Das tödliche Spiel. Stefan Bouxsein

Das tödliche Spiel - Stefan  Bouxsein


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ja nicht weg, die Geschichte. Wenn Sie nun bitte damit aufhören würden, die laufenden Ermittlungen in einem Mordfall zu behindern und mir die Adresse von Frau Schmücker und die Klassenliste von Nadja Sydow aushändigen.«

      »Wenden Sie sich am besten an Frau Stollenberg im Schulsekretariat. Frau Stollenberg klärt das auch mit unserem Datenschutzbeauftragten. Das ist Herr Brehm. Er unterrichtet Politik.« Der Rektor griff zum Hörer und gab Frau Stollenberg im Sekretariat die entsprechenden Anweisungen. Dann erhob er sich, schnappte sich seine Unterlagen vom Schreibtisch und eilte aus seinem Zimmer. Till folgte ihm und begab sich ins Nebenzimmer, wo Frau Stollenberg ihn schon erwartete.

      »Ich habe einen Schüler geschickt, damit er Herrn Brehm herholt«, sagte Frau Stollenberg und tippte dabei auf ihrer Tastatur herum. »So, hier haben wir ja die Adresse von Frau Schmücker. Sie wohnt in der Römerstadt. Ich drucke es Ihnen aus.«

      »Endlich mal eine kompetente Person«, zeigte sich Till erfreut.

      »Herr Brehm muss allerdings erst sein Okay geben«, sagte Frau Stollenberg streng. »Ich schaue aber auch schon mal nach der gewünschten Klassenliste.«

      Ein Mann mit Glatze und Vollbart betrat das Zimmer. »Brehm, guten Tag.«

      »Krüger, Kripo Frankfurt. Sie sind der Datenschutzbeauftragte an dieser Schule?« Brehm nickte und Till schilderte ihm sein Anliegen.

      »Ein Mordfall also. Frau Stollenberg, wo haben wir denn die Formulare?«

      »Welche Formulare?«

      »Na die zum Datenschutz. Wir benötigen eine Unterschrift von dem Herrn, wenn wir ihm interne Unterlagen aushändigen.« Brehm sah Till an. »Ein offizieller Dienststempel wäre auch nicht schlecht.«

      »Dann geben Sie mir zwei Formulare. Das eine unterschreibe ich gleich hier, das andere bringe ich mit Stempel der Polizeibehörde wieder vorbei.«

      »Die Formulare müssten beim Rektor im Zimmer sein«, sagte Frau Stollenberg.

      »Dann holen Sie den Rektor mal wieder bei«, sagte Till.

      Brehm zog los, Frau Stollenberg hatte mittlerweile die Klassenliste gefunden und druckte sie auch schon aus.

      »Wie ist die Frau Schmücker denn so als Lehrerin?«, wollte Till wissen.

      »Hmmm«, überlegte Frau Stollenberg. »Sie ist die Letzte ihrer Art. Eine aussterbende Spezies.«

      »Und das heißt?«

      »Streng und konservativ.«

      »Dann ist sie aber nicht die Letzte. Es gibt ja noch den Herrn Rektor.«

      Der betrat auch in Begleitung von Herrn Brehm gerade den Raum.

      »Die Formulare müssen irgendwo in meiner Schublade sein«, sagte er zerstreut.

      »Soll ich einen Durchsuchungsbefehl beantragen?«, fragte Till spitzbübisch.

      Frau Stollenberg kicherte still in sich hinein. Herr Brehm sah den Rektor fragend an. Der Rektor ging kommentarlos in sein Zimmer und kam fünf Minuten später mit ein paar Papieren wieder zurück.

      »Genau, das sind die richtigen«, sagte Brehm und gab Till ein Formular zum Ausfüllen.

      Till überflog das Papier. »Das soll ich jetzt alles ausfüllen?«

      »Sie können es auch als Hausaufgaben mitnehmen«, schlug Brehm vor und Frau Stollenberg kicherte wieder.

      »Ich hätte es doch mit dem Durchsuchungsbefehl machen sollen«, seufzte Till und fing an, das Formular auszufüllen. Fünf Minuten später setzte er seine Unterschrift darunter und reichte es Frau Stollenberg. Die schaute sich alles noch mal durch.

      »Sieht gut aus«, sagte sie zufrieden und gab Till die ausgedruckten Papiere.

      »Können Sie sich an Nadja Sydow erinnern?«, fragte Till.

