Sachenrecht nach Anspruchsgrundlagen. Kurt Schellhammer

Sachenrecht nach Anspruchsgrundlagen - Kurt Schellhammer


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einen dinglichen Vollstreckungstitel, der auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das belastete Grundstück wegen einer bestimmten Geldforderung lautet. Es kann dies ein Leistungsurteil sein, ist aber meist eine vollstreckbare notarielle Urkunde nach § 794 I Nr. 5 ZPO.

      Das BGB bietet, historisch bedingt, drei Grundpfandrechte an: die Hypothek (§§ 1113 bis 1190), die Grundschuld (§§ 1191-1198) und die Rentenschuld (§§ 1199-1203), die im Rechtsleben keine große Rolle spielt.

      Hypothek und Grundschuld unterscheiden sich darin, dass die Hypothek rechtlich von einer Geldforderung abhängt (§§ 1113, 1153), die Grundschuld dagegen nicht (§ 1192 I). Das Stichwort heißt Akzessorietät: Ohne Forderung keine Hypothek.

      Zwar sichert auch die Grundschuld in aller Regel eine Geldforderung, Grundschuld und Forderung sind aber nicht sachenrechtlich miteinander verbunden (§ 1192 I), sondern nur schuldrechtlich durch den Sicherungsvertrag (RN 601 ff.). Fehlt die zu sichernde Forderung oder erlischt sie, verwandelt sich die Grundschuld anders als die Hypothek nicht in eine Eigentümergrundschuld, sondern ist zurückzugeben; Anspruchsgrundlage ist der Sicherungsvertrag (RN 669 ff.). Die Grundschuld hat deshalb der Hypothek in der Praxis der Kreditsicherheiten längst den Rang abgelaufen.

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      Der Nießbrauch an beweglichen Sachen (§§ 1030-1067) hat Seltenheitswert (RN 1331). Dem Pfandrecht an beweglichen Sachen (§§ 1204-1258) geht es kaum besser (RN 1332 ff.).

      Als schwerfälliges Faustpfand (§ 1205) steht es im rechtsgeschäftlichen Verkehr auf verlorenem Posten und wird fast ganz von der Sicherungsübereignung nach § 930 verdrängt (RN 1263 ff.).

      Rechtliches Interesse verdienen nach wie vor das gesetzliche Vermieter- und Verpächterpfandrecht (§§ 562, 581 II), das gesetzliche Unternehmerpfandrecht (§ 647) und das Pfändungspfandrecht (§ 804 ZPO).

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      Beschränkte dingliche Rechte werden zulasten einer fremden Sache bestellt; das ist der gesetzliche Normalfall.

      Nach § 1196 kann sich freilich der Eigentümer selbst eine Grundschuld an seinem eigenen Grundstück bestellen, um sie bei Bedarf als Sicherheit für einen Kredit abzutreten (RN 788 ff.). Nach dem Vorbild der Eigentümergrundschuld erlaubt die Rechtsprechung bei Bedarf auch Eigentümererbbaurechte (RN 491) und Eigentümerdienstbarkeiten (RN 527).

      Kraft Gesetzes entsteht eine Eigentümerhypothek oder -grundschuld aus einer forderungslosen Hypothek (§§ 1163, 1177), durch Ablösung eines Grundpfandrechts (§ 1143) oder durch Verzicht auf ein Grundpfandrecht (§ 1168).

1. Buch Besitz und Eigentum

1. Teil Der Besitz 1. Kapitel Begriff und Funktion des Besitzes

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      § 854 I definiert den Besitz als „tatsächliche Gewalt“ über eine Sache[1]. Besitzen kann man nur Sachen, also „körperliche Gegenstände“ (§ 90), weder Rechte noch ganze Vermögen.

