Bettina Fahrenbach Staffel 5 – Liebesroman. Michaela Dornberg
sie hatte keine Ahnung, wann für sie die Hochzeitsglocken läuten würden. Jan war in Afghanistan, sie hatte keine Ahnung, wann er zurückkehren würde. Im Grunde genommen hatte sie von nichts eine Ahnung.
Sie blickte auf den schmalen Platinring an ihrem linken Ringfinger.
Sie war verlobt, aber all die Gespräche, die einer Verlobung vorausgingen, die ihr unmittelbar danach folgten, die hatten nicht stattgefunden. Das machte es alles wohl auch so unwirklich … Aber verlobt war sie schon, und Jan würde sie heiraten, das hatte sie …, Bettina legte den Gang ein und fuhr los, das hatte sie sogar schriftlich.
Sie dachte an die Hochzeit von Linde und Martin, an die von Markus und Yvonne … Das waren große Feste gewesen mit vielen Gästen, weil das in Fahrenbach einfach dazu gehörte.
Eines war sicher, zu so was würde sie Jan niemals bewegen können, und das war auch nicht ihr Ding.
Sie konnte froh sein, dass sie zwar eine echte Fahrenbach war, aber sie war hier nicht geboren, und deswegen erwartete man das auch nicht von ihr, wie es bei Linde und Markus und Martin der Fall gewesen war. Die hatten bei fast jedem der alten Fahrenbacher als Kinder auf dem Schoß gesessen, da wäre es undenkbar gewesen, die bei der Hochzeit auszuschließen.
Aber …, wie würde ihre Hochzeit verlaufen? In welchem Rahmen würde sie stattfinden?
Jan würde es vermutlich klammheimlich machen wollen, aber damit wäre sie niemals einverstanden, zumindest ihre Familie, die engsten Freunde müssten dabei sein.
Sie gab Gas.
War es nicht verfrüht, sich deswegen jetzt den Kopf zu zerbrechen?
Es gab ja noch nicht einmal einen Termin, und der Bräutigam, mit dem sie das alles hätte besprechen können, schwirrte in der Weltgeschichte herum.
Ihre Gedanken gingen zu den jungen Leuten zurück, die so voller Enthusiasmus gewesen waren, voller Energie, ganz besonders diese Lissy, die ganz genau wusste, was sie wollte.
Es würde also eine Hochzeit auf dem Fahrenbach-Hof geben, das machte sie irgendwie glücklich, und sie würde sofort nach ihrer Rückkehr mit Arno wegen des Umbaus der Remise sprechen. Es waren schon so viele Vorarbeiten getan, und – unabhängig jetzt von dieser Hochzeit – musste etwas geschehen. Die Remise war ein ganz großartiges Gebäude, das vielerlei genutzt werden konnte. Babsi beispielsweise würde sofort eine Vernissage machen, sie und ihr Freund waren von der Remise ja vollkommen hingerissen gewesen. Ja, sie würde etwas unternehmen. Im Grunde genommen hatte sie es, wenn sie ganz ehrlich war, wegen Jan aufgeschoben, dem viele Menschen auf dem Hof ein Gräuel waren, und durch die Remise würden es ja noch mehr. Aber wegen Jan konnte sie ein solches Gebäude nicht ungenutzt vergammeln lassen.
Ja, sie würde mit Arno reden, der schließlich auch schon die Pläne in der Hand hatte, die von seinem Neffen gemacht worden waren, der auch schon den Umbau des ehemaligen Gesindehauses betreut hatte.
*
Bettina hatte es sich gerade gemütlich gemacht, sie wartete auf den Beginn eines spannenden Krimis, als Leni plötzlich im Zimmer stand.
Krimi ade …
Natürlich wusste Bettina sofort, weswegen Leni gekommen war. Heute waren Yvonne und Christian nach Malawi abgeflogen, und Leni verhielt sich den ganzen Tag über schon so, als habe man ihre Tochter aufs Schafott geführt. Dabei war sie doch nur für ein paar Wochen in einer guten Sache unterwegs und würde für Ärzte ohne Grenzen Kindern helfen.
Bettina machte ihren Fernseher aus, stand auf, holte ein zweites Glas, schenkte von dem köstlichen Rotwein ein, dann blickte sie Leni an, die noch immer wortlos, aber ziemlich aufgelöst mitten im Raum stand.
»Willst du dich nicht setzen, Leni?«, erkundigte sie sich.
»Ich … ich …, es tut mir leid, dass ich störe, du wolltest fernsehen, oder?«
»Wollte ich, aber es ist nicht so wichtig, also komm, setz dich endlich. Du willst mit mir über Yvonne sprechen, richtig?«
Leni nickte und ließ sie in einen Sessel fallen.
