Gesammelte Werke. Henrik Ibsen
Dann nahn die Tanten mit der Spritze. –
Allein, ob auch das Gleichnis schon uralt
Und tausendfach den Dichtern nachgelallt,
Ist sein Verständnis doch noch abzuwarten;
Denn wie viel Blumen gibt's in Feld und Garten!
Nun sagen Sie mir, welche ist die Liebe?
Wer wüßte die, bei der kein Zweifel bliebe?
Frl. Elster.
Ein jeder reicht der Rose diesen Kranz, – Verleiht sie doch dem Leben Rosenglanz.
Eine junge Dame.
Sie ist die Anemon', im Schnee versteckt, – Sie wird erst, wenn sie sich erschließt, entdeckt.
Eine Tante.
Sie ist der Löwenzahn, den's just ergetzt, Wenn ihn ein Absatz oder Huf verletzt, Ja, der, zertreten, noch in Triebe ausbricht, Wie das der Dichter Schmidt so köstlich ausspricht.
Lind.
Schneeglöckchen ist sie, – in dein junges Sein, Da läutet sie des Lebens Pfingstfest ein.
Frau Halm.
Nein, Immergrün, das, ob man Juni schreibt, Ob Jänner, stets von gleicher Farbe bleibt.
Goldstadt.
Sie ist isländisch Moos von guter Ernte, Das manche kranke Brust schon schätzen lernte.
Ein Herr.
Sie gleicht der Wildkastanie, – sehr zum Heizen Geeignet, doch die Frucht, sie will nicht reizen.
Schwanhild.
Nein, der Kamelie, die wir auf Soireen Den Kopfschmuck unsrer Damen bilden sehn.
Frau Strohmann.
Nein, nein, sie ist ein Blümlein, klein und nett; –
Ich glaube – grau war's – oder violett –
Wie hieß es doch nur –? Es war gar nicht häßlich – –;
Nein, mein Gedächtnis wird recht unverläßlich.
Stüber.
Ein jedes dieser Blumenbilder hinkt.
Mich mahnt die Liebe mehr an Blumen töpfe, Darin zuerst nur Platz für einen winkt, Doch nach und nach wird Raum für dutzend Köpfe.
Strohmann (inmitten seiner Kinderschar.)
Die Liebe ist vielmehr ein Birnbaum, der Im Lenz von Birnen-Blütenflocken schwer; – Doch rückt das Jahr ein wenig vor, so sehen Wir aus den Blüten grünes Obst erstehen; Das nährt sich denn des Baums, davon es stammt, – Und wird, will's Gott, zu Birnen insgesamt.
Falk.
So viele Häupter, so viel Sinne! Keins
Imstand', den Streit durchs rechte Bild zu enden!
Nicht eines stimmt, – doch hören Sie nun meins, –
Das können Sie beliebig drehn und wenden.
(Erhebt sich in Rednerstellung.)
Im fernen Osten wächst ein seltner Strauch:
Der "Sohn des Himmels" schmückt mit ihm sein Eden –
Die Damen.
Aha, der Tee!
Falk. Ja!
Frau Strohmann (zu ihrem Gatten.)
Grad' so sprichst Du auch,
Wenn Du –
Strohmann. So laß Herrn Falk doch weiter reden.
Falk.
In Wundertälern seine Knospen springen, –
Wohl tausend Meilen hinter Sand und Schnee – –
Füll' mir die Tasse, Lind! Auf Lieb' und Tee
Verlangt's mich einen Teetoast auszubringen.
(Die Gäste rücken dichter zusammen.)
Er wächst in einem Märchenland heran;
Ach, auch die Liebe ist nur da zu finden;
Und nur ein Kind des Sonnenreiches kann
Die seltne Pflanze richtig baun und binden.
Auch hier stimmt Tee und Liebe überein:
Ein Tropfen Sonnenblut muß in uns sein,
Soll Liebe wahrhaft Wurzel in uns schlagen,
Gedeihen, wachsen, Blatt und Blüte tragen.
Frl. Elster.
Doch China ist ein äußerst altes Land, –
Da ist wohl auch der Tee schon lang bekannt –
Strohmann.
Den gab's wohl schon vor Tyrus und Jerusalem.
Falk.
Den kannte man bereits, als Herr Methusalem,
Der selige, noch für ein Knäblein galt –
Frl. Elster (triumphierend.)
Und aller Liebe Wesen ist doch jung!
Hier, scheint mir, hat Ihr Gleichnis einen Sprung.
Falk.
Durchaus nicht, – auch die Liebe ist uralt.
Den Lehrsatz unterschreibt man wohl im Kapland
So gut wie in Kamtschatka oder Lappland.
Ja, von Neapel bis zum Städtchen Brevig
Wird mancher selbst behaupten, sie sei ewig. Na, darin liegt natürlich Übertreibung, – Doch alt ist sie, – das spottet der Beschreibung.
Frl. Elster.
Doch Lieb' und Lieb' ist eins – bedünkt mich's recht, –
Hingegen Tee – den gibt es gut und schlecht.
Frau Strohmann.
Ja, Tee hat man in mancherlei Sortierung.
Anna.
Da ist der grüne Frühjahrstrieb zunächst –
Schwanhild.
Der nur zur Lust der Sonnentöchter wächst –
Eine junge Dame.
Berauschend wirkt bis zur Narkotisierung –
Eine Andre.
Wie Lotos duftet und wie Mandel schmeckt –
Goldstadt.
Doch nie sich bis auf unsern Markt erstreckt.
Falk (der mittlerweile von der Veranda herabgestiegen ist.).
Ach, meine Damen, jedes Mädchen pflegt
Sein "Reich der Sonne" still in sich zu hüten.
Da knospt ein Lenz von tausend solchen Blüten, Von der Verschämtheit Mauer streng umhegt. Doch ach, die Püppchen Eurer Phantasien, Die träumerisch in Glöckchentempeln knien Und schmachten – schmachten – Schleier um die Lenden – Und güldne Tulpen in verhärmten Händen – Sie sind's, die Eure Erstlinge empfangen; Was später wird, das läßt Euch ohne Bangen. Denn uns wird nur mehr Ausschuß angedreht – Ein Nachtrieb, der wie Hanf zu Seide steht – Ein Rest, den Sträuchern mühsam abgekargt –
Goldstadt.
Das ist der schwarze Tee.
Falk (nickt.) Der füllt den Markt.
Ein Herr.
Da nennt mal Holberg einen Thé de bœuf –
Frl. Elster (zimperlich.)
Den kannten sicherlich nur unsre Ahnen.
Falk.