Wyatt Earp Staffel 8 – Western. William Mark D.
»Aber nicht doch, Kind…«
Grußlos rannte Mary Rut zur Tür. Da blieb sie stehen und sagte leise: »Gute Nacht, Mister Earp. Gute Nacht, Doc Holliday.«
Die beiden Männer erhoben sich.
»Gute Nacht!«
Damit war sie draußen.
Hadron bat um Entschuldigung für das etwas kindliche Verhalten seiner Tochter.
»Wissen Sie, im Grunde ist es genauso, wie sie sagte: Ich hätte tausendmal lieber einen ganz gewöhnlichen Cowboy als Schwiegersohn auf der Ranch gesehen, einen Burschen, der mir die Leitung der Ranch abnehmen kann, als diesen gelackten Burschen.«
»Was ist er für ein Mensch?«
Der Rancher zuckte mit den Schultern.
»Mary Rut hat ihn auf dem Geburtstag ihrer Freundinnen drüben in der Stadt kennengelernt. Anfangs mochte sie ihn gar nicht. Aber der Junge war zäh. Und eines Tages stimmte sie dann zu…«
*
Es war weit nach Mitternacht, als die beiden Dodger in die Stadt zurückkamen.
Sie sahen Licht im Sheriffs Office und fanden noch einen der Deputies vor.
»Wie steht’s mit Brack?« fragte Holliday sofort.
»Schlecht. Ich war gerade oben bei ihm.«
Der Sheriff wohnte im selben Haus oben, in dem unten sein Bureau war.
»Ist ein Arzt bei ihm gewesen?«
»Ja, Doc Brown. Er hat gesagt, er könne nichts tun, was Doc Holliday nicht schon getan hätte.«
Die beiden gingen hinauf.
Brack lag auf seinem Bett, mit eingefallenem, bleichem Gesicht, schweißnaß.
Neben ihm saß seine Frau, die sich sehr bemühte, ihre Tränen zurückzuhalten.
Eine kleine Kerosinlampe warf einen matten Lichtschimmer in den Raum.
Brack hatte die Augen geöffnet und sah die beiden Männer an.
»Wyatt«, keuchte er tonlos, »haben Sie ihn?«
Der Marshal nickte.
»Es war Danley. Er steckt im Jail. Und Grape habe ich mir gleich mitgegriffen.«
»War… der auch… in…«
»Ja, er tauchte plötzlich auf, als Doc Holliday die Kugeln aus Ihrer Brust holte.
Die Augen des Sheriffs wanderten zu dem Spieler.
»Thanks, Doc, thanks. Brown… der alte Schlachter… hat gesagt… er sei…«
Holliday legte einen Finger auf den Mund.
»Am besten schlafen Sie jetzt, Sheriff. Morgen, wenn die Sonne in Ihr Fenster scheint, geht es Ihnen besser.«
Das war so sehr zuversichtlich gesagt, daß Brack die Augen weit aufriß und mit bittender Stimme fragte:
»Meinen Sie das wirklich, Doc? Ist es Ihr Ernst?«
Sie hielten beide den Atem an, die Bracks.
Und der Marshal schloß für eine Sekunde die Augen.
»Ja, Sheriff, es ist mein Ernst. Ich bin sicher, daß es Ihnen morgen bessergehen wird. Schlafen Sie nur ruhig ein. Sie wissen doch, der große Manitu läßt Unkraut nicht so rasch vergehen…«
Sie gingen mit der Frau hinaus.
Trotz ihrer Sorgen fragte sie: »Haben Sie eigentlich ein Quartier?«
Holliday nickte. »Ich ja. Aber der Marshal nicht.«
»Wenn ich Ihnen das Zimmer unseres Jungen anbieten darf, Marshal? Mein Mann würde sich sicher freuen, wenn ich ihm… morgen… wenn ich ihm morgen sagen kann, daß Wyatt Earp unter seinem Dach geschlafen hat.«
Es war sehr spät geworden, als sich der Missourier endlich in der kleinen Kammer, in der der Brack-Junge geschlafen hatte, als er noch in der Stadt lebte, in das sauber bezogene Bett niederlegte.
Die Texasnacht mit einem prachtvollen Sternenhimmel stand über der Sierra Arcada und deckte alle Geheimnisse zu. Weit draußen, siebzehn Meilen vor der Stadt, hockte in der Küche einer kleinen Ranch ein Mann vor einer Whiskyflasche am Tisch. Er hatte das Gesicht einer Bulldogge…
*
Doc Holliday war schon um halb acht im Office.
Ein langaufgeschossener Deputy begrüßte ihn.
»Sie sind Doc Holliday, nicht wahr?«
»Ja. Wissen Sie, ob Mrs. Brack schon auf ist?«
»Ja, ich höre sie schon seit einer Stunde in der Stube und im Flur herumhantieren.«
Holliday klopfte an die Tür zum Korridor.
Ein großer Hund kam aus dem Hof und schnupperte die Luft ein.
»Hallo!«
Holliday hatte es nicht sehr laut gerufen.
Niemand meldete sich.
Mit ganz schwerem Herzen stieg der Spieler die Treppe hinauf und lauschte oben an der Tür, hinter der er in der Nacht den Sheriff verlassen hatte.
Er pochte leise an. Und da er auch hier keine Antwort erhielt, öffnete er die Tür einen Spalt breit.
Drüben im Bett lag mit bleichem Gesicht, aber sehr wachen und lebendigen Augen Sheriff Brack.
Holliday trat rasch ein, blieb stehen und rief: »Morning, Sheriff!« Er strahlte selbst über das ganze Gesicht und wußte es nicht. Ein Würgen in der Kehle hatte ihn hergetrieben und den schweren Gang die Treppe hinaufbegleitet.
»Doc! Ich lebe! Und ich weiß jetzt, daß ich über den Berg bin! Ich verdanke Ihnen alles!«
»Nicht doch!«
»Lassen Sie nur. Ich weiß, was ich sage.« Das Sprechen bereitete ihm ziemlich viel Mühe, aber er sprach dennoch weiter.
»Wyatt Earp wollte es nicht haben. Er hat mich doch gar nicht mitnehmen wollen…«
Holliday trat an das Fenster und öffnete es. Der rotgoldene Schein der Morgensonne flutete, alles mit einem glühenden Glanz bedeckend, in den kleinen Raum.
»Sie haben es… gesagt… Doc! Ich lebe!«
Der Spieler ging hinaus, um den Marshal zu wecken.
Auf sein Klopfen erhielt er keine Antwort.
»Wyatt?«
Nichts.
Da öffnete er auch diese Tür. Sein Blick flog hinüber zum Bett.
Leer!
Holliday machte zwei, drei Schritte vorwärts.
Keine Spur von dem Missourier. Auch all seine Dinge – Hut, Waffengurt, Stiefel, Weste – nichts war zu sehen. Er hatte das Bett benutzt.
Der einstige Arzt sog die Luft tief ein und hatte plötzlich eine scharfe Falte auf der Stirn stehen. »Curilla«, kam es über seine Lippen.
Das Fenster stand weit offen.
Holliday blickte hinaus.
Da sah er zu seiner Verblüffung eine Leiter am Haus lehnen.
Sofort rannte er hinunter in den Hof.
Neben dem Leiterfuß fand er die Spuren mehrerer Männerstiefel.
Ahnungsvoll lief er zum Stall hinüber.
Die Pferde waren beide verschwunden. Der Rappe und auch der Schecke.
Holliday eilte ins Office.
Der schlaksige Sheriffshelfer grinste ihm entgegen.
»Wie