»Zu Hause fällt mir die Decke auf den Kopf, außerdem habe ich Arno schon so genervt, dass er richtig ungehalten wurde. Er sagt, dass ich mich wie eine Fünfjährige verhalte, deren Mutter für kurze Zeit das Haus verlassen hat.«
»Na ja, Leni, ein bisschen verhältst du dich ja auch so. Ich kann, ehrlich gesagt, auch nicht verstehen, warum du so durchknallst. Christian hat seinen monatelangen Aufenthalt in Malawi doch auch heile überstanden, und er wird immer in Yvonnes Nähe sein, falls etwas sein sollte. Das sind doch gute Voraussetzungen, und die paar Wochen sind schließlich nicht mehr als ein verlängerter Urlaub.«
»Aber sie ist in Afrika«, erinnerte Leni sie.
Fast hätte Bettina angefangen zu lachen, in Leni schien wirklich die Vision von Menschenfressern, die aus ihren Gefangenen ein leckeres Süppchen oder einen Spießbraten machten, herumzugeistern. Warum stellte sie sich bloß so an? Sie war doch sonst eine patente Frau, die mit beiden Beinen mitten im Leben stand.
»Worum sie zu beneiden ist, es muss, trotz aller Armut, wunderschön dort sein, und die Eingeborenen warten nicht mit Pfeil und Bogen auf die Weißen, sondern sind dankbar für die Hilfe, die sie von ihnen bekommen. Also, ehrlich, Leni, höre bitte auf, dich da in etwas hineinzuschaukeln, was nicht ist. Sei lieber dankbar dafür, dass Yvonne abgelenkt wird von ihren Problemen.«
»Ja, aber …«
Bettina schnitt ihr das Wort ab.
»Kein Aber, Leni, weißt du, passieren kann immer etwas, wenn du dran bist, musst du auf der Straße daherlaufen, und ein Dachziegel fällt dir auf den Kopf.«
Leni nippte an ihrem Wein.
»Du hast ja recht, aber ich komme gegen diese Unruhe einfach nicht an. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich die kleine Bettina abgeben muss, die mir so sehr ans Herz gewachsen ist. Nächstes Wochenende will Veronika sie ja holen, und ich weiß nicht, ob das richtig ist. Sie kann mit der Kleinen überhaupt nicht richtig umgehen.«
»Sie ist die Mutter, und sie wird es schon schaffen, sie hat Menschen an ihrer Seite, die sie unterstützen.«
»Du meinst diesen Lockenkopf, der mit auf dem Hof war?«
»Nein, Flori meine ich nicht. Wenn die Semesterferien vorbei sind, wird er das Hermann-Fahrenbach-Haus wieder verlassen. Veronika hat Mitbewohnerinnen, die sie unterstützen, und auch die Leiterin des Hauses wird ihr beistehen.«
»Alles schön und gut, aber du hast es doch miterlebt, sie kann die Kleine nicht einmal richtig in den Arm nehmen. Bei uns hat Bettinchen es so gut, sie wird umhegt und gepflegt, bekommt von allen Seiten Liebe.«
Leni wollte jetzt einfach nur jammervoll sein, dachte Bettina. Sie war überfordert durch Yvonnes Weggang, und nun sollte sie auch noch die kleine Bettina verlieren, und sie sogar für immer.
»Die wird sie weiterhin bekommen, und, Leni, gerade du solltest dich darüber freuen, dass Veronika ihr Kind zu sich holen will. Hast du nicht all die Jahre ganz schrecklich gelitten, als du nicht wusstest, wo deine Tochter ist, wie es ihr geht?«
Betroffen schwieg Leni eine Weile, dann sagte sie ehrlich: »Du hast recht, Bettina. Es ist egoistisch von mir, die Kleine hier festhalten zu wollen. Vielleicht geht es ja gut.«
»Nicht vielleicht, Leni, es wird gut gehen, im Grunde ihres Herzens ist Veronica ein warmherziger Mensch, sie wird schon den Weg zu ihrer Tochter finden. Ich auf jeden Fall bin glücklich über diese Entwicklung.«
»Du wolltest es ja immer, du hast ihr stets ausgeredet, sie zur Adoption freizugeben, dabei hätte die Kleine bei Yvonne und Markus, die sie ja mit Kusshand genommen hätten, ein wunderbares Leben, sie wäre sorglos und in Wohlstand aufgewachsen. Was kann Veronika ihr denn schon geben?«
»Liebe, Leni, sie kann ihr Liebe geben, und das ist mehr als aller Reichtum der Welt. Weißt du, Leni, ich sag dir jetzt mal was, was du vielleicht nicht hören willst. Yvonne und Markus haben ziemlich egoistisch