Gesammelte Werke. Henrik Ibsen
gut.
Lind.
Und nicht wahr, Falk, nun sind wir doch Verlobte?
Falk.
Vermutlich; aber um nicht fehlzuschlagen,
Ich würde doch noch Fräulein Elster fragen.
Lind.
Nein, nein, – ich fühl's ja doch in tiefster Brust!
Ich bin so klar, so stark, so siegsbewußt!
(Strahlend und geheimnivoll.)
Heut nach dem Kaffee stand ich bei ihr – und
Ihr Händchen mußte meinen Druck erhören.
Falk (erhebt sein Glas und leert es.)
Na denn, des Frühlings Glanz in Euren Bund!
Lind (ebenso.)
Und das, das will ich hoch und heilig schwören,
Sie bis zum Tod mit jedem heißen Trieb
Wie heut zu lieben; – denn sie ist so lieb!
Falk.
Verlobt! Das war es also, darum schied
Dein Weg sich vom Gesetz und vom Propheten.
Lind (lachend.)
Und Du, Du glaubtest, Falk, es sei Dein Lied –?
Falk.
Solch starken Glauben haben oft Poeten.
Lind (ernst.)
Doch glaub' nicht, daß in mir der Theologe
In all dem Glück sich selber nun vergißt.
Nur, daß nicht mehr das Buch mein Pädagoge, Mein Führer, meine Jakobsleiter ist. Nun führt zu Gott mich jede Lebensbrücke; Schon schwingt mein Herz in höh'rer Harmonie, – Den Halm, den Wurm vor mir, – wie lieb' ich sie! Sie haben auch ihr Teil am großen Glücke.
Falk.
Doch sag mir nun –
Lind. Was hab' ich mehr zu sagen, –
Als was wir nun zu dritt verschwiegen tragen!
Falk.
Ich meine, dachtest Du schon etwas weiter?
Lind.
Ich, denken? Weiter? Nein, mein Sorgen schwand
In dieser Lenzminuten süßem Brand.
Mein Auge sieht nur Glück und lächelt heiter;
Des Schicksals Zügel ruhn in unsrer Hand.
Und Dich und Goldstadt, ja Frau Halm sogar
Erkenn' ich jedes Einspruchsrechtes bar.
Wo Kraft und warmes Blut zusammenstehen
Wie hier, da muß und wird es aufwärts gehen.
Falk.
Brav, solche Menschen braucht das Glück, mein Bruder!
Lind.
Mein Herze schlug noch nie so frei, so keck.
Ich fühle mich so kräftig, – türm ein Fuder
Geröll vor mich, ich spring' Dir drüber weg!
Falk.
Das will in simpler Prosasprache sagen:
Ich ward ein Renntier, Falk, vor lauter Glück!
Lind.
Na, – laß mich immer wie ein Renntier jagen,
Das Vöglein Sehnsucht weiß den Weg zurück.
Falk.
So kann es morgen seine Kunst schon zeigen;
Du sollst ja ins Gebirg mit dem Quartett.
Nun, eins steht fest, Du brauchst kein Pelzkollett –
Lind.
Pah, das Quartett! Das mag alleine steigen!
Hier atm' ich Höhenluft wie droben nie;
Hier blaut der Fjord, hier überhängt mich Flieder,
Die Laube tönt Gesang, der Himmel Lieder.
Hier wohnt die Glücksfee selbst, – denn hier ist sie!
Falk.
Die Glücksfee hier! So halt sie fest beim Zipfel; –
So selten läßt kein Elch verschwiegne Gipfel.
(Mit einem Blick nach dem Hause.)
Still! – Schwanhild –
Lind (drückt ihm die Hand.)
Gut; ich geh', – und niemand merke,
Was zwischen Dir und mir und ihr im Werke. Dank, daß Du mein Geheimnis nahmst! Begrab' Es tief und warm in Dir, wie ich Dir's gab. (Durch den Hintergrund ab zu den andern.)
(Falk sieht ihm einen Augenblick nach und geht ein paarmal im Garten auf und ab, mit sichtlichem Bestreben, die Aufregung, von der er ergriffen ist, zu bekämpfen. Kurz darauf kommt Schwanhild aus dem Hause, ein Tuch überm Arm, in der Absicht, nach dem Hintergrunde zu gehen. Falk nähert sich ihr ein wenig und betrachtet sie unverwandt; Schwanhild bleibt stehen.)
Schwanhild (nach einer kurzen Pause.)
Sie sehen mich so an –?
Falk (halb vor sich hin.) Da ist der Zug; Im See des Augs beschattet er den Grund, Umspielt mit Spottlust heimlich ihren Mund, Er ist da.
Schwanhild.
Wer? Ich werde draus nicht klug.
Falk.
Sie heißen Schwanhild?
Schwanhild. Allerdings; – weswegen –?
Falk.
Wie lächerlich! Ich bitte Sie verbindlich,
Mein Fräulein, diesen Namen abzulegen.
Schwanhild.
Das wäre eigenmächtig, wenig kindlich –
Falk (lacht.)
Hm, "Schwanhild" – "Schwanhild" – –
(Plötzlich ernst.)
Fühlten Sie noch nie,
Daß ein memento mori aus ihm klage?
Schwanhild.
So ist er häßlich?
Falk. Schön wie Poesie, –
Doch allzu groß und streng für unsre Tage.
Wie könnt' ein Weib der "Jetztzeit" sich berühmen,
Daß sie mit Fug den Namen "Schwanhild" trage?
Nein, fort mit den veralteten Kostümen!
Schwanhild.
Sie denken an das Königskind der Sage –
Falk.
Das schuldlos unter Hengsteshuf geriet –
Schwanhild.
Was heute, dank der Zeit, nicht mehr geschieht.
Nein, hoch im Sattel! Wenn die Nacht oft rauschte,
Durchstürmt' ich träumend wohl auf stolzem Roß
Die Welt, indeß der Sturmwind, mein Genoß,
Der Mähnen Wurf wie Freiheitswimpel bauschte!
Falk.
Das alte Lied, – im Traumreich der Gedanken,
Da kennt man keine Hecken, keine Schranken,
Da muß der Gaul den schärfsten Spornhieb leiden, –
Doch gilt es Taten, sind wir gar bescheiden; Denn jeder schätzt sein Leben teuer ein Und scheut sich, einen Todessprung