Sachenrecht nach Anspruchsgrundlagen. Kurt Schellhammer

Sachenrecht nach Anspruchsgrundlagen - Kurt Schellhammer


Скачать книгу
darf der Eigentümer mit seiner Sache nicht nur machen, was er will, sondern auch Dritte von jeglicher Einwirkung ausschließen. Starke dingliche Ansprüche helfen ihm, Eingriffe Dritter abzuwehren. Wird ihm der Besitz entzogen, klagt er nach § 985 auf Herausgabe (RN 117 ff.). Andere Störungen wehrt er mit dem Anspruch aus § 1004 I 1 auf Beseitigung der Störquelle ab (RN 213 ff.), drohende künftige Störungen erstickt er im Keime mit dem Anspruch aus § 1004 I 2 auf Unterlassung (RN 253 ff.). Der schuldrechtliche Schadensersatzanspruch aus § 823 I vervollständigt den Rundumschutz.

      Die dinglichen Ansprüche selbst sind freilich nicht absolut, sondern wie jeder Anspruch relativ, weil sie sich nur gegen einen bestimmten Verletzer oder Störer richten. Sie sind aber auch keine selbstständigen Rechte, sondern mit dem Eigentum untrennbar verbunden, gewissermaßen der dingliche Schutzschild, ohne den das Eigentum jedem Zugriff Dritter wehrlos ausgeliefert wäre.

      Die beschränkten dinglichen Rechte sind, je nach ihrem Inhalt, auf die gleiche Art und Weise geschützt (§§ 1027, 1065, 1134, 1227). Der dingliche Rechtsschutz wird ergänzt und verstärkt durch den schuldrechtlichen Schadensersatzanspruch aus § 823 I wegen schuldhafter Verletzung eines „sonstigen“ Rechts.

      Im Vergleich zum Eigentum ist das Forderungsrecht des Gläubigers nur ein schwaches relatives Recht: Es richtet sich nur gegen den Schuldner und kann auch nur vom Schuldner erfüllt und verletzt werden. Dritte geht es nichts an, Dritte müssen es nicht respektieren und können es nicht verletzen. Folgerichtig ist die Forderung auch kein „sonstiges Recht“ nach § 823 I. Und warum ist das so? Weil die Forderung nicht durch Besitz, Grundbuch oder ein anderes Publikationsmittel offen zu Tage liegt, sondern nur in den Köpfen oder Schubladen von Gläubiger und Schuldner lebt. Deshalb gibt es außerhalb des Wertpapierrechts auch keinen Forderungserwerb vom Nichtberechtigten.

3. Das Eigentum und die beschränkten dinglichen Rechte

      Das Eigentum ist das dingliche Vollrecht und das umfassendste Herrschaftsrecht an einer Sache, das die Rechtsordnung kennt.

      Von ihm lassen sich durch dingliche Belastung mancherlei Teilrechte abspalten und rechtlich verselbstständigen. Daraus entstehen die beschränkten dinglichen Rechte, die entweder zur Nutzung oder zum Erwerb oder zur Verwertung der belasteten Sache berechtigen und in diesem Umfang den Eigentümer verdrängen und ausschließen. Ihre Zahl ist gesetzlich beschränkt, ihr Inhalt gesetzlich geregelt (RN 1445), denn der Rechtsverkehr verlangt eine überschaubare Zahl klarer Rechtsformen, auf die er sich verlassen kann.

      Gesetzlich zugelassen als Grundstücksbelastungen sind das Erbbaurecht, dreierlei Dienstbarkeiten, das Vorkaufsrecht, die Reallast und dreierlei Grundpfandrechte. Bewegliche Sachen kann man nur mit Nießbrauch und Pfandrecht belasten.

       [Bild vergrößern]

      Wohnungs- und Teileigentum nach dem WEG sind keine Grundstücksbelastungen, sondern vollwertiges Eigentum in Gestalt von Bruchteilseigentum an einem bebauten Grundstück, verbunden mit Sondereigentum an bestimmten Räumen (RN 360).

      15

      Das Erbbaurecht (RN 469 ff.) berechtigt dazu, auf fremdem Grundstück ein Gebäude zu errichten und/oder zu haben (§ 1 I ErbbauRG). Insoweit ist es eine Grundstücksbelastung wie Grunddienstbarkeit oder Grundschuld. Zugleich ist es aber ein grundstücksgleiches Recht, weil es wie ein Grundstück veräußert und belastet werden kann (§ 11 ErbbauRG) und deshalb sein eigenes Erbbaugrundbuch bekommt (§ 14 ErbbauRG).

      16

      Die Dienstbarkeiten (§§ 1018-1093) spalten die Sachnutzung vollständig oder teilweise vom Eigentum ab. Es gibt deren drei: den Nießbrauch, die Grunddienstbarkeit und die beschränkte persönliche Dienstbarkeit.

      Während der Nießbrauch auch an beweglichen Sachen und an Rechten bestellt werden kann, sind die anderen beiden Dienstbarkeiten reine Grundstückslasten. Das ist aber nicht der einzige Unterschied. Der Nießbrauch berechtigt zur vollständigen Sachnutzung und ist deshalb weder übertragbar noch vererblich (RN 500 ff.). Die anderen beiden Dienstbarkeiten berechtigen nur zu einzelnen Nutzungen des belasteten Grundstücks, etwa zum Gehen und Fahren, zum Verlegen und Halten einer Leitung, zum Halten einer Tankstelle oder zu Immissionen, oder sie verbieten dergleichen Nutzungen auf dem belasteten Grundstück.

      Die Grunddienstbarkeit (RN 510 ff.) steht nicht einer bestimmten Person, sondern dem jeweiligen Eigentümer eines anderen Grundstücks zu (§ 1018), zählt deshalb zu den subjektiv-dinglichen Rechten und ist ein Bestandteil des herrschenden Grundstücks (§ 96).

      Die beschränkte persönliche Dienstbarkeit (RN 532 ff.) hingegen, die auch als Wohnungsrecht vorkommt (RN 537), gehört einer bestimmten Person (§ 1090) und ist weder übertragbar noch vererblich (§ 1092). Demgegenüber sind das dingliche Dauerwohnrecht und Dauernutzungsrecht des § 31 WEG frei übertragbar und vererblich (RN 418).

      17

      Das dingliche Vorkaufsrecht (RN 539 ff.) berechtigt im Vorkaufsfall zum käuflichen Erwerb des belasteten Grundstücks (§§ 1094 ff.), ganz wie das schuldrechtliche Vorkaufsrecht, hat aber den großen Vorteil, dass es im Grundbuch steht und den (künftigen) Anspruch auf Übereignung wie eine Vormerkung dinglich sichert (§ 1098 II).

      18

      Die Reallast (RN 550 ff.) belastet das Grundstück mit widerkehrenden Leistungen und sichert vorwiegend Leibgedinge aus Übergabe- und Altenteilsverträgen (§§ 1105 ff). Zwar haftet der Eigentümer des belasteten Grundstücks auch persönlich (§ 1108), dinglich aber ist die Reallast ein Verwertungsrecht (§ 1107) und steht den Grundpfandrechten näher als den Nutzungsrechten.

      19

      Die Grundpfandrechte (RN 559 ff.) berechtigten dazu, das belastete Grundstück wegen einer Geldforderung zu verwerten (§§ 1113, 1191), freilich nicht freihändig, sondern nur durch Zwangsvollstreckung


Скачать книгу