Verteidigung von Ausländern. Jens Schmidt
die Sperrfrist durch eine Nachschulung – z.B. „Mainz 77“ – verkürzt werden, kann diese nach zutreffender Ansicht auch im Heimatland erfolgen, wenn diese der Qualität nach mit dem deutschen Standard vergleichbar ist.[9]
Anmerkungen
Hentschel Rn. 832 m.w.N.
BGH NZV 1996, 500, 502.
BGH NZV 1999, 47; a.A. Hentschel Rn. 828.
Vgl. Fischer StGB, § 69b Rn. 9 m.w.N.
Das EU-Übereinkommen über die Entziehung der Fahrerlaubnis (ABl. EG C 216/1 vom 10.7.1998), wonach ein in Staaten der Europäischen Union verhängtes Fahrverbot bzw. der Entzug der Fahrerlaubnis künftig auch im Heimatland des Kraftfahrers vollstreckt werden kann, ist bislang nicht in innerstaatliches Recht umgesetzt; wann dies der Fall sein wird, ist gegenwärtig nicht absehbar. Zur Kritik am Übereinkommen vgl. Berz Das EU-Übereinkommen über die Entziehung der Fahrerlaubnis, NZV 2000, 145 ff.; Neidhart NZV 2000, 240 ff.; Zelenka DAR 2001, 148 ff.; insbesondere werden die unterschiedlichen materiellen und formellen Voraussetzungen in den einzelnen EU-Staaten kritisiert, so dass z. B. ein Fahrverbot auch dann zu vollstrecken wäre, wenn es – nach deutschem Verständnis – gegen grundlegende Verteidigungsrechte – z.B. das Schweigerecht – verstößt.
BayObLG NJW 1979, 1788.
OLG Köln NStZ 2010, 520, 521.
Hentschel Rn. 835.
AG Eggenfelden DAR 2011, 421.
cc) Fahrverbot (§ 44 StGB)[1]
155
Die Anordnung des Fahrverbots unterliegt nach Aufhebung des früheren § 44 Abs. 2 StGB keinen Einschränkungen mehr.
156
Hinsichtlich der Vollstreckung werden die von einem Mitgliedstaat der EU oder EWR ausgestellten Fahrerlaubnisse den deutschen gleichgestellt (§ 44 Abs. 1 Satz 2 StGB), sofern der Verurteilte seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat; sie werden für die Dauer des Fahrverbots amtlich verwahrt. Bei anderen ausländischen Fahrerlaubnissen bleibt es bei der früheren Rechtslage, wonach das Fahrverbot im Führerschein zu vermerken ist (§ 44 Abs. 2 Satz 3 StGB); mit der Eintragung beginnt zugleich die Verbotsfrist (§ 44 Abs. 3 Satz 1 StGB).
Anmerkungen
Die Ausführungen gelten entsprechend für die Anordnung eines Fahrverbotes nach § 25 StVG.
dd) Exkurs: Beschlagnahme des Führerscheins
157
Dient die Sicherstellung des Führerscheins der Verhinderung weiterer Verkehrsstraftaten, dürfen ausländische Führerscheine ohne Einschränkung beschlagnahmt werden.
158
Daneben kann der Führerschein zwecks Eintragung entsprechender Vermerke beschlagnahmt werden (vgl. oben Rn. 154).
159
Nach Ansicht des LG München II[1] kann ein ausländischer Führerschein schließlich auch dann beschlagnahmt werden, wenn dieser im Inland keine Gültigkeit mehr besitzt und daher der Verdacht einer Straftat (§ 21 StVG) gegeben ist.
Anmerkungen
LG München II DAR 1997, 80; a.A. Hentschel Rn. 898.
ee) Exkurs: Vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a StPO)
160
Handelt es sich um eine EU/EWR-Fahrerlaubnis, wirkt die vorläufige Entziehung zugleich als Anordnung oder Bestätigung der Beschlagnahme (§ 111a Abs. 3 Satz 2 StPO), sofern der Beschuldigte über einen inländischen Wohnsitz verfügt.
161
In anderen Führerscheinen ist – unabhängig von deren Gültigkeit im Inland[1] – die vorläufige Entziehung zu vermerken (§ 111a Abs. 6 StPO). Die Eintragung wird als Vollstreckungsmaßnahme von der Staatsanwaltschaft veranlasst.[2] Bis zur Eintragung des Vermerks kann der Führerschein beschlagnahmt werden (§ 111a Abs. 6 Satz 2 StPO). Lässt die Beschaffenheit des Führerscheins die Eintragung nicht zu, ist der Vermerk gesondert zu fertigen und mit dem Führerschein zu verbinden (vgl. oben Rn. 153). Nur wenn auch dies nicht möglich ist, kann der ausländische Führerschein entsprechend § 111a Abs. 6 Satz 2 StPO für die Dauer der vorläufigen Maßnahme beschlagnahmt werden[3]. Konnte ein Vermerk eingetragen werden, tritt an die Stelle der Rückgabe des Führerscheins (§ 111a Abs. 5 StPO) die Streichung des Vermerks[4] (sog. „Säuferbalken“).
Anmerkungen
LG Aachen NZV 2002, 332/333 m. Anm. Schneider; a.A. AG Eschweiler NZV 2002, 332.
KK-StPO-Nack § 111a Rn. 21.
AG Homburg ZfS 1995, 352; vgl. auch LG Ravensburg DAR 1991, 272.
Hentschel Rn. 879.
d) Verletzung der Unterhaltspflicht (§ 170 StGB)
162
Da § 170 StGB nicht dem Schutz ausländischer Staatsfinanzen dient, findet die Vorschrift keine Anwendung, wenn ein im Inland lebender Ausländer seine gesetzliche Unterhaltspflicht gegenüber im Ausland lebenden, nichtdeutschen Unterhaltsberechtigten verletzt[1]; eine Strafbarkeit ist nur gegeben, wenn neben dem Ausländer auch der Unterhaltsberechtigte im Bundesgebiet wohnt.[2]
Anmerkungen