Zwangsvollstreckungsrecht, eBook. Alexander Bruns
halten muss, dass voller Beweis für die behaupteten Tatsachen erbracht werden muss. Aus der Formlosigkeit des Rechtsbehelfs folgt, dass eine mündliche Verhandlung nicht zwingend stattfinden muss (§ 764 Abs. 3) und daher die Entscheidung des Gerichts als Beschluss, nicht als Urteil ergeht.
Über die Erinnerung entscheidet das Vollstreckungsgericht (§ 766 Abs. 1), also das örtlich zuständige (§ 764 Abs. 2) Amtsgericht.
c) Beschwerdeverfahren
2.21
Wo das Gesetz die Beschwerde oder sofortige Beschwerde (§ 793) zulässt, gelten die allgemeinen Vorschriften der §§ 567 ff. Welches Gericht über die Beschwerde entscheidet, folgt aus dem Instanzenzug.
1. Gesetzesquellen
2.22
Das Einzelvollstreckungsrecht ist zwar überwiegend im achten Buch der ZPO geregelt (§§ 704–945), jedoch nicht erschöpfend. Die Zwangsvollstreckung in Liegenschaften ist in der ZPO nur ansatzweise behandelt (§§ 864–871). Ursprünglich war sie dem Landesrecht und seinem zersplitterten Sachenrecht vorbehalten. Mit dem Erlass des BGB und seinem einheitlichen Sachenrecht entstand dann im Zwangsversteigerungsgesetz ein einheitliches, aber ausgegliedertes Immobiliarvollstreckungsrecht (§§ 1–185 ZVG). Dabei ist es bis heute geblieben (§ 869)[10]. Auch das Anfechtungsrecht, das dem Gläubiger den vollstreckungsmäßigen Durchgriff auf verschobenes Vermögen gestattet, findet sich in einem Sondergesetz, dem Anfechtungsgesetz[11]. Endlich gibt es in vielen materiellrechtlichen Gesetzeswerken vollstreckungsrechtliche Sondervorschriften, die Besonderheiten und vor allem besonderen Vollstreckungsschutz regeln (z.B. §§ 392, 394, 408 Abs. 2, 562d, 725, 751 S. 2, 883 Abs. 2 S. 2, 1059b, 1092 Abs. 2, 1120 ff., 1984 Abs. 2, 1990 Abs. 1 S. 2, Abs. 2, 2213 Abs. 3, 2214 BGB; § 39 WEG; §§ 8, 24 f. ErbbauRG; § 37 GrdstVG; § 54 SGB I etc.). Diese Zersplitterung mag man beklagen; die Frage, ob man Vollstreckungsbesonderheiten bei den entsprechenden Sachnormen oder einheitlich im Vollstreckungsrecht regeln soll, wird indessen immer offen bleiben. Zu bemängeln ist die ausgeprägte Sonderentwicklung des Sozialrechts[12].
a) Der Aufbau des Buches Zwangsvollstreckungsrecht
2.23
Der Aufbau des Buches „Zwangsvollstreckungsrecht“ in der Zivilprozessordnung ist in seiner Grobstruktur übersichtlich und einleuchtend. Am Anfang steht ein allgemeiner Teil mit Vorschriften, die teilweise für alle Vollstreckungsarten gelten oder die Organisation der Vollstreckung betreffen (§§ 704–802). Es folgen dann Abschnitte, die nach der Art der zu vollstreckenden Titel gegliedert sind (§§ 802a–882h Geldforderungen, §§ 883–898 Herausgabe, Handlung, Unterlassung); die Geldforderungsvollstreckung beginnt mit der Mitwirkungspflicht des Schuldners in Gestalt der Vermögensauskunft (§§ 802c–802l) und ist ihrerseits wiederum nach Vollstreckungsobjekten untergliedert (§§ 803–863 bewegliches Vermögen, nämlich körperliche Sachen und Forderungen bzw. Rechte; §§ 864–871 mit ZVG: Immobilien). Das Vollstreckungsrecht endet mit einem Abschnitt zu sichernden Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes. Im Aufbau der ZPO spiegelt sich also teilweise das „Vollstreckungsschema“ wider, wie es bereits dargestellt ist (Rn. 2.9 ff.).
b) Die Gliederung des allgemeinen Teils
2.24
Die Gliederung des „Allgemeinen Teils“ des Vollstreckungsrechts wirkt indessen weniger übersichtlich und ist auch nicht immer von innerer Logik. Immerhin lassen sich bestimmte Vorschriftengruppen inhaltlich zusammenfassen.