      »Oh ja. So eine Schülerin vergisst man nicht.«

      »Weil sie so begabt war?«

      »Begabt war sie, ja. Ihre schulischen Leistungen waren hervorragend. Aber noch viel besser waren ihre schauspielerischen Einlagen. Sie konnte auf Anhieb in jede beliebige Rolle schlüpfen. Und das war auch nötig, bei dem Strafregister, das sie hier angesammelt hatte. Sonst wäre sie schon frühzeitig von der Schule geflogen.«

      »Ach«, sagte Till neugierig. »Was hat sie denn alles angestellt?«

      »Sie hat sich manchmal aufgeführt, als wäre es ihre Schule. In ihrem Amt als Schulsprecherin hat sie es dann hin und wieder auf die Spitze getrieben. Sie hat einmal zum Boykott des Unterrichtes aufgerufen, weil sie der Meinung war, die Benotung der Lehrerin sei willkürlich. Die Lehrerin war übrigens Frau Schmücker. Tatsächlich hat die Klasse dann drei Tage lang den Unterricht boykottiert. Frau Schmücker wurde von den Schülern massiv mit Vorwürfen überschüttet und stand am Rande eines Nervenzusammenbruches. Die bereits vergebenen Noten wurden nachträglich von einem zweiten Prüfer korrigiert. Vor allem Nadja bekam eine deutlich bessere Note in Deutsch.«

      »Was hat denn der Rektor dazu gesagt?«

      Frau Stollenberg vergewisserte sich, ob sie wirklich allein mit Till im Raum war. »Der hat sich diplomatisch verhalten«, sagte sie dann mit einem leichten Vorwurf in der Stimme. »Er war ganz vernarrt in Nadja, sie war ja eigentlich seine Vorzeigeschülerin. Aber Frau Schmücker war seine Lieblingskollegin. Er hat mit Engelszungen auf beide eingeredet und Frau Schmücker wohl davon überzeugt, dass Nadja eine bessere Note verdient hätte. In allen anderen Fächern war sie ja auch die Klassenbeste. Nadja hatte natürlich auch die Schüler hinter sich. Die folgten ihr blind. Wenn Nadja sagte, morgen fällt der Unterricht aus, dann ist er ausgefallen. Sie hat ihre Mitschüler und teilweise auch den Lehrkörper nach Lust und Laune manipuliert. Wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, hat sie ihren Kopf auch durchgesetzt. So, nun muss ich aber noch was arbeiten. Sie haben ja alles, was Sie brauchen.«

      Till winkte dankend mit den ausgedruckten Papieren und verabschiedete sich.

      8

       Mein perfekter Plan

       Der eitle Pfau funktionierte tatsächlich so gut, wie ich es mir in meinen kühnsten Träumen erhofft hatte. Sein Abgang bei Hanna Schmücker war grandios. Natürlich bekam er dafür eine angemessene Belohnung. Wir schauten uns zusammen einen Film an. Natürlich im Pornokino. Während der Vorstellung hielt ich sogar sein Händchen. Das hat ihm gut gefallen. Später gingen wir noch in eine Bar. Ich spendierte den Whiskey. Der eitle Pfau vertrug nicht viel. Nach dem dritten Glas grabschte er mich an.

       »Finger weg«, fauchte ich ihn an. Gehorsam krallte er sich wieder an seinem Glas fest.

       »Bist du immer noch nicht zufrieden?«, fragte er beleidigt.

       Ich gab ihm ein Küsschen auf die Wange. »Ich bin sehr zufrieden«, säuselte ich in sein Ohr.

       »Ich will dich. Nicht diese verknöcherten Weiber. Ich habe es satt, immer eine Rolle zu spielen«, jammerte er in seinem betrunkenen Zustand.

       Ich tätschelte sein Händchen. »Bald ist es vorbei«, machte ich ihm Mut. »Vertrau mir. Du machst deine Sache so gut. Ich bin stolz auf dich.«

       »Dann lass uns jetzt zu dir gehen«, schlug er hoffnungsvoll vor.

       »Kennst du dich mit Musik aus?«, fragte ich und schlug wieder einen kühleren Ton an.

       »Mit Musik?« Er schaute mich dämlich an.

       »Mit klassischer Musik. Mit Klavierstücken. Beethoven.«

       Er verriet mir, dass er mal Unterricht gehabt hatte. Als kleiner Junge von acht Jahren hatte er seine erste Stunde. Zwei Jahre lang hatte er durchgehalten. Dann war es vorbei mit seiner musikalischen Erziehung. Das


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