Zwangsvollstreckungsrecht, eBook. Alexander Bruns

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atypische Komplikationen aufweist (vgl. z.B. §§ 730, 733) oder Entscheidungen des Gerichts im Erkenntnisverfahren erforderlich macht (§§ 731, 732, 768).

      2.5

      Vor Erlass des Vollstreckungsakts hat das Vollstreckungsorgan zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sind. Diese Voraussetzungen ergeben sich einerseits aus dem allgemeinen Verfahrensrecht (deutsche Gerichtsbarkeit, funktionelle und örtliche Zuständigkeit, Zulässigkeit des Rechtswegs im Sinne einer Zulässigkeit der Vollstreckung im Verfahren der Zivilgerichtsbarkeit und durch die Organe der Zivilgerichtsbarkeit, Partei- und Prozessfähigkeit), andererseits aus dem Vollstreckungsrecht (insbes. Vorliegen eines Vollstreckungstitels und einer Vollstreckungsklausel)[5].

Übersicht 1: Arten der Zwangsvollstreckung
Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen Herausgabevollstreckung (§§ 883–886) Handlungsvollstreckung Unterlassungsvollstreckung (§ 890)
1. in das bewegliche Vermögen (§§ 808–863) a) in körperliche Sachen (§§ 808–827) V.O.: Gerichtsvollzieher V.A.: Pfändung – Versteigerung b) in Forderungen und andere Rechte (§§ 828–863) V.O.: Amtsgericht V.A.: Pfändungs- und Überweisungsbeschluss 2. in das unbewegliche Vermögen (§§ 864–871; ZVG) V.O.: Amtsgericht V.A.en: Zwangshypothek Zwangsversteigerung Zwangsverwaltung V.O.: Gerichtsvollzieher V.A.en: Wegnahme – Übergabe an den Gläubiger 1. Vertretbare Handlungen (§§ 887) V.O.: Prozessgericht 1. Instanz V.A.: Ersatzvornahme 2. Nicht vertretbare Handlungen (§ 888) V.O.: Prozessgericht 1. Instanz V.A.: Beugemittel 3. Willenserklärungen (§§ 894–898) V.O.: – V.A.: Fiktion der Abgabe der Willenserklärung V.O.: Prozessgericht 1. Instanz V.A.: Bestrafung der Zuwiderhandlung

      2.6

      Der Vollstreckungsakt ist ein rechtlich streng gebundener Akt, für ein Ermessen des Vollstreckungsorgans ist kein Raum (Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel!): Liegen Antrag und Vollstreckungsvoraussetzungen vor, so muss der Vollstreckungsakt erlassen werden. Liegen sie nicht vor, so ist der Antrag auf Erlass des Vollstreckungsakts zurückzuweisen.

      Aus der Bindung der Organe folgt die Formalisierung des Vollstreckungsverfahrens[6]. Abzulehnen ist auch die Vollstreckungsverweigerung durch das Vollstreckungsorgan wegen treuwidriger Vollstreckung, z.B. bei „ungerechtfertigter“ Vollstreckung der nach Zahlung durch den Schuldner noch entstandenen Vollstreckungskosten[7] oder bei Vollstreckung von Bagatellforderungen[8]. Der Vollstreckungsgläubiger kann die Tätigkeit des GV durch Erinnerung erzwingen; will sich der Schuldner wehren, so nur mittels der gegen den Bestand des Titels gerichteten Rechtsbehelfe (s. Rn. 6.59 ff.).

Übersicht 2: Ablauf der Einzelvollstreckung
1. Schaffung der Vollstreckungsvoraussetzungen Titel, Klausel, Zustellung (§ 750 Abs. 1)
2. Antrag des Gläubigers beim zuständigen Vollstreckungsorgan: Gerichtsvollzieher (§ 753) Vollstreckungsgericht (§§ 834, 845, 866 Abs. 2; §§ 15, 16 ZVG) Prozessgericht (§§ 887, 888, 890) Grundbuchamt (§ 867 Abs. 1)
3. Vollstreckungsakt des Vollstreckungsorgans: Pfändung (§§ 803 ff.) und Beschlagnahme (§§ 19 ff. ZVG) Wegnahme bzw. Inbesitzsetzung (§§ 883 ff.) Beugemittel oder Ersatzvornahme (§§ 887 ff.) Fiktion (§§ 894 ff.)
4. Beweiserhebung nach Fehlschlag des Zugriffs Befragung durch Gerichtsvollzieher (§ 806a) Eidesstattliche Versicherung (§§ 807, 883 Abs. 2, 802e ff.)
5. Verwertungsakt des Vollstreckungsorgans Versteigerung, Verkauf oder ähnliches (§§ 814 ff., §§ 835 ff., §§ 35 ff. ZVG)
6. Richterliche Kontrolle auf Rechtsbehelf Erinnerung oder Beschwerde (§§ 732, 766, 793: Verletzung von formellem Verfahrensrecht) Vollstreckungsgegenklage (§ 767: materielle Einwendungen) Drittwiderspruchsklage (§ 771: unrechtmäßige Einbeziehung Dritter)

      2.7

      Der Vollstreckungsakt erfolgt in der Form, wie ihn das Gesetz vorschreibt; so bei beweglichen Sachen durch Pfändung = Inbesitznahme der Sachen durch den Gerichtsvollzieher (§ 808 Abs. 1); bei Forderungen und anderen Vermögensrechten durch einen Pfändungsbeschluss des Vollstreckungsgerichts (§§ 829, 857 Abs. 1). Der Vollstreckungsakt ist also entweder eine tatsächliche, hoheitliche Handlung oder ein Beschluss des Vollstreckungsorgans, er ist nie eine „Entscheidung“ (eines Rechtsstreits). Wo das Gesetz von „Entscheidungen“ spricht (z.B. in § 793), sind daher nie Vollstreckungsakte gemeint (s. aber Rn. 43.3).

      2.8

      Die Wirkung des Vollstreckungsakts ist verschieden, je nachdem um welche Art von Zwangsvollstreckung es sich handelt. So entsteht etwa bei der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen in bewegliches Vermögen eine Verstrickung (= Beschlagnahme) des Pfandgegenstandes mit dem Zweck, die Verwertung zur Befriedigung des Gläubigers zu ermöglichen[9]. Bei der Räumungsvollstreckung des § 885 führt die Vollstreckung unmittelbar zur Befriedigung des Gläubigers.

      2.9

      S. Übersicht 1 Rn. 2.5.

      Vollstreckbar sind nur Leistungstitel, also insbesondere Leistungsurteile. Materiellrechtlich entspricht dem Leistungsurteil ein Anspruch, also die Rechtsmacht, ein Tun oder Unterlassen zu verlangen. Es war Aufgabe der Gesetzgebung, den möglichen Inhalt solcher Leistungstitel zu konkretisieren und festzulegen, auf welche Bereiche der Sphäre des Schuldners sie einwirken können. Die Gesetzgebung hat im Rahmen einer langen historischen Entwicklung und Tradition (Rn. 3.1 ff.) dem Leistungstitel folgende Verpflichtungen des Schuldners zugeordnet: Zahlung einer Geldsumme – Herausgabe einer Sache – Vornahme einer Handlung – Duldung der Handlung eines anderen – Unterlassung einer eigenen Handlung. Die Bereiche in der Sphäre des Schuldners, die einem Eingriff ausgesetzt sein können, sind sein


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