Dr. Laurin Staffel 3 – Arztroman. Patricia Vandenberg
halt bemerkbar. Aber wahrscheinlich wolltest du wegen der technischen Assistentin mit mir sprechen.«
Er lachte leise auf. »Ich sage es ja immer, wenn ich dich nicht hätte. Ja, es sind ein paar Bewerbungen eingegangen. Wo habe ich bloß die Unterlagen gelassen?«
»Wahrscheinlich im Wagen. Bleib nur sitzen, ich hole sie schon.«
»Du bist ein Goldschatz«, sagte er zärtlich.
Als sie wieder hereinkam, hatte er eine Flasche Sekt aus dem Keller geholt.
»Nanu, was feiern wir denn?« fragte sie staunend.
»Die zauberhafteste, nachsichtigste und liebevollste Ehefrau, die ein Mann sich wünschen kann. Immer mal muß ich es dir doch sagen, Liebstes.«
Die Bewerbungen lagen unbeachtet auf dem Tisch. Zwei glückliche Menschen umarmten und küßten sich innig.
*
Es vergingen nur ein paar Monate, bis Emilia sich wieder in
der Prof.-Kayser-Klinik anmeldete, diesmal mit strahlender Miene; und lächelnd verkündete ihr Hanna, daß sie möglicherweise wieder mit Inge Büren in einem Zimmer liegen würde. Vielleicht aber auch mit Irene, die ihr süßes Geheimnis noch ein paar Wochen nur mit ihrem Mann teilen wollte.
Aber bis es soweit sein würde, erlebte die Prof.-Kayser-Klinik noch so manches an aufregenden Schicksalen.
Dr. Leon Laurin war wieder einmal in Eile. Er hätte an drei verschiedenen Plätzen zu gleicher Zeit sein sollen.
»Bitte, sorgen Sie dafür, daß ich die Röntgenaufnahmen von Frau Kroll sofort bekomme, Mirja«, sagte er zu dem aparten Mädchen, das seit ein paar Wochen als Röntgenassistentin in der Prof.-Kayser-Klinik tätig war. »Sollten Sie zufällig Dr. Rasmus treffen, sagen Sie ihm, daß ich ihn noch sprechen möchte.«
Mirja Rickmann brauchte nicht auf den Zufall zu rechnen, sie wußte, wo sie Dr. Rasmus treffen konnte, denn er verabschiedete sich von den Stationsschwestern. Anstelle von Dr. Laurin sollte er zu einem Gynäkologenkongreß nach Hamburg fliegen.
»Kommen Sie bloß nicht unter die Räder«, warnte ihn nun Schwester Marie. »Sankt Pauli ist ein heißes Pflaster.«
»Sie müssen es ja wissen, Marie«, scherzte er.
Er verstummte, als Mirja das Schwesternzimmer betrat. Es war ganz eigenartig mit diesem Mädchen. Keiner von ihnen, ob Ärzte oder Schwestern, wagten ihr gegenüber diesen leichten Ton anzuschlagen, der im allgemeinen zwischen ihnen üblich war, und dies nicht etwa, weil Mirja ihnen unsympathisch gewesen wäre. Vielleicht war sie noch zu kurz in der Prof.-Kayser-Klinik, vielleicht aber war es auch dieses gewisse Etwas, das ihr eigen war und das man einfach nicht erklären konnte. Schwester Marie nannte sie heimlich ›Prinzessin‹, und so wirkte sie auch.
Der Kummer um den frühen Tod ihrer Mutter hatte das schöne Mädchen still gemacht.
»Der Chef hätte Sie gern noch gesprochen, Herr Doktor«, sagte sie zu Dr. Rasmus. »Vielleicht können Sie ihn zwischen seinen Terminen erreichen. Ich wünsche Ihnen einen guten Flug, Herr Doktor«, sagte Mirja formell.
»Danke, Frau Rickmann.« Er hatte es eilig, denn dem Wunsch des Chefs wollte er schnell nachkommen.
Auch Mirja eilte weiter.
*
Nur ein paar Minuten hatte Dr. Laurin Zeit für seinen Assistenten Dr. Rasmus gehabt.
»Lassen Sie sich auf dem Kongreß nicht ein Gespräch mit Professor Lorenzen entgehen, Peter«, sagte er freundschaftlich. »Grüßen Sie ihn herzlich von mir, und informieren Sie sich genau über die Fünflingsgeburt, falls uns solches hier auch mal passieren sollte. Vielleicht weiß manch einer der großen Kollegen schon ein bißchen mehr als wir.«
Das bezweifelte Dr. Peter Rasmus, zumindest soweit es Dr. Laurin betraf. Für ihn war er der beste Arzt, und er hätte nicht im Traum daran gedacht, sich ein anderes Vorbild zu suchen.
