Tausend Und Eine Nacht. Gustav Weil

Tausend Und Eine Nacht - Gustav  Weil


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er aus dem Magen des getöteten Vogels etwas Rotes hervorragen, das wie Feuer glitzerte. Er hob den Magen auf, trocknete ihn ab und fand, daß der Stein darin war, der seine Trennung von seiner Geliebten verursacht. Außer sich vor Freude, warf er sich zur Erde nieder und rief: »Bei Gott, das ist ein gutes Zeichen! Ich nehme es als Vorbedeutung, daß der Himmel beschlossen hat, mich wieder mit meiner Geliebten zu vereinigen.« Nach diesen Worten küßte er den Edelstein, drückte ihn an sich und legte sich schlafen. Am folgenden Morgen umgürtete sich Kamr essaman, nahm eine Hacke und einen Korb und durchstreifte den Garten, bis er an einen Johannisbrotbaum gelangte. Als er nun einen Ast der Wurzel durchhieb, traf er auf etwas, das einen hellen Klang gab. Er räumte die Erde weg und entdeckte eine große eherne Platte, unter welcher er, nachdem er sie rings herum frei gemacht und aufgehoben hatte, eine ausgehauene Treppe von zehn Stufen fand. Er stieg hinab und kam in ein Gewölbe in Form eines großen Saals, in welchem er fünfzig große eherne Gefäße, wie Urnen gestaltet, rings herum stehen sah. Er nahm eine Hand voll davon und siehe da, sie waren voll mit Goldstaub, so fein wie Mehl. Da dachte er: das Unglück ist verschwunden, und das Glück ist wieder bei mir eingekehrt, stieg aus dem Gewölbe herauf, deckte die Platte wieder auf die Treppe und ging nach Hause.

      Als der Gärtner nach Hause kam, rief er: »Gute Nachricht, mein Sohn! das Schiff ist ausgerüstet und wird in drei Tagen absegeln. Ich werde dir einen Platz belegen.« Kamr essaman erwiderte: »Ich kann dir auch eine Neuigkeit mitteilen, welche dir Vergnügen machen wird.« Er erzählte ihm hierauf von der Platte und den Urnen. Der Alte freute sich und sagte: »Ich bin schon achtzig Jahre hier — denn ich wohnte schon zu meines Vaters Lebzeit hier — ohne etwas Ähnliches zu entdecken; du bist noch nicht ganz ein Jahr hier. Das ist ein Beweis, daß dir Gott diesen Schatz beschert, um dein Unglück zu enden, und dich zu den Deinigen zurückkehren zu lassen.«

      Der Prinz beteuerte aber, daß er durchaus nichts davon nehmen würde, wofern nicht der Gärtner die Hälfte für seinen Teil behielte, und so gingen sie miteinander hin und teilten sich jeder fünfundzwanzig Gefäße zu. Nach geschehener Teilung sagte der Gärtner zu Kamr essaman: »Mein Sohn, du mußt auch eine Anzahl große Töpfe mit Oliven aus unserm Garten mitnehmen, denn die hiesigen sind so gut, daß sie nach allen Ländern versendet werden. Fülle die Töpfe zur Hälfte mit Goldstaub und lege die Oliven oben darauf; und lasse sie auf das Schiff bringen.« Kamr essaman befolgte diesen Rat und verpackte fünfzig Töpfe und stellte sie unter die Mauer des Gartens, nachdem der Gärtner einen Platz für ihn auf dem Schiffe bestellt hatte, auf welchem noch andere Kaufleute sich befanden. Er unterhielt sich hierauf mit dem Gärtner, dachte dann an seine Geliebte und sagte zu sich selbst: wird sie wohl in ihre Heimat zurückgekehrt sein, oder ihre Reise nach der meinigen fortgesetzt haben, oder ist ihr gar ein Unglück widerfahren? Wehe! Wehe! o meine Geliebte! Er wünschte, daß die Zeit bis zur Abfahrt schon zu Ende ging und erzählte dem Gärtner die Geschichte von den Vögeln und dem Edelsteine, worüber dieser sehr erstaunte. In der folgenden Nacht wurde der Gärtner krank; die Krankheit nahm am zweiten Tage überhand, und am dritten Morgen befand er sich noch schlechter. Kamr essaman war sehr betrübt darüber. Da kamen Leute zu dem Gärtner und sagten: »Das Schiff ist zur Abfahrt bereit; wo ist der Reisende, den wir nach den Ebenholzinseln mitnehmen sollen?« — »Ich bin es selber«, antwortete Kamr essaman. »Der Gärtner liegt krank und bewußtlos, traget diese Töpfe inzwischen auf das Schiff.« Die Matrosen trugen die Töpfe fort und stellten sie beiseite und sagten zu Kamr essaman: »Verfehle nicht, unverzüglich nachzukommen; der Wind ist günstig.«

      Er ließ dann all sein Gepäck und seinen Proviant auf das Schiff bringen und ging wieder zu dem Gärtner hinein, um ihm Lebewohl zu sagen, aber er fand ihn in den letzten Zügen, und kaum hatte er ihn noch sein Glaubensbekenntnis hersagen lassen, so sah er ihn verscheiden. Kamr essaman drückte ihm die Augen zu, wusch den Leichnam, kleidete ihn in das Totengewand und beerdigte ihn. Als er damit fertig war, neigte sich der Tag bereits zu seinem Ende. — Mit brennendem Herzen lief er nun nach dem Hafen, um sich einzuschiffen; aber als er ankam, fand er das Schiff nicht; es hatte längst die Segel gespannt und war bereits außer Sicht. Die Kaufleute hatten bereits drei Stunden auf ihn gewartet, waren aber dann, da der Wind günstig war, ohne ihn abgereist.

