Der kleine Ritter. Генрик Сенкевич

Der kleine Ritter - Генрик Сенкевич


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hielt er das Pferd zurück und ließ sich von dem Knappen einholen.

      Plötzlich bemerkte er, vor sich hinblickend, daß eine schlanke Gestalt ihm entgegenkomme; es war Christine Drohojowska.

      Michael erkannte sie, sprang sogleich vom Pferde und gab es dem Knappen; er selbst eilte zu ihr, ein wenig verwundert, mehr aber noch erfreut über ihren Anblick.

      »Die Soldaten sagen, daß man gegen Abend verschiedene übernatürliche Gestalten treffen kann, die bald eine schlechte, bald eine gute Prophezeiung künden; aber für mich kann es wohl kaum eine bessere geben, als Euch zu begegnen.«

      »Herr Nowowiejski ist angekommen,« antwortete Christine, »er unterhält sich mit Bärbchen und der Frau Truchseß; ich aber bin absichtlich Euch entgegengekommen, denn ich war beunruhigt wegen dessen, was der Hetman Euch zu sagen hatte.«

      Die Offenheit in diesen Worten ergriff den kleinen Ritter außerordentlich.

      »Seid Ihr wirklich so um mich besorgt?« fragte er und erhob seine Augen zu ihr.

      »Ja,« erwiderte Christine mit tiefer Stimme.

      Wolodyjowski ließ seine Augen nicht von ihr, denn noch nie war sie ihm so schön erschienen. Auf dem Kopfe trug sie ein Atlaskäppchen, und weißer Schwanenflaum umgab ihr kleines, blasses Gesicht, auf welches der Widerschein des Mondes fiel und die edlen Brauen, die gesenkten Augen, die langen Wimpern und jenes dunkle, kaum sichtbare Fläumchen über den Lippen mild erleuchtete. Es lag in ihrem Gesicht eine gewisse Ruhe und eine große Güte.

      Michael empfand in diesem Augenblick, daß dies ein freundliches, liebes Gesicht war. Er sagte also:

      »Ritte nicht der Knappe hinter uns, so würde ich Euch, Fräulein, hier im Schnee aus Dankbarkeit zu Füßen fallen!«

      »Sprecht solche Dinge nicht, ich bin ihrer nicht würdig; aber zum Lohne sagt mir, daß Ihr bei uns bleiben wollt, und daß ich Euch länger werde trösten dürfen.«

      »Ich werde nicht hierbleiben,« antwortete Wolodyjowski.

      »Das kann nicht sein!« sagte Christine.

      »So will's der Dienst! Nach Reußen gehe ich … in die wilden Felder.«

      »Der Dienst?« wiederholte Christine, dann verstummte sie und ging eilig dem Hause zu.

      Michael trippelte ein wenig verwirrt neben ihr her. Es lag ihm schwer und dumpf auf der Seele; er wollte wieder etwas sagen, er wollte die Unterhaltung wieder aufnehmen – aber es ging nicht. Und doch schien ihm, als hätte er Christine tausend Dinge zu sagen, und als sei gerade jetzt die Zeit dazu, solange sie allein waren, und niemand sie störte.

      »Anfangen heißt es hier,« dachte er, »es wird schon weiter gehen.«

      »Ist Herr Nowowiejski schon lange da?«

      »Noch nicht lange,« antwortete Fräulein Drohojowska.

      Und das Gespräch brach wieder ab.

      »So geht es nicht,« dachte Wolodyjowski, »wenn ich so anfange, so werde ich nie etwas sagen; aber ich sehe, daß mir mein Leid den Rest meines Witzes aufgezehrt hat,« und so schritt er eine Zeitlang schweigend neben ihr hin, immer lebhafter seinen Schnauzbart bewegend.

      Endlich, als sie schon vor dem Hause standen, blieb er stehen und begann:

      »Seht, Fräulein, wenn ich so lange Jahre das Glück hinausgeschoben habe, nur um dem Vaterlande zu dienen, wie sollte ich jetzt nicht den Trost hinausschieben?«

      Wolodyjowski glaubte, daß ein so einfaches Argument Christine sogleich überzeugen müßte. Sie antwortete auch in der Tat betrübt und milde nach einer Weile:

      »Je näher man Euch kennen lernt, Herr Michael, desto höher ehrt und schätzt man Euch.«

      Nach diesen Worten gingen sie in das Haus. Schon im Flur tönten ihnen Bärbchens Rufe entgegen: »Allah, Allah!« Und als sie in das Gastzimmer traten, sahen sie in dessen Mitte Nowowiejski mit verbundenen Augen in geneigter Stellung und mit ausgestreckten Händen. Er mühte sich, Bärbchen einzufangen, die sich in alle Winkel versteckte und mit dem Rufe »Allah!« ihre Anwesenheit verkündigte. Die Frau Truchseß war am Fenster mit Herrn Sagloba in ein Gespräch verwickelt. Aber der Eintritt Christinens und des Ritters unterbrach ihr Spiel. Nowowiejski zog das Tuch herab und lief, sie zu begrüßen. Gleichzeitig kamen die Frau Truchseß, Sagloba und Bärbchen keuchend auf sie zu.

