht.[65]
Hinweis
Beruft sich ein Kraftfahrzeugführer – im Fall der Fristwahrung (§ 29 Abs. 1 Satz 3, 4 FeV) – auf das Bestehen einer ausländischen Fahrerlaubnis, setzt seine Verurteilung die Überzeugung des Tatrichters voraus, dass er über die ausländische Fahrerlaubnis nicht verfügt; die Strafbarkeit lässt sich nicht allein darauf stützen, dass der Fahrer den Nachweis der ausländischen Erlaubnis weder bei der Fahrt noch später erbracht hat, da dies einer unzulässigen „Umkehr der Beweislast“ gleichkommt.[66]
Anmerkungen
Zur (wechselvollen) Literatur seit 2005 vgl. u.a. Ludovisy DAR 2005, 7 ff.; ders. DAR 2006, 532 ff.; ders. DAR 2006, 9 ff.; Hailbronner NJW 2007, 1089 ff.; Geiger DAR 2007, 540 ff.; Säftel NZV 2007, 493 ff.; Nissen/Schäpe DAR 2008, 563 ff.; Blum NZV 2008, 176 ff.; Dauer NJW 2008, 2381 ff.; Morgenstern NZV 2008, 425 ff.; Janker DAR 2009, 181 ff.; Pießkalla NZV 2009, 479 ff.; Mosbacher/Gräfe Die NJW 2009, 801 ff.; Geiger DAR 2009, 61 ff.; Leitmeier NZV 2010, 377 ff.; Geiger DAR 2010, 121 ff.; Pießkalla/Leitgeb NZV 2010, 329 ff.; Haase SVR 2012, 281 ff.; Rebler NZV 2012, 516 ff.; Geiger DAR 2012, 381 ff.; Keil DAR 2012, 376 ff.; Koehl DAR 2012, 446 ff.; Scheidler NZV 2012, 66 ff.; Koehl DAR 2013, 241 ff.; Zwerger DAR 2014, 636 ff.; Blum NZV 2014, 557 ff.; Platte/Hillmann DAR 2014, 7 ff.; Koehl NZV 2015, 7 ff.
EuGH Urt. v. 29.4.2004 – C 476/01, DAR 2004, 333 ff. „Fall Kapper“; EuGH Urt. v. 6.4.2006 – C 227/05, NJW 2006, 2173 ff. „Fall Halbritter“; EuGH Urt. v. 28.9.2006 – C 340/05, NJW 2007, 1863 ff. „Fall Kremer“; EuGH Urt. v. 26.6.2008 – C 329/06, C 343/06 „Fall Wiedemann u. Funk“. NJW 2008, 2403 ff.; EuGH Urt. v. 26.6.2008 – C 334/06, C 335/06, C 336/06, DAR 2008, 459 ff. „Fall Zerche u. Seuke u. Schubert“; EuGH Urt. v. 3.7.2008 – C 225/07, NJW 2009, 207 ff. „Fall Möginger“; EuGH Urt. v. 20.11.2008 – C 1/07, NJW 2008, 3767 ff. „Fall Weber“; EuGH Urt. v. 19.2.2009 – C 321/07, DAR 2009, 191 ff. „Fall Schwarz“; EuGH Urt. v. 9.7.2009 – C 445/08, DAR 2009, 637 ff. „Fall Wierer“; EuGH Urt. v. 19.5.2011 – C 184/10, NZV 2012, 49 f. „Fall Grasser“; EuGH Urt. v. 13.10.2011 – C 224/10, NJW 2012, 369 ff. „Fall Apelt“; EuGH Beschl. v. 22.11.2011 – C 590/10, NJW 2012, 2018 ff. „Fall Köppl“; EuGH Urt. v. 1.3.2012 – C 467/10, NJW 2012, 1341 ff. „Fall Akyüz“; EuGH Urt. v. 26.4.2012 – C 419/10, DAR 2012, 319 ff. „Fall Hofmann“; EuGH Urt. v. 23.4.2015 – C 260/13, DAR 2015, 316 ff. „Fall Aykul“; EuGH Urt. v. 21.5.2015 – C 339/14, DAR 2015, 382 f. „Fall Wittmann“.