Tierschutzrecht. Hansjoachim Hackbarth

Tierschutzrecht - Hansjoachim Hackbarth


Скачать книгу
die ihren natürlichen, ursprünglichen Lebensraum in der freien Natur haben und zum Überleben und Bestehen nicht auf den Menschen angewiesen sind. Darunter fällt vor allem Haarwild wie Rehe, Feldhase, Wildkaninchen, Füchse, Marder und Federwild wie Wildtauben, Wildschwäne, Wildgänse und -enten aber auch Igel, Eichhörnchen und Singvögel.

      Die Norm findet dagegen keine Anwendung auf verwilderte Haustiere.

      Die Norm ist nur einschlägig bei Tieren wildlebender Art, die gezüchtet oder aufgezogen worden sind. Bei gezüchteten Tieren sind Tierbestände gemeint, die sich mit der Aufgabe der Vermehrung wildlebender Arten befassen. Da die Tiere aber nicht in ihrer natürlichen Umgebung aufgewachsen sind und ohne Hilfe des Menschen nicht in der Lage sind, in der freien Natur zu überleben, dass heißt vor allem sich nicht selbstständig ernähren und gegen natürliche Feinde und sonstige feindliche Lebensbedingungen wehren zu können.

      Ebenso verhält es sich bei aufgezogenen wilden Tieren. Diese kamen zwar in ihrer natürlichen Umgebung zur Welt, wurden jedoch durch die Aufnahme bei einem Menschen darin gehindert, ihren natürlichen Lernprozess zu durchlaufen. Insbesondere werden Jungtiere, die von ihren Eltern zurückgelassen wurden, oftmals von Menschen aufgezogen.

      Verboten ist das Aussetzen und Ansiedeln solcher Tiere in der freien Natur, ohne sie genügend darauf vorbereitet zu haben. Solche Vorbereitungsmaßnahmen sind zum Beispiel das Beibringen der selbstständigen Nahrungssuche und bei Jagdtieren das Erlangen eines Jagdinstinktes. Jungtiere dürfen erst wieder in der freien Natur angesiedelt werden, wenn ihr Haarkleid (Federn, Fell) so weit entwickelt ist, dass auch nächtliche Abkühlung der Lufttemperatur keine Lebensgefahr darstellt. Eine selbstständige Futteraufnahme durch das Tier muss gewährleistet sein. Die notwendigen Fähigkeiten und Kenntnisse zum Nestbau müssen vorhanden sein. Außerdem muss ein Fluchtverhalten gegenüber natürlichen Feinden existent sein. Im Übrigen ist je nach Tierart darauf zu achten, dass alle zum Überleben notwendigen Überlebensstrategien von dem Tier eigenständig beherrscht werden.

      Handlungen, die gegen diesen Tatbestand verstoßen, sind oftmals auch von § 3 Nr. 3 TierSchG erfasst.

      Die Ausbildung und das Training eines Tieres findet seine Grenze in Methoden, die bei dem Tier mit erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden sind.

      Unter Ausbildung ist das Erreichen eines bestimmten Leistungsziels zu verstehen. Grundlage dafür ist die Lernfähigkeit sowie natürliche Verhaltensweisen des Tieres. Das Ziel der Ausbildung spielt keine Rolle. Unter den Begriff der Ausbildung fällt auch das Abrichten, d. h. das Beibringen bestimmter Verhaltensweisen unter Anwendung von Zwangsmaßnahmen. Beispiele für die Ausbildung eines Tieres sind die Erziehung eines Hundes, Ausbildung von Jagdhunden oder Dienst- und Gebrauchshunden, Ausbildung eines Pferdes im Spring- oder Dressurbereich und die Ausbildung von Tieren, die im Zirkus eingesetzt werden.

      Der Begriff des Trainierens umfasst alle Maßnahmen zur Aufrechterhaltung des Ausbildungsstandes.

      Die Ausbildung oder das Training darf bei einem Tier nicht mit erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden sein. Dies ist besonders dann der Fall, wenn das Tier überfordert wird oder zu bestimmten Leistungen nicht bereit ist und der Ausbilder oder Trainer sein Ziel ohne Rücksicht auf das Tier durchsetzt, zum Beispiel durch die Anwendung von Gewalt.

      Die Erheblichkeit stellt eine Qualifikation dar und ist in jedem Einzelfall zu prüfen. Das Aufstellen genereller Maßstäbe ist auf Grund der Vielfältigkeit der denkbaren Lebensvorgänge nicht möglich. So sind die individuellen Merkmale des betroffenen Tieres und seine Schmerz- und Leidensempfindlichkeit in starkem Maße zu berücksichtigen. Die Einschätzung dieser Frage obliegt dem Ausbilder und Trainer des Tieres und unterliegt oftmals subjektiven Eindrücken. Bei Unklarheiten sollten veterinärmedizinische Fachkenntnisse hinzugezogen werden.

