Das tödliche Spiel. Stefan Bouxsein

Das tödliche Spiel - Stefan  Bouxsein


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Brust erzählte er mir, wie er sie rumgekriegt hat. Stolz war er aber nicht, weil er die verknöcherte Hanna Schmücker verführt, sondern weil er meinen Wunsch erfüllt hat. Ich fragte ihn, wie sie denn im Bett so sei, und wollte alle Einzelheiten von ihm wissen. Erst zierte er sich, aber als ich mit Nachdruck nachfragte, redete er ohne Unterlass. Wir saßen in einem Café, als er mir seine Erfolgsmeldung mitteilte. Er sprach leise und beugte sich zu mir, als er mir erzählte, was ich wissen wollte. Wenn die Bedienung an unserem Tisch vorbeilief, verstummte er und sprach erst weiter, als sie wieder hinter dem Tresen verschwunden war. Ich genoss seine Schüchternheit und spielte mit ihm wie die Katze mit der Maus. Als er alles erzählt hatte, lehnte er sich erleichtert in seinem Stuhl zurück. Auch ich setzte mich wieder entspannt hin. Die Bedienung kassierte gerade am Nebentisch.

       »Wann fickst du sie wieder?«, fragte ich ihn im unverfänglichen Plauderton. Er lief rot an, nippte an seinem Kaffee und tat so, als hätte er mich nicht gehört. Der Herr vom Nebentisch, der gerade seine Rechnung beglichen hatte, grinste breit und ging. Die Bedienung räusperte sich und verschwand wieder hinter dem Tresen.

       »Musste das sein?«, fragte er mich verärgert.

       »Es war doch kaum zu verstehen«, beruhigte ich ihn mit leiser Stimme. »Ich kann aber auch laut und deutlich sprechen«, sagte ich erheitert.

       »Wenn du möchtest, ficke ich sie morgen wieder«, antwortete er endlich in zufriedenstellender Lautstärke.

       Ich gab ihm einen Schlüssel. Meinen Wohnungsschlüssel. »Du machst es ihr bei mir. In meinem Bett. Den Schlüssel lässt du dann auf dem Tisch liegen. Morgen Abend. Bis elf Uhr seid ihr wieder verschwunden.« Ich schrieb ihm meine Adresse auf. Er nickte zustimmend, sah aber nicht sehr glücklich dabei aus.

       »Wenn du es ihr morgen gut besorgst, ist die Sache für mich erledigt. Dann kannst du sie wegen mir übermorgen in ihrer Badewanne ersäufen.« Ich lächelte ihn vergnügt an, drückte ihm für Kaffee und Kuchen zwanzig Euro in die Hand und ließ ihn sitzen. Als ich wieder zuhause war, betrachtete ich mir die alten Fotos. Die Fotos aus der Schule. Das Foto von meiner Deutschlehrerin. Hanna Schmücker, die mir auf meine Interpretation von Hermann Hesses Steppenwolf die Note fünf gegeben hatte. Mangelhaft. Fehlendes Textverständnis. Hanna Schmücker hatte nichts begriffen, rein gar nichts. Als Deutschlehrerin ist sie völlig ungeeignet. Diese Frau taugt bestenfalls als Pornodarstellerin. Es wird Zeit, ihr das beizubringen.

      Esoterikbar hieß der kleine Laden in der Schweizer Straße. Drinnen roch es nach Zimt. Sarah Fischer war allein im Laden. Sie saß hinter der Kasse und las in einem Buch, als Siebels das Geschäft betrat. Von der Decke hingen Sari. Die indischen Frauengewänder gab es in vielen hellen Farben. Die Holzregale waren vollgestopft mit Kartenspielen, Steinen, ätherischen Ölen, Duftbädern, Halsketten und allen möglichen anderen Heilsbringern und Gesundheitsmittelchen.

      »Ein vielfältiges Sortiment«, bemerkte Siebels.

      »Und doch nur eine kleine Auswahl. Gibt es Neuigkeiten?«

      »Nein, leider nicht. Ich habe nur noch ein paar Fragen.«

      Sarah Fischer legte ihr Buch zur Seite und stand auf. Sie kam Siebels einen Schritt entgegen. »Sie sollten nicht so viel rauchen. Das ist nicht nur schlecht für die Lunge, das stört auch Ihr seelisches Gleichgewicht.«

      »Das ist vor allen Dingen gestört, wenn ich längere Zeit nicht rauche.«

      »Das, mein lieber Herr Kommissar, ist ein Irrtum. Ihre Sucht hat Ihren Willen untergraben, das ist das Problem. Wer seinen Willen nicht unter Kontrolle hat, der kann sein seelisches Gleichgewicht nicht finden.«

      Siebels nickte. »Vielleicht haben Sie sogar recht. Wie ist das bei Ihnen? Haben Sie Ihren Willen immer unter Kontrolle?«