      Die tatsächliche Sachherrschaft des Besitzers unterscheidet sich fundamental von der rechtlichen Sachherrschaft des Eigentümers, der nach § 903 S. 1 mit seiner Sache machen darf, was er will. Auch wenn der Volksmund den Besitz noch immer mit dem Eigentum gleichsetzt und den Eigentümer meint, wenn er vom Grundstücks- oder Haus- oder Autobesitzer spricht, trennt das geltende Recht scharf zwischen Besitz und Eigentum. Denn der Besitz hat andere Voraussetzungen und andere Rechtsfolgen als das Eigentum. Das 3. Buch „Sachenrecht“ des BGB regelt deshalb im 1. Abschnitt mit den §§ 854-872 vorweg den „Besitz“ und erst im 3. Abschnitt mit den §§ 903-1011 das „Eigentum“. Diese Trennung ist schon deshalb richtig, weil nicht jeder Besitzer zugleich Eigentümer und nicht jeder Eigentümer zugleich Besitzer ist. Besitzer sind der Mieter, der Finder und der Stehler, Eigentümer hingegen ist keiner der drei. Mieter und Finder haben immerhin ein Recht zum Besitz, der Dieb hat nichts dergleichen, sondern nur die nackte tatsächliche Sachherrschaft, die aber lässt sich nicht bestreiten.

      Schon stellt sich die Frage, ob denn der Besitz ein Recht sei. Die Antwort sollte nicht schwer fallen. Die tatsächliche Sachherrschaft bar jeder Berechtigung, wie der Dieb sie an sich reißt, ist das Gegenteil eines Rechts, ist grobes Unrecht, erst das Recht zum Besitz aus Eigentum, Pfandrecht oder Miete macht aus der tatsächlichen Sachherrschaft auch eine rechtliche.

      Der Jurist muss deshalb nicht nur Besitz und Eigentum, sondern auch berechtigten und unberechtigten Besitz auseinander halten.

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      Es ist kein Zufall, dass die Umgangssprache Besitz und Eigentum noch immer in einen Topf wirft. Auch wenn es sich um zwei selbstständige Rechtsinstitute mit unterschiedlichen Voraussetzungen und Wirkungen handelt, hängen sie doch eng zusammen. Die Gleichsetzung des Besitzes mit dem Eigentum trifft im System des BGB, wenn auch nur für bewegliche Sachen, voll ins Schwarze. Dass der Besitzer einer beweglichen Sache auch der Eigentümer sei, ist nach §§ 1006, 929, 932 die gesetzliche Regel. Nach diesen Vorschriften verkörpert und verkündet die sichtbare tatsächliche Sachherrschaft das unsichtbare Eigentumsrecht. § 1006 I 1 schließt vom Besitz auf Eigentum; wer etwas anderes behauptet, muss es im Streitfall beweisen. Eine bewegliche Sache übereignet man nach § 929 S. 1 nicht lediglich durch dinglichen Vertrag, sondern durch Einigung und Übergabe; Übergabe aber bedeutet Besitzübertragung. Folgerichtig bildet der Besitz nach § 932 I die sichtbare Vertrauensgrundlage für den gutgläubigen Erwerb vom Nichtberechtigten.

      Im Liegenschaftsrecht ist es nur deshalb anders, weil das Grundbuch, stärker noch als der Besitz, dessen Rolle für Eigentumsvermutung (§ 891), Übereignung (§ 873) und gutgläubigen Erwerb (§ 892) übernimmt.

      Nach einem Überblick über die verwirrende Vielfalt der Besitzarten im 2. Kapitel beschreiben das 3. und 4. Kapitel den unmittelbaren Besitz und seinen Schutz; das ist der Schwerpunkt des Besitzrechts. Die folgenden Kapitel handeln von den besonderen Besitzarten: vom mittelbaren Besitz, Teilbesitz, Mitbesitz und Eigenbesitz sowie vom Herausgabeanspruch aus dem besseren Recht zum Besitz.

2. Kapitel Die bunte Vielfalt der gesetzlichen Besitzarten

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      Das BGB beleuchtet den Besitz von allen Seiten und unterscheidet nicht weniger als sechs Besitzpaare:

- nach dem Grad der
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