Tausend Und Eine Nacht. Gustav Weil

Tausend Und Eine Nacht - Gustav  Weil


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essaman hing seinem Schmerze über die Trennung von seiner Gattin nach, und weinte und stöhnte, als er an die Gartentüre pochen hörte. Er eilte hin, um zu öffnen, kaum aber hatte er dies getan, als der Kapitän und die Matrosen, ohne ein Wort zu reden, über ihn herfielen und ihn auf das Schiff brachten, welches dann unverzüglich wieder nach der Ebenholzinsel segelte.

      Kamr essaman fragte jetzt den Kapitän, was ihn veranlasse, ihn so gewaltsam zu entführen. »Bist du nicht der Schuldner des Königs der Ebenholzinsel?« fragte ihn dagegen der Kapitän. Kamr essaman erwiderte: »Ich habe nie sein Königreich betreten.« — Sie fuhren dann immerfort, bis sie wieder zur Hauptstadt kamen. Ob es gleich schon Nacht war, als sie in dem Hafen ankerten, so stieg der Kapitän dennoch ans Land und führte den Prinzen Kamr essaman zum König.

      Sobald Bedur den Prinzen erblickte, erkannte sie ihn sogleich. Doch tat sie sich Zwang an und sagte: »Laßt ihn bei meinen Dienern.« Darauf gab sie den Kaufleuten ihre Waren frei und machte dem Kapitän des Schiffs reiche Geschenke, ging zu Bette und erzählte alles Hajat al Nufus und sagte zu ihr: »Halte ja alles verborgen, bis ich meinen Zweck erreicht habe.« Am anderen Morgen ließ sie Kamr essaman ins Bad führen und anständig kleiden, ernannte ihn darauf zum ersten Emir, und schenkte ihm Mamelucken, Diener, Pferde und Schätze und alles, was sonst ein Emir bedarf. Kamr essaman kam aus dem Bade wie der Zweig eines Ban; er ging ins Schloß und küßte die Erde vor der Prinzessin. Als Bedur ihn sah, mußte sie sich wieder viel Gewalt antun, um ruhig zu erscheinen; sie nahm ihm die Emirstelle ab, machte ihn zum Schatzkämmerer und näherte sich ihm so viel wie möglich; sie machte allen Großen seinen Rang bekannt, und alle liebten und verehrten ihn, und machten ihm viel Geschenke. Bedur brachte ihn sich immer näher, überhäufte ihn mit Geschenken und Kamr essaman war nicht wenig erstaunt darüber und konnte es sich gar nicht erklären. Auch machte er viele Geschenke, teilte Geld aus und diente dem König Armanus, und näherte sich ihm mehr und mehr, bis er ihn heftig liebte; auch alle Großen und alle Stadtbewohner liebten ihn sehr und schworen bei seinem Leben. Als die Königin Bedur sah, daß er alle Herzen gewonnen, sagte sie zu ihm: »Kamr essaman, du mußt diese Nacht bei mir zubringen; ich habe etwas mit dir zu beraten.« Er sagte: »Ich werde gehorchen.« Als es Nacht war und alle Leute weggingen, blieb Bedur allein mit ihm und stellte den Obersten der Verschnittenen an die Türe; sie setzte sich auf ein Sofa und lehnte sich an ein Kissen und streckte ihre Füße aus. Kamr essaman blieb unten stehen mit gefalteten Händen; er war sehr verlegen und dachte, warum will wohl der König mit mir allein bleiben; doch es geschehe, was Gott will! Bedur sagte ihm: »Komm herauf zu mir!« Kamr essaman aber antwortete: »Mein Platz hier ist gut.« Sie sagte: »Willst du nicht gehorchen, wenn ich dir etwas zu sagen habe?« Er wiederholte: »Ich stehe hier ganz gut.« Da sagte sie: »Wehe dir! darfst du wohl mir widerspenstig sein? Komm zu mir her, daß ich dich um Rat frage.« Kamr essaman trat ängstlich zu ihr hin und fürchtete, der König möchte Ungebührliches von ihm verlangen. Nachdem er sich aber eine Weile geängstigt hatte, gab sich ihm Bedur zu erkennen; worauf sie sich umarmten und sich gegenseitig erzählten, was ihnen seit ihrer Trennung widerfahren. Kamr essaman machte dann seiner Gattin Vorwürfe, daß sie ihre Verstellung so lange fortgesetzt, sie bat ihn um Entschuldigung, indem sie ihm sagte: durch diesen Scherz, den sie sich erlaubt, sei die Freude nachher um so größer geworden.

