Sachenrecht nach Anspruchsgrundlagen. Kurt Schellhammer

Sachenrecht nach Anspruchsgrundlagen - Kurt Schellhammer


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nach §§ 929, 932, 1006 für die bewegliche Sache, ist das Grundbuch nach §§ 873, 891, 892 für das Grundstück. Beide machen das Eigentum publik, bestimmen die Übertragungsart, ermöglichen den Erwerb vom Nichtberechtigten und regeln die Beweislast.

      Jede rechtsgeschäftliche Verfügung über ein Grundstück bedarf nach § 873 der Eintragung im Grundbuch. In das Grundbuch aber kommt man nur über ein besonderes Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, das in der Grundbuchordnung geregelt ist. Materielles Grundstücksrecht und Grundbuchverfahrensrecht aber gehören zusammen, auch in einem Sachenrechtslehrbuch (RN 913 ff. und 1045 ff.).

      Die gesetzliche Trennung der beiden Blöcke springt nicht immer ins Auge, man muss schon genau hinschauen. Während die §§ 873-902 so etwas wie einen allgemeinen Teil des Grundstücksrechts bilden (RN 913 ff.), gelten die §§ 985-1007 über die dinglichen Ansprüche aus dem Eigentum für alle Sachen. Die §§ 1030-1067 wiederum regeln inmitten des Grundstücksrechts den Nießbrauch einheitlich für alle Sachen, während sich das Pfandrecht an beweglichen Sachen (§§ 1204 ff.) weitab von den Grundpfandrechten (§§ 1113 ff.) findet.

3. Die Struktur des Sachenrechts

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      Das Schuldrecht regelt, wem von Rechts wegen etwas zukomme, und drückt dies durch Forderungsrechte und Leistungspflichten aus, die ein Schuldverhältnis begründen zwischen einem Gläubiger und einem Schuldner (§ 241). Gegenstand des Schuldverhältnisses kann nicht nur eine Sache sein, jeder andere Gegenstand tut es auch.

      Das Sachenrecht hingegen regelt die rechtliche Zuordnung der Sachgüter und antwortet auf die Fragen, wem eine Sache gehöre, wie er sie erworben habe und wie er sie auf einen anderen übertragen oder für einen anderen belasten könne. Das Sachenrecht beschränkt sich ganz auf Sachen, das aber sind nach § 90 nur die körperlichen Gegenstände (RN 1402 ff.).

      Das BGB ist freilich nicht ganz konsequent, wenn es unter dem Dach des Sachenrechts auch den Nießbrauch und das Pfandrecht an Rechten regelt (§§ 1068 ff., 1273 ff.).

      Sicherlich sind Nießbrauch und Pfandrecht an einem Grundpfandrecht auch ihrerseits Sachenrechte; Nießbrauch und Pfandrecht an einer Forderung aber sind es nicht, sondern lediglich Teilbefugnisse des belasteten Forderungsrechts.

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      Während das Schuldrecht weithin nachgiebiges Recht ist, das nur gilt, wenn nichts anderes vereinbart ist, präsentiert sich das Sachenrecht als unnachgiebig strenges Recht, das der vertraglichen Gestaltungsfreiheit so gut wie keinen Spielraum lässt nach dem Motto: „Vogel friss oder stirb“. Man muss nehmen, was das Gesetz anbietet, und das gesetzliche Angebot ist beschränkt. Es gibt nur ein einziges Eigentum und nur eine begrenzte Zahl beschränkter dinglicher Rechte, gewissermaßen Spaltprodukte des einzigen Eigentums. Es herrscht der numerus clausus der Sachenrechte (RN 1445).

      Damit nicht genug, schreibt das Gesetz auch noch den Inhalt der Sachenrechte vor sowie die Art und Weise ihres Erwerbs und ihres Verlustes, ihrer Übertragung und Belastung. Im Sachenrecht herrscht Typenzwang (RN 1445).

      Strenger als das Schuldrecht erlaubt das Sachenrecht Eigentum und andere dingliche Rechte nur an einzelnen Sachen, nicht an Sachmehrheiten oder Sachinbegriffen, und die einzelne Sache muss genau bestimmt sein, bloße Bestimmbarkeit genügt nicht. Es ist dies der Grundsatz der Spezialität (RN 1442).

      Schließlich existieren das Eigentum und die anderen dinglichen Rechte nicht nur auf einem Stück Papier oder in den Köpfen Eingeweihter, sondern liegen offen zu Tage, denn Besitz und Grundbuch machen sie publik. Der Besitz ist für bewegliche Sachen, das Grundbuch für Grundstücke zuständig. Dies hat Folgen für Übertragung (§§ 873, 925, 929) und Beweislast (§§ 891, 1006) und ermöglicht den Erwerb vom Nichtberechtigten (§§ 892, 932).

3. Kapitel Das subjektive Sachenrecht 1. Das dingliche Herrschaftsrecht und seine Schranken

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      Aus dem objektiven Sachenrecht des Gesetzes, das für alle gilt, entsteht das subjektive Sachenrecht oder dingliche Recht einer bestimmten Person an einer bestimmten Sache: das Eigentum, die Grundschuld oder das Pfandrecht. Anders als die schuldrechtliche Forderung, die der künftigen Erfüllung harrt, verleiht das dingliche Recht eine unmittelbare rechtliche Herrschaft über die Sache.

      Gesetzliches Leitbild ist das Eigentum. Nach § 903 S. 1 darf der Eigentümer mit seiner Sache machen, was er will und Dritte von jeder Einwirkung ausschließen, er darf die Sache gebrauchen und verbrauchen, veräußern und belasten. Fremder Übergriffe erwehrt er sich mit den starken dinglichen Herausgabe- und Abwehransprüchen aus §§ 985, 1004.

      Die anderen dinglichen Rechte vom Erbbaurecht über den Nießbrauch bis zur Grundschuld sind aus dem gleichen Holz geschnitzt, sind sie doch nichts anderes als Teilbefugnisse auf Nutzung oder Verwertung der Sache, die das Gesetz vom Eigentum abspaltet und rechtlich verselbstständigt.

      Art. 14 I 1 GG garantiert das Eigentum einschließlich der beschränkten dinglichen Rechte nicht nur als Rechtsinstitut, sondern auch als individuelles Grund- und Freiheitsrecht des Einzelnen gegen staatliche Willkür (RN 93).

      Art. 14 I GG und § 903 S. 1 stellen das Eigentum unter den Vorbehalt des Gesetzes, das den Inhalt des Eigentums festlegt und die Grenzen zieht, den Kern aber nicht antasten darf, es sei denn unter den strengen Voraussetzungen einer Enteignung nach Art. 14 III GG (RN 98 ff.).

      Zivilrechtlich wird das Eigentum durch andere Rechte eingeschränkt, die es dinglich belasten. Dem Grundeigentum setzt außerdem das gesetzliche Nachbarrecht der §§ 906 ff. Grenzen (RN 291 ff.).

      Zahlreich und tiefgreifend sind die Schranken, die das öffentliche Recht zum allgemeinen Wohl vor und auf dem Grundstück errichtet durch das öffentliche Bau- und Verkehrsrecht, das Landwirtschafts- und Naturschutzrecht und manch andere Gesetze (RN 96, 97).

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      Das Zivilrecht kennt absolute und relative Rechte. Eigentum und beschränkte dingliche Rechte sind absolut, weil sie kraft ihrer Publizität durch Besitz oder Grundbuch von jedermann zu respektieren sind und deshalb umfassenden Rechtsschutz genießen.

      Das Eigentum


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