      »Was gibt's dort, was gibt's dort, was hat der Hetman gesagt?« fragten sie wirr durcheinander.

      »Frau Schwester,« antwortete Wolodyjowski, »wenn du Briefe an deinen Gatten schicken willst, so hast du Gelegenheit, denn ich reise nach Reußen.«

      »Schickt man dich schon zurück? Beim lebendigen Gott, laß dich noch nicht einziehen und gehe nicht hin,« rief klagend Frau Makowiezka, »daß man dir doch auch nicht einen Augenblick Zeit gönnt!«

      »Wirklich, hat man dir einen Auftrag gegeben?« fragte Sagloba finster. »Mit Recht sagt die Frau Truchseß, daß man mit dir drischt wie mit einem Dreschflegel.«

      »Ruschtschyz geht in die Krim, und ich soll nach ihm die Fahne führen. Denn wie schon Herr Nowowiejski gesagt hat, werden sich gewiß die Wege zum Frühling mit Menschen füllen.«

      »Sollen wir in dieser Republik beständig Jagd auf Diebe halten wie der Hund im Hofe?« rief Sagloba. »Andere wissen nicht, an welchem Ende man die Muskete anfaßt, und für uns gibt es niemals Ruhe!«

      »Nun laßt nur, hier gilt kein Reden,« antwortete Wolodyjowski. »Dienst ist Dienst. Ich habe dem Hetman das Wort gegeben, daß ich eintrete, ob später oder früher, das ist ganz gleich.« Hier legte er den Finger an die Stirn und wiederholte sein Argument, dessen er sich schon einmal Christine gegenüber bedient hatte:

      »Denn seht Ihr, wenn ich so lange Jahre mein Glück hinausgeschoben habe, nur um der Republik zu dienen, wie würde ich nicht dem Trost entsagen, den ich in eurer Gesellschaft finde?«

      Niemand erwiderte darauf ein Wort; nur Bärbchen kam schmollend heran, spitzte den Mund wie ein trotziges Kind und sagte:

      »Schade um Herrn Michael!«

      Wolodyjowski lachte heiter auf.

      »Gott gebe Euch Glück! Erst gestern sagtet Ihr, daß Ihr mich nicht leiden könnt, daß Ihr mich so wenig lieben könnt wie einen wilden Tataren!«

      »Nicht doch! Wie einen Tataren? Das habe ich gar nicht gesagt; Ihr werdet dort mit den Tataren Freude erleben, und uns hier wird bange sein.«

      »Tröstet Euch doch, kleiner Heiduck – verzeiht, Fräulein, daß ich Euch so nenne, aber es paßt ausgezeichnet auf Euch. Der Herr Hetman hat mir gesagt, daß dieses Kommando nicht lange währen wird; in einer oder zwei Wochen rücke ich aus, zur Wahl soll ich durchaus in Warschau sein. Der Hetman selbst wünscht das, und es wird so sein, wenn selbst Ruschtschyz aus der Krim im Mai noch nicht zurück sein sollte.«

      »O, das ist ausgezeichnet!«

      »Auch ich werde mit dem Herrn Hauptmann ausziehen, gewiß, ich werde ausziehen,« sagte Nowowiejski, Bärbchen scharf anblickend.

      Und sie erwiderte ihm: »Solcher wie Ihr wird es nur wenige geben; es ist eine Freude für den Soldaten, unter seinem Kommando zu dienen. Geht nur mit, geht mit, es wird Euch heiterer zumute sein.«

      Der Jüngling seufzte nur und glättete mit breiter Hand seinen Schopf. Endlich sagte er, indem er seine Hände wie vorhin beim Blindekuh-Spielen ausbreitete:

      »Aber erst muß ich Fräulein Bärbchen fangen, wahrhaftig, ich muß sie fangen!«

      »Allah!« rief Bärbchen und wich zurück.

      Inzwischen war Fräulein Christine Drohojowska zu Wolodyjowski herangetreten, ihr Gesicht strahlte vor Glück und Freude.

      »Herr Michael, Ihr seid nicht gut gegen mich; gegen Bärbchen seid Ihr besser als gegen mich.«

      »Ich nicht gut – ich besser gegen Fräulein Bärbchen?« fragte der Ritter erstaunt.

      »Bärbchen habt Ihr gesagt, daß Ihr zur Königswahl wiederkehrt; wenn ich das gewußt hätte, würde ich mir Eure


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