Tierschutzrecht. Hansjoachim Hackbarth
Zu beachten ist, dass beim Abrichten oder Prüfen „auf Schärfe“ ein Zugriff auf das Tier erfolgen muss. Der konkrete Einsatz des Tierfanges und eine Verletzung des anderen Tieres ist notwendig. Wenn der vom Abrichter/Prüfer geforderte Zugriff nicht erfolgt, kommt jedoch ein Verstoß gegen das Verbot nach § 3 Nr. 8 TierSchG in Betracht. Ebenso ist dieses Verbot nicht erfüllt, wenn ein Tier ein anderes Tier aufspürt und apportiert, ohne es zu verletzen. Wenn der unmittelbare körperliche Kontakt zwischen dem abgerichteten/geprüften Tier und dem anderen Tier auf Grund technischer Vorrichtungen ausgeschlossen ist, z. B. in sogenannten Schliefanlagen, muss das Vorliegen eines Verstoßes gegen diese Vorschrift verneint werden.
Dass das andere Tier durch diese Handlungen extremen Angst- und Stresssituationen ausgesetzt ist, wurde vom Gesetzgeber gebilligt und mit dem Grundsatz des ethischen Tierschutzes für vereinbar erklärt.
Im Gegensatz zu § 3 Nr. 8 TierSchG enthält diese Regelung keine Einschränkung der Anwendbarkeit im Rahmen weidgerechter Jagdausübung.
Verboten ist z. B. das Abrichten von Hunden auf das Ergreifen und Töten von Katzen.
Nicht verboten ist das Nahrungsaufnahmetraining bei der Auswilderung von Greifvögeln. Hier wird die „Schärfe“ nicht zu Gunsten des Menschen eingesetzt. Auch Schliefübungen mit lebenden Füchsen s. o. sind nach dieser Norm nicht verboten. Die Ausbildung von Jagdhunden an lebenden, aber flugunfähigen Enten ist nicht verboten, solange der auszubildende Hund keinen Zugriff auf die Ente ausführt. Um diese Enten trotzdem zu schützen, kommt die Anwendung von § 3 Nr. 1 und 8 TierSchG in Betracht.
9.Hetzen eines Tieres (§ 3 Nr. 8 TierSchG)
Auch mit dieser Regelung wird das andere, also das gehetzte, Tier geschützt. Hinsichtlich der Tierart unterliegt der Anwendungsbereich der Vorschrift keinen Beschränkungen.
Hetzen ist das Auffordern zur Verfolgung oder zum aktiven Zugriff auf ein anderes Tieres. Es wird kein „Erfolg“ des Hetzens vorausgesetzt, das heißt, Ziel des Hetzens muss nicht das Beißen oder Töten des anderen Tieres sein. Vielmehr ist auch das Aufspüren eines Tieres, die Spurenaufnahme oder das Treiben auf einer freien Fläche in eine bestimmte Richtung davon umfasst.
Der Eintritt einer Gefahr, also die Berührung der Tiere oder das Eintreten einer Verletzung ist nicht erforderlich. Hier wird das Tier auch davor geschützt, dass das Hetzen mit extremen psychischen Belastungen einhergeht.
Das Verbot gilt jedoch nur dann, wenn das Hetzen nicht den Grundsätzen weidgerechter Jagdausübung entspricht. Maßgebend sind die Bestimmungen des Bundesjagdgesetzes und des jeweiligen Landesrechts.
Nach § 1 Abs. 4 BJagdG gehört das Aufsuchen, Nachstellen und Fangen von Wild zur weidgerechten Jagdausübung. Zu diesen Zwecken dürfen ausgebildete und erfolgreich geprüfte Jagdhunde zur Unterstützung des Jägers eingesetzt werden. Zulässig ist nach § 15 Abs. 1 Satz 3 BJagdG die Beizjagd, bei der abgerichtete Greifvögel Federwild und kleines Haarwild jagen.
Allerdings ist ein Hetzen von Tieren, die nicht einer Tierart nach § 2 Abs. 1 BJagdG angehören, immer verboten. Außerdem ist § 3 Nr. 8 TierSchG erfüllt, wenn die für das jeweilige Tier geltenden Jagdzeiten nicht eingehalten werden. Gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 13 BJagdG ist auch die Hetzjagd auf Wild grundsätzlich verboten. Nicht erlaubt ist demnach die Jagdausübung in der Form, dass das gejagte Tier von dem hetzenden Tier festgehalten wird, bevor es durch den Jäger getötet wird.
Problematisch ist die Ausbildung von Jagdhunden. Fraglich ist, ob in diesem Zusammenhang das Hetzen flugunfähiger Enten noch unter eine weidgerechte Jagdausübung fällt. Der ausgebildete und erfolgreich geprüfte Jagdhund wird die bereits getötete Ente aufspüren und apportieren, so dass eine Verwirklichung des Verbotes nicht in Betracht kommt. Da der Einsatz eines Jagdhundes bei der Jagdausübung allgemein anerkannt als notwendig und hilfreich erachtet wird, muss man im Gegenzug auch gewährleisten, dass der Hund diesen Ausbildungsstand erreichen kann. Erstrebenswert ist allerdings eine Reformierung der Jagdausbildungsmethoden. Die Rechtsprechung ist uneinheitlich; während der VGH Hessen von einer Unzulässigkeit dieser Ausbildungsmethode ausgeht (VGH Hessen vom 6.11.1996 II TG 4486/96), entschied das OVG Nordrhein-Westfalen, dass eine Zulässigkeit gegeben ist (OVG Nordrhein-Westfalen vom 30.7.1998 20 A 592/96).