      Schmerzen und Leiden können auch deswegen erheblich sein, weil ein besonders empfindliches Körperorgan von der Maßnahme betroffen ist. Sie sind oftmals bei der Betroffenheit von Sinnesorganen wie Augen, Nase und Ohren anzunehmen. Die Erheblichkeit kann sich neben der Intensität der Maßnahmen auch aus deren Wiederholung oder Dauer ergeben.

      Eine Ausnahme ist nicht zulässig. Es ist daher kein Ausbildungs- oder Trainingszweck denkbar, der das Verursachen von erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden rechtfertigt. Dies gilt auch für die Ausbildung von Tieren zur Jagdausübung (Hunde, Vögel, Frettchen) und der Ausbildung von Diensthunden (Polizei und Bundesgrenzschutz) und Schutz- und Gebrauchshunden (Blindenhund).

      Geschützt wird jedes Tier, das in einer der vorgenannten Veranstaltungen Verwendung findet.

      Unter Filmaufnahmen sind Filme für eine unbestimmte Anzahl von Menschen zu verstehen, nicht jedoch wissenschaftliche Filme für Lehrzwecke. Nicht darunter fallen damit zum Beispiel Reportagen über Stierkämpfe oder Tierquälerei. Das Tier muss als „tierischer Schauspieler“ eingesetzt werden. Insbesondere fallen die bei Erwachsenen und Kindern immer beliebter werdenden Tierfilme darunter, die oftmals mit hohen Anforderungen an den tierischen „Hauptdarsteller“ einhergehen. Aber auch an die Nutzung des tierischen Mythos bei Horrorfilmen ist zu denken.

      Die Schaustellung umfasst das Zurschaustellen und Vorführen der Tiere. Unter diesen Begriff fallen vor allem zoologische Gärten, Tiergärten, Vorführungen mit Tieren im Theater, Ausstellungen in Schaufenstern. Aber auch Tiere, die auf Jahrmärkten und Rummelplätzen zur Unterhaltung der Menschen eingesetzt werden, sind durch diese Regelung geschützt. Die im Zirkus (auch Wanderzirkus) gehaltenen Tiere sind gleichermaßen betroffen.

      Auf eine Entgeltlichkeit des zur Schaustellens oder Vorführens kommt es nicht an. Das Zurschaustellen unterliegt außerdem dem Erlaubnisvorbehalt des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und 8d TierSchG.

      Mit dem Begriff der Werbung wird zum Ausdruck gebracht, dass Tiere auch Gegenstand und Mittel für die Kommerzialisierung und Verbreitung bestimmter Produkte sein können. Ein Beispiel wäre die Verteilung lebender Tiere als Werbegeschenk oder Preis, was auch nach § 3 Ziff. 12 mittlerweile verboten ist.

      Der Begriff der ähnlichen Veranstaltungen soll alle Ereignisse abdecken, die ähnlich den vorgenannten organisiert und ausgerichtet sind.

      Das Tier muss zu oben genannten Zwecken herangezogen werden. Das Tier muss also in irgendeiner Weise in das Geschehen involviert sein. Nicht notwendigerweise muss das Tier als Ganzes herangezogen werden. Ausreichend ist auch die Aufnahme oder das Abspielen von Tierlauten oder Stimmen.

      Mit der Heranziehung des Tieres dürfen keine Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden sein.

      Bei der Ahndung dieses Verbots ergeben sich besonders im Bereich der Zirkustiere und auf Jahrmärkten gehaltenen Tiere Probleme, da sich die verantwortlichen Personen auf Grund ständiger Ortswechsel weitgehend der Vollziehung behördlicher Maßnahmen entziehen können, obwohl bei jedem Standortwechsel eine Überprüfung der Haltung durch die zuständige Veterinärbehörde (Veterinäramt) stattfindet.

      Geschützt wird nicht das abgerichtete oder geprüfte Tier, sondern das andere an der Abrichtung oder Prüfung beteiligte Tier. Geschützt werden soll es vor dem Menschen, damit dieser es nicht als „Objekt“ missbraucht und die Grundsätze des ethischen Tierschutzes gewahrt bleiben. Dieses Verbot hat bei der Ausübung der Jagd und allen damit zusammenhängenden Handlungen besondere Bedeutung.

      Das Abrichten auf Schärfe ist das Beibringen aggressiver Verhaltensweisen unter der Anwendung von Zwang. Der Zweck der Abrichtung muss die Ausnutzung dieser Schärfe zu Gunsten des Menschen sein. In der gerichtlichen Praxis wird für das Vorliegen dieses Merkmals der Einsatz des Tierfanges und demnach ein Zupacken vorausgesetzt. Ein Töten des anderen Tieres ist nicht erforderlich.

      Unter Prüfen auf Schärfe versteht man die Feststellung des Erfolges der


Скачать книгу