      Kamr essaman geriet ganz außer sich, streute Erde auf sein Haupt und schlug sich auf die Brust und ins Gesicht. Er kehrte dann nach dem Garten zurück und mietete denselben von dem Eigentümer. Er nahm einen Arbeiter in Dienst, welchen er lehrte, wie er die Pflanzen begießen sollte, dann begab er sich in das unterirdische Gewölbe und tat den Goldstaub in fünfzig andere Krüge, die er oben mit Oliven füllte und gab die Hoffnung auf, vor Ablauf eines Jahres abreisen zu können, denn man sagte ihm, daß kein zweites Schiff in diesem Jahre mehr abgehen würde. Er war außer sich vor Schmerz und weinte Tag und Nacht, denn auch den Edelstein hatte er mit dem Golde verpackt, das auf das Schiff gebracht worden war. — Mittlerweile setzte das Schiff seine Fahrt mit sehr günstigem Winde fort und langte glücklich in der Hauptstadt der Ebenholzinsel an. Das Schicksal wollte, das die Königin Bedur gerade am Fenster stand und zusah, wie das Schiff vor Anker ging. Da pochte ihr Herz und ihr Innerstes geriet in die größte Aufregung. Sie ließ alsbald Pferde vorführen und ritt in Begleitung mehrerer Emire und Kammerherrn nach dem Hafen und kam gerade dort an, als die Waren ausgeschifft und von den Kaufleuten in ihre Magazine gebracht worden. Sie ließ den Schiffshauptmann vor sich kommen und fragte ihn, was er mitgebracht habe. Dieser nannte ihr unter anderen Waren kostbare Stoffe, Spezereien und Wohlgerüche, Moschus, Ambra, Kampfer, Oliven u. s. w. Als die Prinzessin Bedur von Oliven hörte, welche sie leidenschaftlich liebte, so sagte sie, um die wahre Absicht, welche sie herbeigeführt hatte, durch längeren Aufenthalt nicht zu verraten: »Bei Gott! nach Oliven sehne ich mich schon lange; wieviel hast du an Bord?« — Es sind fünfzig sehr große Krüge«, antwortete der Schiffshauptmann, »aber der Eigentümer ist nicht mitgekommen: doch mag der König, den Gott bewahre, davon so viel nehmen, als ihm beliebte.« »Bringet sie her!« sagte Bedur.

      Der Hauptmann schickte seine Leute nach dem Schiff und ließ die Oliven holen. Die Prinzessin erklärte ihren Wunsch, alle fünfzig Krüge zu kaufen und fragte nach dem Preise. »Mein Herr«, antwortete der Schiffshauptmann, »in dem Lande, aus dem sie kommen, sind sie gar nichts wert; dort kosten fünfzig Krüge hundert Dirham und ihr Eigentümer ist nur ein armer Mann.« »Und was sind sie hier wert?« fragte Bedur. »Tausend Dirham«, antwortete der Schiffshauptmann. »Wohl«, sagte Bedur, »ich nehme sie für tausend Dirham«, und nachdem sie in ihrer Gegenwart die Krüge wegtragen lassen, kehrte sie nach dem Palaste zurück und begab sich zu Hajat al Nufus, und sie ließ die fünfzig Olivenkrüge bringen. Sie öffnete einen und leerte den Inhalt des Gefäßes in eine große Schüssel. Ihr Erstaunen konnte nicht größer sein, als sie die Oliven mit Goldstaub vermischt sah. »Was ist das?« rief sie aus, stand auf und leerte auch die anderen Krüge aus, und, siehe da! alle waren mit Goldstaub gefüllt und nur einige Oliven darauf gelegt. Als sie das Gold näher untersucht, fand sie zuletzt auch noch ihren Edelstein und erkannte ihn. Bei diesem unerwarteten Anblick war ihre Überraschung so groß, daß sie ohnmächtig auf den Divan zurücksank.

      Sobald Bedur ihrer Sinne wieder mächtig war, sprach sie zu Hajat al Nufus: »Dieser Stein ist die Ursache der Trennung von meinem Geliebten gewesen: er wird nun auch, so Gott will, unsere baldige Wiedervereinigung herbeiführen.«

      Die Prinzessin Bedur konnte den Morgen kaum erwarten, und schickte, sobald es Tag war, hin, und ließ den Schiffshauptmann holen. Als er gekommen war, sagte sie zu ihm: »Wehe dir! wo hast du den Eigentümer der Oliven gelassen?« Der Schiffshauptmann antwortete: »Der Eigentümer der Oliven ist ein Gärtner in der Stadt der Götzendiener.« »Bei dem erhabenen Gott.« sagte die Prinzessin Bedur, »wenn du nicht sogleich zurückkehrst und mir ihn herbringst, so wirst du sehen, was dir und den Kaufleuten, welche mit deinem Schiff angekommen sind, widerfährt!« Sie ließ dann die Magazine der Kaufleute versiegeln und die Vornehmsten unter ihnen bewachen und sagte: »Der Eigentümer dieser Oliven hat eine Schuld gegen mich abzutragen, wenn ihr ihn nicht herbringt, so lasse ich euch alle hinrichten und bemächtige mich eurer Güter.« Die Kaufleute baten den Schiffshauptmann, mit dem Schiffe sogleich wieder umzukehren, und sie von diesem König zu befreien, Gottes Lohn werde ihm nicht ausbleiben.

      Der Kapitän ging sogleich auf sein Schiff, rief seine Matrosen herbei und ließ Lebensmittel an Bord schaffen, so viel er zur Reise nötig hatte, und ging unter Segel. Gott ließ ihn in


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