      »Natürlich nicht.« Sarah Fischer lächelte. »Aber ich arbeite beständig daran und versuche meine Unzulänglichkeiten zu bekämpfen. Jeder kleine Erfolg ist ein gutes Gefühl. Das Leben sollte aus einer Vielzahl von guten Gefühlen bestehen. Finden Sie nicht?«

      »Manchmal gehen gute Gefühle aber auch auf Kosten anderer. In der Liebe zum Beispiel.«

      »In der Liebe? Gerade da sollten nur gute Gefühle bei allen Beteiligten vorhanden sein.«

      »Wenn zwei sich lieben und ein Dritter eifersüchtig wird, geht die Rechnung aber nicht auf.« Siebels genoss sein Gespräch mit Sarah Fischer. Er war sich sicher, dass diese Frau allzu leicht zu manipulieren war.

      »Eifersucht ist wirklich kein gutes Gefühl. Ein Gefühl, das man bekämpfen muss. Das man gleich im Keim ersticken muss. Eifersucht macht den Menschen hässlich.«

      »Waren Sie nicht eifersüchtig auf Frau Sydow wegen ihrem jungen Liebhaber?«, brachte Siebels es auf den Punkt.

      Sarah Fischer sah ihn erstaunt an. »Auf diesen Taugenichts?«

      »Hatten Sie etwas mit ihm?«, fragte Siebels frei heraus.

      »Einen One-Night-Stand, wenn Sie es genau wissen wollen.« Sarah Fischer zuckte mit den Schultern. »Es ist passiert. Vorbei und vergessen. Wer hat Ihnen das denn gesteckt? Nadja?«

      »Immerhin scheint sich dieser Ausrutscher herumgesprochen zu haben. Haben Sie Frau Sydow davon erzählt?«

      »Natürlich habe ich Beate davon erzählt. Freundinnen sollten keine Geheimnisse voreinander haben. Ich habe ihr versichert, dass es ein einmaliges Vergnügen war.«

      »Und? Wie hat sie darauf reagiert?«

      »Sie hat zwei oder drei Tage lang kein Wort mit mir gesprochen und ihrem Herrn von Mahlenburg eine heftige Szene gemacht. Unserer Freundschaft hat das aber keinen Schaden zugefügt. Nach kurzer Zeit war die Welt wieder in Ordnung.«

      Siebels glaubte ihr kein Wort. »Was sagte Jens Schäfer dazu?«

      »Wer?« Sarah Fischer schaute Siebels fragend an.

      »Wissen Sie nicht, wer Jens Schäfer ist?«

      »Nein. Sollte ich?«

      »So heißt Philipp von Mahlenburg im richtigen Leben.«

      »Das hat er mir nicht verraten. Sein Name war mir eigentlich auch egal.«

      »Wollte Philipp von Mahlenburg Sie danach wieder treffen?«

      »Er hat es versucht, ja. Zum Glück habe ich mich nicht darauf eingelassen. Sonst hätte er mir am Ende auch noch ein Kapitel in seinem blöden Buch gewidmet.«

      »Und die anderen Frauen, die er in seinem Buch erwähnt, sind die Ihnen wirklich alle unbekannt?«

      Sarah Fischer zuckte mit den Schultern. »Er nennt sie ja nicht beim vollen Namen. Vielleicht ist eine von ihnen eine Kundin von uns, die er durch Beate kennen gelernt hat. Viele Kundinnen kenne ich ja auch nur vom Sehen. Also ausschließen kann ich es nicht.«

      Eine Kundin betrat den Laden. An einer Leine zog sie einen kleinen weißen Pudel hinter sich her.

      »Hallo Frau Hausmann«, begrüßte Sarah Fischer die übergewichtige Frau, die sich in einen goldglänzenden Minirock gezwängt hatte und Sandalen trug. »Was kann ich für Sie tun?«

      »Dieses Badesalz brauche ich wieder.« Die Frau versuchte sich an die richtige Sorte zu erinnern und Sarah Fischer zog verschiedene Flaschen und Dosen aus den Regalen. Siebels zog sich in eine hintere Ecke des Ladens zurück. Dort stand ein Bücherregal an der Wand. Er schaute sich die Buchrücken an. Bhagwans weiser Weg; Nepal – Das Tor zum Himmel; Die Erleuchtung finden mit Rafhandadschi; Yoga für Anfänger; Yoga für Fortgeschrittene; Meditieren mit Ti Bi Bung. Siebels fragte sich, wer so was liest. Dann fiel sein Blick auf einen Stapel Bücher am Ende des Regals. Das Kamasutra-Buch von Maja Mertens. Siebels nahm eines davon in die Hand. 24,50 Euro stand auf der Rückseite. Die Kundin bezahlte gerade drei Dosen Badesalz und zog ihren Pudel dann wieder zum Ausgang. Siebels ging zur Kasse und legte das Buch hin.

      »Das möchten Sie kaufen?«

      »Können Sie


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