      Am folgenden Morgen ließ Bedur den König Armanus zu sich rufen und teilte ihm ihre ganze Geschichte und ihr Verhältnis zu Kamr essaman mit. Er war sehr erstaunt, als er erfuhr, daß er seine Tochter mit einer Frau vermählt, und daß Kamr essaman der Sohn eines Sultans. Er wendete sich dann zu diesem und sagte ihm: »Da du König und Sohn eines Königs bist, so wünsche ich, daß du meine Tochter Hajat al Nufus zur Gattin nehmest.« Kamr essaman willigte ein und alsbald wurde der Heiratsvertrag geschrieben und die Ehe vollzogen.

      Am folgenden Morgen teilte Kamr essaman unter den Truppen Geschenke aus und leitete alle Regierungsgeschäfte mit Unparteilichkeit, so daß der Ruf seiner Gerechtigkeit sich über alle Länder verbreitete. Die Nächte brachte er abwechselnd bei Bedur und bei Hajat al Nufus zu und vergaß ganz seinen Vater und seine Mutter. Er bekam zwei Söhne, einen von Bedur und einen von Hajat al Nufus, und nannte den einen Asad (der Glückselige), den anderen Amdjad (der Glorreiche). Als sie groß wurden, lernten sie Philosophie, schöne Wissenschaften und Kalligraphie, bis sie das männliche Alter von zwanzig Jahren erreicht hatten. Sie liebten einander sehr, schliefen in einem Bett, und alle Leute beneideten sie wegen ihrer Schönheit und Eintracht. Sooft Kamr essaman auf die Jagd ging, setzte er einen seiner Söhne, jeden Tag einen andern, auf den Thron. Die beiden Königinnen hatten eine unglaubliche Zärtlichkeit für sie, und wenn die Prinzen nach Hause kamen, sah jede der beiden Frauen den Sohn der anderen mit Liebe an. Bedur war ganz für Amdjad, und Hajat al Nufus für Asad eingenommen, und sie scherzten und liebkosten mit ihnen; denn der Teufel hatte ihnen ihr Betragen als schön vorgemalt, so daß jede von ihnen den Sohn der anderen an ihre Busen drückte und ihn küßte. Dadurch nahm ihre Leidenschaft immer mehr zu, und die liebenden Frauen konnten weder essen, noch trinken, noch schlafen. Eines Tages ging Kamr essaman auf die Jagd, und Amdjad saß auf dem Thron als Richter. Da schrieb ihm Bedur, die Mutter Asads, einen Brief, in dem sie ihm offen ihre Liebe erklärte. Sie schickte den Brief durch einen Diener nach der Wohnung der Königin Hajat al Nufus; aber der Diener fand ihn nicht dort, denn er hielt Sitzung bis nach zwei oder drei Uhr Mittags: dann erst gab er das Zeichen zum Aufbruch und schickte sich an, wegzugehen. Er war gerade auf den Treppen des Schlosses, da übergab ihm der Verschnittene den Brief. Amdjad öffnete ihn und las, daß die Frau seines Vaters ihm untreu werden wolle. Mit einem zornigen Ausrufe: »Gott verdamme die Weiber!« zog er das Schwert, ging auf den Diener los und sagte ihm: »Wehe dir, nichtswürdiger Diener! an dir ist nichts Gutes, du machst den Briefträger der Frau deines Herrn!« Er schlug ihm dann den Kopf herunter, ging zu seiner Mutter, erzählte ihr, was vorgefallen, schmähte sie und sagte: »Ihr seid alle eine schlimmer als die andere. Bei dem erhabenen Gott! fürchtete ich nicht Allah, ich würde ihr den Hals abschneiden.« Der Prinz ging dann zornig von ihr weg, seine Mutter aber ward ihm böse und dachte auf eine List gegen ihn.

