Das tödliche Spiel. Stefan Bouxsein

Das tödliche Spiel - Stefan  Bouxsein


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      »Ich wollte einfach wissen, was für ein Typ das ist. Damals habe ich seinen richtigen Namen rausgefunden und seine Adresse. Das hat mich natürlich neugierig gemacht. Philipp von Mahlenburg, der eigentlich Jens Schäfer heißt und im Sandweg wohnt. Ich bin einige Zeit später einfach mal bei ihm aufgetaucht.«

      »Und, wie hat er reagiert?«

      »Wie es zu erwarten war. Es war ihm peinlich, dass seine Masche als von Mahlenburg aufgeflogen ist. Er hatte alle möglichen Ausreden, warum er diese Nummer abzog. Dann wollte er mit mir ins Bett.«

      »Wurde er aufdringlich?«

      Nadja lächelte. »Nein. Er hat es auf seine charmante Tour probiert. Ich habe ihm gesagt, dass ich ihn für einen armen Wicht halte, und bin wieder gegangen.«

      »Und danach gab es keine Kontakte mehr zwischen Ihnen beiden?«

      »Nein. Aber warum fragen Sie das?«

      »Und zu Ihrer Stiefmutter hatte er auch keinen Kontakt mehr gehabt?«

      »Nein. Jedenfalls weiß ich davon nichts. Ich hatte ja auch nur sehr selten Kontakt zu ihr. Glauben Sie wirklich, dass er sie umgebracht hat? Aber warum?«

      »Wir glauben gar nichts. Wir wundern uns nur über dieses Buch und den inhaltlichen Zusammenhang mit der Tat.«

      »Wahrscheinlich nur ein dummer Zufall«, mutmaßte Nadja.

      »Kennen Sie auch eine von den anderen Frauen, von denen er in seinen Anekdoten berichtet?«, wollte Till wissen.

      »Nein. Woher denn?«

      »Nur so ein Gedanke.«

      »Wie war das mit Sarah Fischer? Sie hat Herrn von Mahlenburg Avancen gemacht, sagten Sie. War sie in ihn verliebt?«

      Nadja schüttelte mit dem Kopf. »Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Sie wollte ihn nur in ihr Bett kriegen. Meine Stiefmutter war fünfzehn Jahre älter als Jens Schäfer, Sarah nur sechs Jahre. Da dachte sie, dass sie bei ihm erst recht Chancen hätte.«

      »Wissen Sie das von Ihrer Stiefmutter?«

      »Ja. Und von Jens Schäfer. Ich nenne ihn lieber beim richtigen Namen.«

      »Wann hat er Ihnen das erzählt?«, fragte Siebels erstaunt.

      »Als ich ihn besuchte. Ich wollte wissen, warum es zwischen ihm und meiner Stiefmutter aus sei. Er sagte, dass er halt kein Mann für längerfristige Beziehungen sei und dass meine Stiefmutter ihn zu sehr eingeengt hätte. Und dann sagte er, dass Sarah Fischer ihm ständig schöne Augen gemacht hätte. Als es dann eines Tages passiert war, wollte er beide loswerden, Bea und Sarah. Bevor er zwischen ihnen zermalmt wird, hat er gesagt.«

      »Ach, es lief tatsächlich etwas zwischen Jens Schäfer und Sarah Fischer?«

      »Was denken Sie denn? Der lässt sich keine Gelegenheit entgehen, wenn er eine Frau ins Bett kriegen kann, und Sarah wollte ihn.«

      »Das ist ja sehr interessant«, sagte Siebels und machte sich Notizen in seinem Notizbuch.

      »Damit will ich aber nicht sagen, dass Sarah meine Stiefmutter umgebracht haben könnte. Die ganze Geschichte war ja längst vorbei.«

      »Es gab auch Differenzen im geschäftlichen Bereich zwischen den beiden, sagten Sie vorhin«, kam Till auf Nadjas Aussage zurück. »Was waren das denn für Differenzen?«

      »Da ging es hauptsächlich um finanzielle Angelegenheiten. Meine Stiefmutter war finanziell unabhängig. Für sie war dieser Laden mehr Zeitvertreib als Geschäft. Für Sarah ist es die Existenzgrundlage. Da sieht man manche Dinge halt aus einer anderen Perspektive. Außerdem ist Sarah mit Leib und Seele Esoterikerin. Sie glaubt an allen möglichen Humbug. Meine Stiefmutter war da sehr viel rationaler. Für sie waren bunte Steinchen einfach nur schöne Dekoration. Für Sarah hingegen liegen in bunten Steinchen starke Kräfte verborgen, solange die Steinchen nur aus Indien stammen.«

      »Sie wollen Psychologin werden, habe ich gehört. Das scheint Ihnen zu liegen, Sie haben eine gute Menschenkenntnis.«

      »Wo haben Sie das denn gehört?«, fragte Nadja neugierig.

