Das tödliche Spiel. Stefan Bouxsein

Das tödliche Spiel - Stefan  Bouxsein


Скачать книгу
Autorin ist übrigens auch eine Kundin von uns.«

      »Tatsächlich? Es ist vom gleichen Verlag wie die Anekdoten des Philipp von Mahlenburg. Ich dachte, Sie hätten noch nie etwas von diesem Verlag gehört.«

      Sarah Fischer betrachtete sich verwundert das Buch. »Komisch. Das war mir gar nicht aufgefallen. Das liegt vielleicht daran, dass wir dieses Buch nicht beim Verlag bestellen. Frau Mertens bringt immer persönlich ein paar Exemplare vorbei, wenn Bedarf ist.« Sarah Fischer wickelte das Buch in Geschenkpapier ein.

      »War Philipp von Mahlenburg denn öfter hier im Laden?«

      »Wenn Beate allein hier war, ja. Montags hatte ich meinen freien Tag. Dienstags hatte Beate ihren freien Tag. Mittwochs kümmerte ich mich um unseren Online-Shop. Donnerstags und freitags waren wir meistens gemeinsam hier und samstags haben wir uns abgewechselt.«

      »Also war er dann eher montags und mittwochs hier?«

      »Ja, Beate mochte nicht so gern allein im Laden stehen. Also hat sie ihn so oft wie möglich hier gehabt. Jedenfalls immer mal für ein bis zwei Stunden.«

      »Maja Mertens und Philipp von Mahlenburg könnten sich also hier im Laden kennen gelernt haben?«

      »Ja, das wäre durchaus möglich. Glauben Sie jetzt etwa, dass er auch was mit ihr hatte?«

      »Zumindest den gleichen Verlag«, überlegte Siebels laut und bekam das Bedürfnis, sich noch einmal mit Maja Mertens zu unterhalten. Siebels bezahlte sein eingepacktes Buch und verließ den Laden. Draußen griff er nach seinen Zigaretten. Dann überlegte er es sich anders und verzichtete auf Nikotin. Schließlich war sein seelisches Gleichgewicht absolut ausgewogen, machte er mit sich selbst aus. Leise pfeifend riss er das Geschenkpapier wieder vom Kamasutra-Buch, schmiss das Papier in einen Abfalleimer neben seinem BMW, öffnete den Wagen und legte das Buch ins Handschuhfach.

       Der neue Fernseher hatte alle nur denkbaren Funktionen und die Bildschärfe war unübertrefflich. Wenn Hanni sich morgens auf den Weg in die Schule machte, machte ich es mir erst richtig gemütlich in ihrem Bett. Manchmal schauten wir jetzt abends sogar gemeinsam einen Film. Angefangen hatte es mit einem Tatort am Sonntagabend. Hanni sträubte sich erst, war dann aber ganz fasziniert von dem Film. Danach wollte sie Sex. Leider hatte sich Hanni dann aber sehr schnell an die neue technische Errungenschaft in ihrem Schlafzimmer gewöhnt. Immer öfter wollte sie sich am Abend noch etwas anschauen. Mal einen Dokumentarfilm, mal einen Western, mal einen Tierfilm. Ich schlief dabei meistens neben ihr ein. Irgendwann weckte sie mich dann und wollte ihre Liebesration abholen. Wenn ein Mann aber erst mal schläft, dann schläft er. Hannilein war dann frustriert und schaute weiter auf die Mattscheibe. Die schönen Abende in der Oper oder in einem Restaurant wurden immer seltener. Die Abende in Hannis Bett entwickelten sich zu wahren Albträumen. So konnte es nicht weitergehen. Ich diente ihr bestenfalls noch als Wärmflasche. Kleine Aufmerksamkeiten wie eine neue Uhr, eine Krawattennadel oder gar ein neuer Anzug fielen bei diesem vielfältigen Fernsehprogramm natürlich auch nicht mehr für mich ab. Einen Rückzug konnte ich in dieser Situation aber auch nicht antreten. Das wäre einer Niederlage gleichgekommen. Kurzerhand wurde ich Mitglied in einer Videothek und besorgte einen Videorekorder, den ich an das hightech TV-Gerät anschloss. Ich lies nun mit Vorliebe Pornos in Hannis Schlafzimmer laufen und Hanni war sehr empört über diesen neuen Zustand. Ein paar üble Horrorfilme hatte ich zwar auch auf Lager, aber die schlugen mir zu sehr auf das Gemüt. Hanni bekam also die volle Pornodröhnung. Sie bekam nun Dinge zu sehen, die sie zuvor noch nie gesehen hatte. Für ihre romantische Ader waren diese Filme das pure Gift. Ich mochte diese Streifen auch nicht sonderlich, aber für das Finale unserer Beziehung waren sie nun unentbehrlich. Anstatt des stundenlangen Austauschens von Zärtlichkeiten, mit denen der Anfang unserer Beziehung geprägt war, ging es nun schnell und triebhaft zur Sache. Ich erniedrigte Hanni mit der Gewissheit, dass unser Techtelmechtel danach ein für alle Mal der Vergangenheit angehören würde. Es war an der Zeit, ein neues Kapitel aufzuschlagen. Hanni zeigte sich auch sehr verstört und verbrachte den Rest der Nacht auf dem Sofa im Wohnzimmer. Ich blieb noch in ihrem Bett und gönnte mir eine wundervolle Fernsehnacht. Am nächsten Morgen wartete ich, bis Hanni in die Schule ging. Dann verließ ich ihre Wohnung und kehrte nicht mehr wieder. Die Pornos ließ ich ihr als Andenken zurück.