      Am folgenden Tage saß Asad auf dem Thron; da schrieb ihm Hajat al Nufus auch einen Brief, in dem sie ihn bat, zu ihr zu kommen, und sandte den Brief durch eine Alte. Diese wartete, bis die Sitzung zu Ende war, dann gab sie ihm den Brief. Als er ihn las, ward er sehr aufgebracht, zog sein Schwert und hieb die Alte mitten auseinander. Darauf ging er zu seiner Mutter, gab ihr den Brief hin und machte ihr Vorwürfe; aber sie schimpfte ihn und ward ihm feind, und sann darauf, ihn zu verderben. Asad erzählte dann die Geschichte seinem Bruder, und dieser sagte ihm auch, was ihm widerfahren. Die beiden Frauen aber kamen zusammen, hielten Rat, und beschlossen, ihre Kinder zu verderben. Sie legten sich ins Bett und stellten sich krank. Am folgenden Tage kehrte Kamr essaman von der Jagd zurück und brachte den Tag mit Regierungsangelegenheiten zu. Als der Divan aufgehoben war, kam er nach Hause und fand die beiden Frauen im Bette. Da er glaubte, sie seien krank, fragte er sie, wo es ihnen fehle? Bedur sagte: »Dein Sohn Amdjad ist zu mir mit entblößtem Schwert gekommen und hat mich zur Treulosigkeit zwingen wollen; davon erschrak ich so sehr, daß ich krank geworden bin.« Hajat al Nufus erzählte dasselbe von Asad. Kamr essaman war sehr aufgebracht gegen seine Söhne, und wollte sie umbringen. Der König Armanus aber bat für sie und sagte: »Mein Sohn, schicke sie lieber mit einem Mamelucken ins Freie, der soll sie umbringen, damit du ihren Tod nicht vor Augen siehst.« Der König übergab sie einem seiner Mamelucken, der Emir Djandar hieß, und befahl ihm, sie zu töten. Dieser ging mit ihnen bis zur Zeit des Nachmittagsgebets in eine öde Wüste; dann stieg er von seinem Pferde ab, um sie zu töten und dem erhaltenen Befehle gemäß ihre Kleider dem Könige zu bringen. Als er aber abgestiegen war, auf sie losging, um ihr Blut zu vergießen, und sie ansah, übermannte ihn die Rührung und er mußte weinen. Er sagte: »Prinzen, es tut mir sehr weh, euch etwas zuleide zu tun; doch euer Vater hat mir befohlen, euch umzubringen.« Sie antworteten: »Tu‘, was dir befohlen worden, du bist an unserm Blute nicht schuldig.« Sie umarmten sich dann und weinten. Asad sagte: »Mein Freund, laß mich nicht meines Bruders Amdjad Tod sehen, bring mich lieber zuerst um!« Sie weinten dann beide, und Emir Djandar mußte mit weinen. Asad sagte: »Das ist eine ruchlose Tat; doch es gibt keinen Schutz und keine Macht, außer bei dem erhabenen Gott!« Sie sagten dann dem Emir Djandar: »Binde uns mit einem Strick fest zusammen, ziehe dein Schwert, haue kräftig zu, so daß wir, zusammen sterben.« Er antwortete: »Ich will euch gehorchen,« nahm dann weinend ein breiten Riemen,


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