Karin Bucha Staffel 6 – Liebesroman. Karin Bucha

Karin Bucha Staffel 6 – Liebesroman - Karin Bucha


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keinen wüßte, der ihr etwas schicken könnte.

      Sie eilt die Treppe empor, nachdem Babette ihr versichert hat, es sei nicht aus dem Ausland.

      Ein großer Karton steht in ihrem Wohnzimmer auf dem Tisch. Mit Erstaunen betrachtet sie ihn und liest die Adresse: »Modehaus Zander« lautet der Absender.

      Sie löst die Schnüre und hebt den Deckel ab. Vor ihr liegt ein Abendkleid in zartlila, eine vollständige Abendrobe mit Schuhen und Handtasche sowie langen Handschuhen.

      Wie angewurzelt steht sie vor der Pracht. Dann ruft sie nach Babette, die sofort angelaufen kommt.

      »Was gibt es denn?«

      Amelie hält ihr das bezaubernd schöne Kleid entgegen, und dabei fällt eine Karte heraus.

      »Dein Geburtstagsgeschenk von Onkel Matthias!«

      Sie läßt sich sprachlos auf den nächsten Stuhl fallen.

      »Das kann doch nicht möglich sein«, murmelt Babette, die die Karte mitgelesen hat. Sie dreht sich Amelie zu. »Und Sie haben kein Wort verlauten lassen, daß Sie gestern Geburtstag hatten. Wußte es denn der Professor?«

      Amelie schüttelt den Kopf, und Babette jammert weiter:

      »Keinen Geburtstagskuchen, kein festliches Mittagessen!« Kopfschüttelnd geht sie aus dem Zimmer. Sie wird Amelie jetzt einen besonders netten Kaffeetisch decken und die roten Rosen dazustellen. Ob die wohl auch vom Professor sind?

      Es geschehen noch Zeichen und Wunder. Sollte sich der Professor ihre Worte zu Herzen genommen haben?

      Amelie hängt die Pracht vorsichtig in ihren Schrank und legt die Kleinigkeiten, die das Abendkleid ergänzen, in die Schubfächer.

      Am Abend, als sie ausgeruht das Krankenhaus betritt, um ihren Dienst zu beginnen, sucht sie zuerst ihren Onkel auf.

      »Na?« fragt er, als sie zaghaft näher kommt. Sie reicht ihm die Hand.

      »Ich danke dir für das wunderschöne Kleid mit Zubehör.«

      »Hat es dir wenigstens gefallen?« fragt Martens.

      »Es ist wunderschön, Onkel Matthias. Du hast einen guten Geschmack entwickelt.«

      »Der Dank dafür gebührt Manila Rietberg.«

      Amelie ist zumute, als würde ihr ein Kübel Wasser über den Kopf gegossen. Er hat es nicht selbst ausgewählt, hat einfach jemanden damit beauftragt. Und ausgerechnet Manila, die sie nicht leiden kann!

      Jetzt mag sie das Kleid nicht mehr leiden. Wortlos verläßt sie sein Zimmer.

      Was Martens ihr verschweigt, ist, daß er Manila zufällig im »Modehaus Zander« getroffen hat und daß sie ihm ein anderes Kleid aufschwatzen wollte, das er für Amelie durchaus nicht passend fand.

      Selbst auf die Gefahr hin, sich Manilas spitzer Zunge auszusetzen, hatte er jede Kleinigkeit mit Sorgfalt gewählt, und es hatte ihm riesigen Spaß gemacht. Vor Amelie aber hätte er nie eingestanden, daß er, der Mann, dem die Frauen doch gleichgültig sind – was er stets zu betonen pflegte –, sich um solche Sachen höchstpersönlich be­müht hat.

      Es ist ihm jetzt noch peinlich, daß ausgerechnet Manila ihn dabei überrascht hatte. Als sie von ihm erfuhr, daß es ein Geburtstagsgeschenk für Amelie sei, hatte sie ein mehr als gewagtes Kleid vorgeschlagen; und als er es ablehnte, war sie davongerauscht.

      Er ahnt nicht, daß Amelie tief beleidigt ist, er wundert sich nur, daß sie auf einmal wieder viel verschlossener ihm gegenüber ist.

      Als er sie zwei Wochen später fragt, ob sie gemeinsam ausgehen wollen, verneint sie.

      »Aber wir müssen doch das neue Kleid ausführen«, sagt er ganz bestürzt.