      »Dr. Ritter hat es mir erzählt.«

      »Ach, Dr. Ritter. Ja, dann wissen Sie ja auch, dass ich bald mein Studium abschließe und dann an das große Geld komme. Ich habe also kein Motiv, meine Stiefmutter umzubringen.«

      »Gibt es denn andere Erben für das Haus und das Vermögen Ihrer Stiefmutter?«

      »Ich befürchte, dass meine Stiefmutter Sarah Fischer in ihrem Testament bedacht hat. Ich werde bestimmt auch etwas erben. Aber meine Erbschaft von meinem Vater dürfte um einiges höher ausfallen. Und solange ich studiere, habe ich ein ordentliches monatliches Taschengeld, das Dr. Ritter mir auszahlt. Ich müsste also ziemlich dumm sein, wenn ich in dieser Situation einen Mord begehen würde.«

      »Sie sollen aber alles andere als dumm sein, habe ich gehört.«

      Nadja lächelte. »Ach, dieses Gerede von der hochbegabten Nadja geht mir ziemlich auf die Nerven. Ich bin genauso dumm auf die Welt gekommen, wie alle anderen auch. Der Unterschied ist der, dass ich mich gerne anstrenge und lange auf etwas konzentrieren kann. Ich spiele zum Beispiel ganz passabel Klavier. Aber ich habe auch viel und lang und oft geübt, während meine Freundinnen damals ihre Zeit lieber mit Gameboys verplempert haben. So ist das auch mit allen anderen Dingen, in denen ich gut bin. Wenn ich eine Sache gut beherrschen will, muss ich üben, üben und nochmals üben. So wie jeder andere auch. Ich tue es halt auch und habe Spaß dabei.«

      Siebels nickte und dachte darüber nach, wie seine Tochter damals ihre Zeit verbracht hatte. Soweit er wusste, hatte sie erst mit Puppen und später mit einem Gameboy gespielt. Er fragte sich, ob er seinen Sohn bei Zeiten zum Klavierunterricht schicken sollte. »Leben Sie in einer festen Beziehung?«, fragte er Nadja dann spontan.

      »Nein. Ich bin Single und zufrieden. Und Sie?«

      »Ich heirate bald zum zweiten Mal«, gab Siebels freimütig zu und erhob sich von seinem Platz. »Da haben Sie uns ja schon ein Stück weitergeholfen. Falls es weitere Fragen geben sollte, melden wir uns wieder.«

      »Ich muss mich um die Beerdigung kümmern«, sagte Nadja. »Wo ist meine Stiefmutter jetzt?«

      »Sie ist noch in der Gerichtsmedizin. Aber der Leichnam wird bestimmt bald freigegeben. Jemand wird sich bei Ihnen melden. Sie können auch eine Pietät beauftragen. Die wird sich dann mit der Gerichtsmedizin in Verbindung setzen.«

      »Ja, das werde ich wohl tun.«

      »Und jetzt?«, fragte Till, als die beiden wieder im Wagen saßen.

      Der Biene Maja Song kündigte einen Telefonanruf an. Siebels nahm das Gespräch entgegen. Es war Charly.

      »Ist Till in der Nähe?«, wollte Charly wissen.

      »Sitzt neben mir. Willst du ihn sprechen?«

      »Schalte auf laut, dann wisst ihr beide Bescheid. Ich habe Hanni ausfindig gemacht. Hanna Schmücker, Lehrerin am Goethe-Gymnasium. Es ist jedenfalls die einzige Lehrerin in Frankfurt, auf die Tills Beschreibung zutrifft.«

      »Danke, Charly«, sagten Siebels und Till im Chor.

      »Und jetzt fahre ich in den Laden von Sarah Fischer und du nimmst dir ein Taxi zum Gymnasium. Ein bisschen Schule und Lehrerin kann bei dir ja nix schaden.«

      »Vielleicht bekommst du ja ein paar bunte Antiraucher-Steinchen aus Indien verschrieben«, lästerte Till und stieg aus. Bevor er die Tür zuwarf, beugte er sich noch mal in den Wagen. »Mein Buch. Ich will mein Buch wiederhaben.«

      »Ja, ja, das bekommst du morgen.«

      7

       Mein perfekter Plan

       Mein Plan lief reibungslos an und der eitle Pfau


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