Dr. Laurin war bereits wieder in seinem Sprechzimmer und untersuchte eine Patientin.
Bei Hanna Bluhme wartete indessen schon Mirja mit den Röntgenaufnahmen. Hanna Bluhme, manchmal liebevoll Blümchen genannt, sah es dem jungen Mädchen an, daß etwas sie bedrückte. Aber sie wollte keine Fragen stellen. Hanna hatte eine Aversion gegen Röntgenaufnahmen, die so manches Mal eine Todesdrohung enthielten.
Sie setzte sich wieder an ihren Schreibtisch, als Dr. Laurin mit Mirja hinter der Tür verschwand.
Dr. Laurin hängte die Aufnahme an den Lichtkasten.
»Eigentlich brauche ich Sie ja nur anzuschauen, Mirja«, sagte er nachdenklich.
»Sie sind erfahrener als ich«, bemerkte sie leise.
»Sie verstehen es ausgezeichnet, Röntgenbilder auszuwerten«, stellte er anerkennend fest.
Er war bald überzeugt gewesen, daß es ein ausgesprochener Glücksfall war, Mirja Rickmann zu engagieren, obgleich ihre aparte Erscheinung anfangs Bedenken in ihm aufkommen ließ. Attraktive Frauen brachten meistens Unruhe in eine Klinik. Aber Mirja war noch ein richtiges Mädchen, und um so verwunderlicher war es, daß sie schon soviel Berufserfahrung besaß. Aber er kannte ihre Lebensgeschichte und wußte, daß sie mit ungeheurem Fleiß und Ehrgeiz bemüht gewesen war, ihrer Mutter Freude zu bereiten.
»Nun, da werden wir schnellstens operieren müssen«, sagte er gedankenvoll.
»Wird es noch Sinn haben?« fragte Mirja leise.
»Das bleibt abzuwarten, aber man darf nie vorzeitig kapitulieren. Wunder gibt es immer wieder, Mirja. Ich habe es oft genug erfahren.«
Wenn es doch auch eines für Mama gegeben hätte, dachte Mirja traurig.
»Ich werde gleich nachher mit der Patientin sprechen. Sie machen heute mal pünktlich Schluß. Das ist eine Anordnung!«
»Aber…«
»Kein Aber, Mädchen. Haben Sie Lust, ins Konzert zu gehen? Ich habe eine Karte geschenkt bekommen.«
»Wenn Sie sonst keine Verwendung dafür haben«, meinte sie vorsichtig.
Er gab sie ihr mit einem aufmunternden Lächeln. »Lenken Sie sich mal ein bißchen ab, Mirja. Wenn Sie sich alles so zu Herzen nehmen, bekommen Sie Kummerfalten, und dazu sind Sie viel zu hübsch.«
Sie lächelte. Ein Kompliment aus Dr. Laurins Mund zählte für sie doppelt.
*
Mirja hatte die Dreizimmerwohnung behalten, die sie mit ihrer Mutter bewohnt hatte. Die Miete war erschwinglich. Zehn Minuten mußte sie mit der S-Bahn fahren und dann nochmals zehn Minuten zu Fuß gehen. Sie hatten damals Glück gehabt, diese Wohnung in dem Zweifamilienhaus zu bekommen. Anna Rickmann hatte die Hausmeisterstelle übernommen, und darum waren sie bevorzugt worden.
Vor ein paar Jahren war das alte Hausbesitzerehepaar gestorben, und die Erben vermieteten nun die Wohnung zu einem beträchtlichen Mietpreis, doch an ihrem konnten sie nichts ändern, weil es ausdrücklich im Testament festgelegt worden war. Dafür mußte Mirja aber auch weiterhin für Ordnung in dem Haus sorgen, was manchmal nicht so einfach war.
Als sie nun heimkam, stand die Haustür offen, und aus der Wohnung tönten streitende Stimmen.
Mirja seufzte in sich hinein. Daß die Hankes immer streiten mußten!
Sie eilte schnell die Treppe hinauf.
Das Obergeschoß war in zwei Wohnungen geteilt. Eine bewohnte Mirja, die andere war vor vier Wochen an einen Junggesellen vermietet worden.
Rolf Hilger lehnte jetzt an der Tür. Er grinste.
»Da kracht es ja mal wieder«, bemerkte er ironisch. »Da soll einem die Lust zum Heiraten nicht vergehen. Darin sind wir uns ja wohl einig, Mirja.«
Sie fand manches an ihm