Gesammelte Werke. Henrik Ibsen

Gesammelte Werke - Henrik Ibsen


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sie aufspringen.)

       Küßt ihn? Ohne Scherz?

      Lind (zeigt sich, rot und verlegen, in der Tür.)

       Ach Unsinn!

       (Entfernt sich wieder.)

      Frl. Elster. Aber, Lindchen, Hand aufs Herz!

      Stüber (erscheint in der Tür mit einer Kaffeetasse in der einen und einem Zwieback in der andern Hand.)

       Nein, nein, man muß ein Faktum nicht verdrehen;

       Ich attestiere, daß dem nicht so war.

      Frl. Elster (drinnen und ohne sichtbar zu sein.)

       Hier vor den Spiegel mit dem jungen Paar!

      Einige Damen (rufend.)

       Herr Lind, wir bitten!

      Frl. Elster. Rücken gegen Rücken!

      Die Damen auf der Veranda.

       Das muß man sehn! Hat er sich viel zu bücken –?

       (Alle laufen ins Gartenzimmer; man hört eine Weile Lachen und lautes Schwatzen drinnen.)

      Falk, (der während des vorhergehenden Auftritts im Garten herumspaziert ist, kommt nun nach dem Vordergrund, bleibt stehen und sieht durch die Tür hinein, bis der Lärm sich etwas gelegt hat.)

       Da schlachten sie der Liebe Poesie! –

       Der Pfuscher, der die Kuh so plump erstäche,

       Daß sie nicht augenblicks zusammenbräche,

       Er käm' ins Loch, – doch dieser Galerie

       Von Schindern wird für alles Amnestie.

       (Ballt die Hand.)

       Ich möchte gleich – ah – nichts, kein Wort verloren!

       Nur handeln noch – das hab' ich mir geschworen.

      Lind (kommt hastig und vorsichtig aus der Tür.)

       Gottlob, nun wird vom neusten Schnitt gesprochen;

       Da kann ich fort –

      Falk. Jetzt sitzest Du wohl warm

       Im Glück: Der Gratulanten Mückenschwarm

       Hat Dich ja heut den ganzen Tag gestochen.

      Lind.

       Sie meint's ja gut, die liebe Tantenschar,

       Doch weniger wär' auch genug, wohl wahr!

       Ihr Anteilnehmen läßt zuletzt ermatten;

       Da kommt ein wenig Ruh' mir nur zu statten.

       (Will rechts ab.)

      Falk.

       Wo willst du hin?

      Lind. Aufs Zimmer, dacht' ich mir.

       Ich riegle ab, – und klopfst Du, öffn' ich Dir.

      Falk.

       Doch soll sich nicht auch Anna zu Dir schlagen?

      Lind.

       Nein, – will sie was, so läßt sie mir's wohl sagen.

       Wir sprachen noch bis lang nach Mitternacht, –

       Da wies ich ihr so ungefähr das Wichtigste;

       Und außerdem bedünkt es mich das Richtigste,

       Wenn man sein Glück sich etwas selten macht.

      Falk.

       Ganz recht! Man greif' zum täglichen Gebrauche

       Nicht allzu tief –

      Lind. Pst! Laß mich, – es ist Zeit,

       Daß ich mal wieder richtig Pfeife rauche.

       Drei ganze Tage hab' ich mich kasteit.

       Mein Blut, das war so seltsam in Erregung,

       Ich bebte so, mich Annan zu entdecken –

      Falk.

       Ja, ja, verpaffe die Gemütsbewegung!

      Lind.

       Und sei gewiß, der Knaster soll mir schmecken.

      (Rechts ab. Frl. Elster und einige andere Damen kommen aus dem Gartenzimmer.)

      Frl. Elster (zu Falk.)

       War er's, der ging?

      Falk. Jawohl, es war das Wild.

      Einige Damen.

       Uns wegzulaufen!

      Andre. Pfui, wie ungalant!

      Falk.

       Er ist noch scheu; doch frißt er aus der Hand,

       Gewöhnt er erst sein neues Aushängschild.

      Frl. Elster (sieht sich um.)

       Wo sitzt er denn?

      Falk. In der Mansarde drüben,

       Im Gartenhaus, wo wir gemeinsam nisten;

       (Flehentlich.)

       Ach lassen Sie ihn dort ein Weilchen fristen;

       Er braucht's.

      Frl. Elster. Nun gut, wir wollen Schonung üben –

       Doch nicht zu lang.

      Falk. Ein Viertelstündchen nur, –

       Nur bis er eine Zeile Text erledigt, –

       Er schreibt gerad' auf Englisch eine Predigt –

      Frl. Elster.

       Auf Englisch –?

      Die Damen. Ach, Sie spotten! Keine Spur!

      Falk.

       Mein bittrer Ernst. Er hat sich fest entschlossen,

       Wenn ihm ein Sprengel bei den Emigranten

       Geboten wird –

      Frl. Elster (erschrocken.)

       So hat er diese Possen

       Noch nicht verwunden?

       (Zu den Damen.)

       Rufen Sie die Tanten!

       Und Strohmann und die Mutter und die Braut!

      Einige Damen (in Bewegung.)

       Das darf nicht sein!

      Andre. Wir protestieren laut!

      Frl. Elster.

       Gottlob – da sind sie –

       (Zu Anna, die zusammen mit dem Pastor, dessen Frau und Kindern, Stüber, Goldstadt, Frau Halm und den übrigen Gästen aus dem Gartenzimmer kommt.)

       Weißt Du, was Dein Lind

       Im Stillen fest entschlossen ist, mein Kind?

       Sich um ein Kirchspiel –

      Anna. Drüben umzusehn.

      Frau Halm.

       Und du hast ihm versprochen –

      Anna (verlegen.) Mitzugehn.

      Frl. Elster (empört.)

       So hat er Dich beschwatzt!

      Die Damen (schlagen die Hände zusammen.)

       Nein, wie verschlagen!

      Falk.

       Doch wenn sein Drang ihn treibt –?

      Frl. Elster. Sie Aeronaut!

       Dem folgt man wohl in Junggesellentagen – Doch ein Verlobter folgt nur seiner Braut. Nein, liebes Ännchen, sei nicht so bescheiden; Ein Kind der Hauptstadt – und so anspruchslos!

      Falk.

       Für die Idee zu leiden ist doch groß!

      Frl. Elster.

       Für die Ideen des Bräutigams zu leiden?

      


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