Unternehmenskauf bei der GmbH. Stephan Ulrich
Einkommensermittlung.
1.2 Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen
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Die Prüfung verdeckter Gewinnausschüttungen und verdeckter Einlagen ist einer der Schwerpunkte der Tax Due Diligence.[13] Ziel ist es, Transaktionen zwischen der Ziel-GmbH und ihren Gesellschaftern bzw. nahestehenden Personen sowie verbundenen Unternehmen dahingehend zu beurteilen, ob diese wie unter fremden Dritten abgewickelt worden sind.
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Eine Definition der verdeckten Gewinnausschüttung oder Einlage findet sich weder im KStG noch im EStG. Die beiden Begriffe werden jedoch in den KStR[14] auf der Grundlage der Rechtsprechung des BFH wie folgt konkretisiert:
Eine verdeckte Gewinnausschüttung liegt vor, wenn
– | eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung, |
– | die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, |
– | sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags gem. § 4 Abs. 1 S. 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG, also die Höhe des Einkommens, auswirkt, und |
– | in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht, d.h. nicht auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss beruht. |
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Die Voraussetzungen einer verdeckten Einlage liegen vor, wenn:
– | ein Gesellschafter oder eine ihm nahestehende Person, |
– | der GmbH außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Einlagen, |
– | einen Vermögensvorteil zuwendet und |
– | die Zuwendung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. |
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Die verdeckte Gewinnausschüttung führt dazu, dass das Einkommen der GmbH um den Betrag zu erhöhen ist, um den ihr Gewinn zuvor gemindert wurde. Beim begünstigten Gesellschafter stellen die verdeckten Gewinnausschüttungen Einkünfte aus Kapitalvermögen bzw. Betriebseinnahmen im Falle von Einkünften aus Gewerbebetrieb dar.
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Verdeckte Einlagen dürfen sich nicht auf das zu versteuernde Einkommen der GmbH auswirken;[15] das Einkommen ist also um den Betrag der verdeckten Einlage zu kürzen. Auf Gesellschafterebene führen verdeckte Einlagen zu einer Erhöhung der Anschaffungskosten der Anteile.
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Der Erwerber ist daran interessiert, steuerliche Konsequenzen aus verdeckten Gewinnausschüttungen und/oder verdeckten Einlagen zu vermeiden. Ziel der steuerlichen Due Diligence ist es hier, den Verkäufer mit den steuerlichen Konsequenzen zu belasten, die aus verdeckten Gewinnausschüttungen und Einlagen drohen.
1.2.1 Kaufverträge mit Gesellschaftern
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Bei Kaufverträgen zwischen der GmbH und ihren Gesellschaftern oder diesen nahestehenden Personen kann eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegen, wenn Wirtschaftsgüter zu einem nicht marktüblichen Preis an die GmbH veräußert werden bzw. von der GmbH an die Gesellschafter bzw. diesen nahestehenden Personen unter Marktpreis veräußert werden.[16]
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Die steuerliche Due Diligence konzentriert sich darauf, wesentliche Zu- oder Abgänge im Anlagevermögen zu analysieren, da sich hier zumeist die wertvollsten Wirtschaftsgüter, wie bspw. Immobilien, befinden. Die entsprechenden Kaufverträge sind einzusehen und inhaltlich zu würdigen. Auf Sachverständigen-Knowhow muss zurückgegriffen werden, wenn es um den Wert des Wirtschaftsgutes geht. Die Ermittlung eines Marktpreises im Rahmen des Fremdvergleichs[17] wird zumeist Diskussionsbedarf mit dem Verkäufer auslösen.
1.2.2 Miet- oder Pachtverträge mit Gesellschaftern
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Miet- oder Pachtverträge zwischen der GmbH und ihren Gesellschaftern werden aufgrund der Sphärentrennung grundsätzlich steuerlich anerkannt. Je nach Ausgestaltung dieser Verträge kann eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegen, wenn die Konditionen nicht marktüblich sind oder die Verträge bei beherrschender Beteiligung eines Gesellschafters gegen das Rückwirkungsverbot[18] verstoßen. Häufig werden bebaute Immobilien vom Gesellschafter zu einer nicht ortsüblichen Miete an die GmbH überlassen.
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In der steuerlichen Due Diligence müssen also Miet- und Pachtverträge gesichtet und die dort vereinbarten Konditionen mit ortsüblichen Vergleichsmieten abgeglichen werden. Bei wesentlichen Abweichungen können verdeckte Gewinnausschüttungen in Höhe der Differenz zwischen tatsächlicher und ortsüblicher Miete angenommen werden.
1.2.3 Darlehensverträge mit Gesellschaftern
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Darlehensverträge zwischen der GmbH und ihren Gesellschaftern stellen einen gängigen Fall der verdeckten Gewinnausschüttung dar, wenn ungewöhnliche Konditionen vereinbart worden sind. Als „ungewöhnlich“ kann man einen Darlehensvertrag ansehen, der keine Rückzahlung, keine Besicherung oder eine besonders lange Laufzeit vorsieht. Eine schädliche Vereinbarung ist auch dann gegeben, wenn trotz laufender Gewinne und vorhandener Rücklagen keine Gewinne an den Gesellschafter ausgeschüttet werden; ihm aber stattdessen ein Darlehen gewährt worden ist. Eine von vornherein uneinbringliche Darlehensforderung gegen den Gesellschafter ist ebenfalls in eine verdeckte Gewinnausschüttung umzuqualifizieren.[19]
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Neben den genannten Kriterien ist auf einen angemessenen, d.h. fremdüblichen Zinssatz zu achten. Weder im Gesetz, noch in den KStR finden sich konkrete Festlegungen zur Angemessenheitsgrenze. Daher sind die besonderen Umstände zu würdigen. Ist z.B. die Risikoposition des Darlehensgebers objektiv höher als üblich, kann ein höherer Darlehenszins vertretbar sein.
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Die Tax Due Diligence stellt einen Überblick über bestehende Darlehensverhältnisse zwischen der GmbH und ihren Gesellschaftern und diesen nahestehenden Personen dar, wobei der Kreis der nahestehenden Personen zumeist wenig transparent ist. Die Vollständigkeit dieses Personenkreises ist unbedingt sicherzustellen. Ein weiteres Problem stellt auch hier die Beurteilung der Marktüblichkeit des Zinssatzes dar, insbesondere dann, wenn Darlehen von der GmbH an den Gesellschafter gegeben werden.
1.2.4 Dienstverträge mit Gesellschaftern
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Für den Geschäftsführer einer GmbH liegt üblicherweise ein Anstellungsvertrag vor. In der Praxis finden sich auch Beratungsverträge zwischen einem Gesellschafter oder einer ihm nahestehenden Person und der GmbH.
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Steuerlich werden solche Verträge anerkannt, wenn sie zivilrechtlich wirksam sind, tatsächlich durchgeführt werden und die vereinbarten Bezüge angemessen sind. Selbst mündlich getroffene Vereinbarungen über monatlich wiederkehrende Leistungen können aufgrund ihrer tatsächlichen Durchführung steuerlich anzuerkennen sein.[20]
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