Darüber hinaus sind in den einzelnen Bundesländern mit den Landesjägerschaften unterschiedliche Vereinbarungen hinsichtlich dieser Problematik getroffen. Beispielhaft ist hier die Vereinbarung des Landes Niedersachsen mit der Landesjägerschaft Niedersachsen bezüglich der Ausbildung von Jagdhunden und der Durchführung der Brauchbarkeitsprüfung zu nennen.
Ein weiteres Problem in diesem Bereich stellen die sogenannten „Schliefanlagen“ dar. Schliefanlagen sind künstlich nachgestellte Fuchsbauten. Der Fuchskessel ist durch eine Glasscheibe abgetrennt. Von dem Fuchskessel ist ein abgetrenntes Gehege des Fuchses erreichbar. Der Fuchs sollte aus dem Kessel jederzeit in das Gehege zurückweichen können. Ein Kontakt zwischen Hund und Fuchs ist auf Grund der Abtrennung nicht möglich. Aus diesem Grund fallen Schliefanlagen nicht unter das Verbot nach § 3 Nr. 8 TierSchG. Auf Grund der Möglichkeit des Entweichens in das Gehege werden auch keine extremen psychischen Angstzustände bei dem betroffenen Fuchs angenommen. Ein ähnliches Problem stellen die sogenannten Schwarzwildgatter dar, in denen Hunde lernen sollen Schwarzwild zu stellen, ohne das Wildschwein anzugreifen und sich dadurch selbst in Gefahr zu bringen. Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass es weder beim Hund noch dem zu stellenden Wildschwein zu Schmerzen, Leiden oder Schäden kommt. Allerdings war auch der Lernerfolg äußerst gering.
10.Ausbildung und Abrichtung zu aggressivem Verhalten (§ 3 Ziffer 8a TierSchG)
Diese Ergänzung wurde erst 1998 eingeführt und ist insbesondere im Hinblick auf die Problematik mit gefährlichen Hunden relevant. Einige Städte versuchen diesem Problem mit erhöhten Steuern für bestimmte Hunderassen entgegenzutreten.
Es ist jedoch mittlerweile wissenschaftlich nachgewiesen, dass die Gefährlichkeit eines Hundes nicht an seiner Rasse festzumachen ist. Sinnvoller ist es, gefährlichen Hunden und vor allem deren Halter Auflagen zu machen, die eine Gefährdung anderer Menschen und Tiere verhindern. Beispielhaft ist hier das Hundegesetz des Landes Niedersachsen zu nennen, welches einen Sachkundenachweis vom Besitzer unabhängig von der Rasse fordert, eine Kennzeichnungspflicht für jeden Hund (Chip), sowie eine Haftpflichtversicherung. Für gefährliche Hunde gilt ein Erlaubnisvorbehalt und ist darüberhinaus ein genereller Leinen- und Maulkorbzwang vorgeschrieben. Gefährliche Hunde sind Hunde, die sich als bissig erwiesen haben, die wiederholt in aggressiver und damit in gefährdender Weise Menschen angesprungen haben oder Hunde, die wiederholt bewiesen haben, dass sie unkontrolliert Wild, Vieh, Katzen oder Hunde hetzen oder reißen. Die Gefährlichkeit eines Hundes wird durch die zuständige Behörde unter Hinzuziehung eines sogenannten Wesenstest (niedersächsischer Wesenstest) festgestellt, der ausschließlich von speziell qualifizierten Tierärzten/innen abgenommen werden darf. In diesem Gesetz wird somit sichergestellt, dass auch der Besitzer eines bissigen Dackels genauso zur Verantwortung gezogen wird wie der Besitzer eines bissigen Schäferhundes.
Die Ausbildung ist die Ausnutzung der Lernfähigkeit des Tieres zur Erreichung eines bestimmten Leistungszieles. Das Abrichten eines Tieres umfasst eine Ausbildung unter Anwendung von Zwang.
Nach den Anforderungen des § 3 Nr. 8a TierSchG muss Ziel der Ausbildung oder Abrichtung das Hervorrufen und Fördern aggressiver Verhaltensweisen sein. Aggressives Verhalten ist charakterisiert durch Eigenschaften wie Bissigkeit, Angriffs- und Kampfbereitschaft, Streitsüchtigkeit und Rücksichtslosigkeit.
Durch das hohe Aggressionspotential des Tieres müssen dem Tier selbst Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden, z. B. wenn ein derart aggressiver Hund nur noch unter hohen Schutzmaßnahmen gehalten werden kann (z. B. kontinuierliche Zwingerhaltung oder Anbindehaltung). Weiterhin kann auf Grund der gesteigerten Aggression der Kontakt mit Artgenossen nur unter Schmerzen, vermeidbaren Leiden oder Schäden bei dem aggressiven Tier selbst oder aber bei dem Artgenossen möglich sein. Beispielhaft dafür ist die Abrichtung von Hunden zu Hundekämpfen. Die