      »Das Kleid paßt nicht. Es muß geändert werden. Ich habe mich zudem schon mit Doktor Berthold verabredet.«

      »Ich verstehe.« Er verneigt sich übertrieben höflich. »Dann wünsche ich viel Vergnügen…«

      Sie sieht ganz verzweifelt hinter ihm her. Jetzt hat sie ihn verärgert. Wütend über sich selbst sucht sie ihr Zimmer auf.

      Was mache ich nur? Lieber Gott, was mache ich nur? Ich muß ausgehen, damit er den Schwindel nicht merkt. Aber wie erreiche ich Dr. Berthold?

      Nein! Sie wird gar nicht ausgehen, sondern sich schlafen legen.

      Im Bett weint sie sich in den Schlaf. Sie ist unglücklich über sich selbst. Sie hätte wieder ein paar schöne Stunden in der Gesellschaft ihres Onkels verbringen können. Und nun hat sie sich selbst um die Freude gebracht und ihn zurückgestoßen.

      *

      Martens ist wirklich wütend. Er bleibt im Krankenhaus, obgleich er es sich in letzter Zeit angewöhnt hatte, die Abendmahlzeiten gemeinsam mit Amelie einzunehmen, falls sie beide gerade keinen Dienst hatten.

      Er fühlt sich in seiner Eitelkeit tief verletzt, und Dr. Berthold, der am nächsten Tag bei der Visite zugegen ist, bekommt diese Wut zu spüren. Martens schnauzt den jungen Arzt ein paarmal so heftig an, daß dieser keine seiner berühmten lockeren Antworten zu geben vermag.

      Später stellt der Professor ihn im Flur.

      »Verzeihen Sie, Berthold«, sagt er reumütig und reicht dem Arzt die Hand, die dieser verwirrt ergreift. Mit gemischten Gefühlen sieht er hinter dem Professor her, der mit schnellen Schritten den Korridor entlangläuft.

      Hm! Der Alte wird recht merkwürdig. Er hat ihn schon häufig angepfiffen, aber sich noch niemals entschuldigt.

      Der lebt bestimmt nicht mehr lange, denkt Berthold übermütig, wenn er sich nach einem Anschnauzer entschuldigt.

      Immerhin, er hat es getan, und dazu gehört bei einem Mann wie dem Professor allerhand Selbstüberwindung.

      Amelie steckt den Kopf zum Ärztezimmer herein, als Berthold gerade in einen neuen Kittel schlüpfen will.

      »Nun, wie steht es?« fragt sie und kommt langsam näher. »Er war wieder ekelhaft zu Ihnen.«

      »Stellen Sie sich vor, er hat sich soeben bei mir entschuldigt«, platzt Berthold heraus.

      »Was Sie nicht sagen.« Amelie setzt sich schnell hin und betrachtet den jungen Arzt wie ein Wundertier. »Wirklich und wahrhaftig entschuldigt?«

      »Sogar mit Händedruck«, vervollständigt Berthold seinen Bericht.

      »Du lieber Gott«, stößt sie leise hervor.

      »Das habe ich auch gedacht, sogar noch etwas mehr. Der lebt bestimmt nicht mehr lange.«

      Amelie mißt ihn mit einem wütenden Blick.

      »Deswegen brauchen Sie nicht gleich frivol zu sein«, faucht sie ihn an.

      »Entschuldigen Sie, meine Gnädigste. Heute scheinen hier alle einen kleinen Tick zu haben.« Sagt’s und verschwindet.

      Amelie geht wieder ihrer Arbeit nach, aber der Vorfall geht ihr nicht so schnell aus dem Kopf.

      Und dann trifft sie den Onkel an einem der nächsten Tage wieder im Haus.

      »Na, wie war es neulich abend?« erkundigt er sich.

      »Ich war gar nicht aus.« Das klingt recht kleinlaut.

      Er hebt die Augen. »Hat dich der Herr Doktor versetzt?«

      In Amelie steigt die kalte Wut empor. Von der Tür her sagt sie:

      »Ich war gar nicht mit ihm verabredet.« Ehe er noch eine Antwort findet, knallt sie die Tür zu, daß es durch das ganze Haus schallt.

      So – nun weiß er, daß ich ihn belogen habe. Nun wird er natürlich nachdenken. Dabei hat er mich nur wegen des Kleides gereizt, das nicht er, sondern diese Manila Rietberg ausgewählt hat.«

      Amelie kommt sich wieder einmal einsam und verlassen vor.

      *

      Tage


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