Am Anfang stehen die Vorschriften zum Regeltitel, nämlich dem Urteil (§ 704), das formell rechtskräftig (§§ 705–707) oder vorläufig vollstreckbar sein muss (§§ 708–720a). Es folgen die Regeln zur Vollstreckbarerklärung ausländischer Urteile (§§ 722, 723), also Teile des autonomen internationalen Vollstreckungsrechts. Ein größerer Abschnitt ist der Vollstreckungsklausel und ihrer Erteilung gewidmet und damit nach dem Titel der zweiten Vollstreckungsvoraussetzung (§§ 724–734). Während die Vollstreckung in das gesamte Vermögen des Schuldners der Normalfall ist, gibt es Ausnahmefälle der Vollstreckung in Sondervermögen, deren Regelung sich nunmehr anschließt (§§ 735–749). Es kommen dann die allgemeinen Regeln zum Vollstreckungsverfahren (§§ 750 ff.): seine allgemeinen Voraussetzungen (§ 750) und die besonderen Bedingungen des Vollstreckungsbeginns (§ 751), das Verfahren des Gerichtsvollziehers (§§ 753–763), Vorschriften für vollstreckungsgerichtliche Maßnahmen (§§ 764, 765). Ein breiter Abschnitt regelt endlich die Rechtsbehelfe im Allgemeinen (§§ 765a–771) und in Sonderfällen (§§ 772–774, 777, 780–787, 793); eingestreut sind dabei Vorschriften über die Vollstreckungseinstellung (§§ 775, 776) und die Wirkung des Todes des Vollstreckungsschuldners (§§ 778, 779). Der allgemeine Teil schließt mit der Regelung weiterer besonderer Vollstreckungstitel, wie z.B. Vergleich, vollstreckbare Urkunde, Vollstreckungsbescheid, Schiedsspruch für vollstreckbar erklärende Entscheidung etc. (§§ 794–801).
2.25
Eine deutliche Untergliederung in einzelne Titel mit sachgerechten Überschriften hätte den allgemeinen Teil benutzerfreundlicher gestaltet und auch dem Gesetzgeber manche Fehleinordnung deutlich gemacht.
c) Gliederung und systematische Stellung des Zwangsversteigerungsgesetzes
2.26
Man muss das Zwangsversteigerungsgesetz als Unterkapitel der Vollstreckung wegen Geldforderungen in der ZPO lesen und begreifen. Das bedeutet, dass der allgemeine Teil des Vollstreckungsrechts der ZPO grundsätzlich auch für die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung gilt (insbesondere Vollstreckungsvoraussetzungen, Titel, Klausel, Vollstreckung in Sondervermögen, Rechtsbehelfe etc.)[13].
Das ZVG seinerseits gliedert sich wiederum in einen allgemeinen Teil, der Zuständigkeiten, Zustellung, Beteiligung und Rangordnung für Versteigerung und Verwaltung vorweg regelt (§§ 1–14 ZVG). Es folgt der große Titel zur Zwangsversteigerung (§§ 15–145a ZVG), der die Rechtsregeln nach dem zeitlichen Ablauf der Versteigerung und Verwertung ordnet (Anordnung, Aufhebung und Einstellung, Terminbestimmung, Versteigerungsbedingungen, Versteigerung, Zuschlag, Beschwerde, Verteilung). Der kürzere Titel über die Zwangsverwaltung regelt weniger gut gegliedert die Besonderheiten dieses Verfahrens (§§ 146–161 ZVG). Das Gesetz schließt mit Kapiteln zur Versteigerung von Schiffen und Luftfahrzeugen und zu Sonderfällen der Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung außerhalb der Einzelvollstreckung (Insolvenz, Erbfall, Aufhebung einer Gemeinschaft etc.).
1. Zivilprozessuale Vollstreckung und Vollstreckung anderer staatlicher Akte
2.27
Bisher wurde unausgesprochen davon ausgegangen, dass die Zwangsvollstreckung der Durchsetzung privater Ansprüche dient. Nun müssen wir uns klarmachen, dass auch andere staatliche Akte als die Urteile der Zivilgerichte einer Zwangsvollstreckung bedürfen. Dies gilt einmal für die Entscheidungen anderer Gerichte (unten 3), ferner für Verwaltungsakte (unten 4). Diese verschiedenen Vollstreckungsverfahren müssen gegeneinander abgegrenzt werden; dies setzt voraus, dass wir uns zunächst über den Bereich der zivilprozessualen Zwangsvollstreckung Klarheit verschaffen (unten 2).
a) Formale Abgrenzung
2.28
Der