      Das Taxi hielt vor dem Goethe-Gymnasium. Einige Schüler lungerten rauchend vor dem Schultor herum. Till klappte das Buch zu, bezahlte den Taxifahrer und begab sich seit langer Zeit wieder einmal in die Schule. Kurz darauf saß er dem Schulrektor gegenüber. Fast wie in alten Zeiten, dachte Till. Der Rektor sah ihn besorgt an. »Frau Schmücker hat sich vor einer Woche krankgemeldet. Warum möchte die Polizei sie denn jetzt sprechen?«

      »Wir brauchen sie nur für eine Aussage«, beschwichtigte Till ihn. »Eventuell kann sie Angaben machen, die in einem aktuellen Fall hilfreich sind.«

      »Es geht hoffentlich nicht um einen unserer Schüler«, hakte der Rektor nach und klang weiterhin sehr besorgt.

      »Nein, da machen Sie sich mal keine Gedanken. Mit der Schule hat das nichts zu tun.«

      »Sehr merkwürdig«, raunte der Rektor. »Frau Schmücker lebt meines Wissens sehr zurückgezogen. In ihrem Leben gab es immer nur die Schule. In was ist sie da bloß hineingeraten?«

      »Ich kann Ihnen da wirklich keine Informationen geben«, bedauerte Till. »Ist Frau Schmücker denn beliebt bei ihren Schülern?«

      »Die Schüler haben den nötigen Respekt vor ihr. Das ist das Wichtigste im Lehrberuf. Wenn eine Lehrerin wie Frau Schmücker ausfällt, bringt das den ganzen Betrieb durcheinander. Sie unterrichtet die zwölfte Klasse. Die Vorbereitungen für die Abiturprüfungen sind nicht zu unterschätzen. Frau Schmücker hat noch nie wegen Krankheit gefehlt. Ich hoffe, Sie kommt bald wieder.«

      »Wie lange unterrichtet sie denn schon an dieser Schule?«

      »Seit über fünfzehn Jahren. Von welcher Abteilung kommen Sie eigentlich?«, fragte der Direktor argwöhnisch.

      »Mordkommission.«

      »Mordkommission? Ach du meine Güte. Ich bin auch für den guten Ruf der Schule hier verantwortlich. Also habe ich auch ein Recht darauf zu erfahren, um was für eine Sache es sich hier handelt.«

      »Sie haben kein Recht darauf«, sagte Till gelassen und gab trotzdem bereitwillig ein paar Details preis. »Wir ermitteln im Mordfall Beate Sydow. Sie wurde auf ihrem Grundstück auf dem Lerchesberg höchstwahrscheinlich ermordet. Frau Sydow und Frau Schmücker hatten unter Umständen einen gemeinsamen Bekannten. Dazu wollen wir Frau Schmücker ein paar Fragen stellen. Das ist alles. Der gute Ruf Ihrer Schule ist auf keinen Fall gefährdet.«

      Der Rektor war mittlerweile blass um die Nase geworden. »Beate Sydow? Das ist doch die Stiefmutter von Nadja Sydow. Nadja war auf unserer Schule gewesen.«

      »Das ist ja interessant. Sagen Sie, kann ich eine Klassenliste von Nadja Sydows damaliger Klasse bekommen? Und die Namen ihrer Lehrer?«

      »Was wollen Sie denn damit?«

      »Wir müssen natürlich jedem Hinweis nachgehen. Es geht in diesem Fall nur um einen Namensabgleich. Das machen wir routinemäßig bei jedem Fall. Wir sammeln so viele Namen wie möglich, die in irgendeiner Verbindung zum Opfer standen. Dann schauen wir nach möglichen Querverbindungen. Das ist alles.«

      »Das klingt ja nach einer Rasterfahndung. Und das in meiner Schule. Ist das überhaupt rechtens? Kann ich das aus Datenschutzgründen überhaupt zulassen?«

      »Das fragen Sie am besten Ihren Datenschutzbeauftragten.«

      »Das werde ich tun.«

      »Jetzt gleich bitte«, bat Till.

      Der Rektor sah nervös auf seine Uhr. »Das ist jetzt schlecht, mein Unterricht beginnt in einer Minute. Ich kann die Schüler nicht warten lassen.«

      Till lehnte sich entspannt zurück und bekam große Lust, den Rektor zu ärgern.

      »Was unterrichten


Скачать книгу