Gesammelte Werke. Henrik Ibsen

Gesammelte Werke - Henrik Ibsen


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Nein, ohne Vorbehalt,

       Zu solchem Kinderspiel bin ich zu alt.

       Sie aber, ein Erwählter der Natur,

       Begnügen sich mit niedrem Wolkenstreben,

       Und hängen Ihre Kunst an eine Schnur,

       Die meiner Willkür wehrlos preisgegeben!

      Falk (rasch.)

       Wir schreiben heute –?

      Schwanhild (milder.) Das ist ehrenhaft;

       Sie wollen dieses Datum heilig sprechen!

       Von heut ab fliegen Sie aus eigner Kraft

       Und stellen sich auf Biegen oder Brechen.

       Papierne Dichtungen sind Pultbestand,

       Nur das Lebendige gehört dem Leben,

       Nur ihm sind alle Pässe preisgegeben; – Jetzt wählen Sie, Sie haben freie Hand. (Ihm näher.) Nun, sehen Sie, erfüllt' ich Ihr Begehr: Mein letztes Lied vom Zweig, es ist verschollen; Es war mein einzigstes, – nun bin ich leer, Nun heben Sie den Stein auf, wenn Sie wollen!

      (Sie geht ins Haus; Falk bleibt unbeweglich stehen und blickt ihr nach. Weit außen auf dem Wasser sieht man ein Boot, von dem her, fern und gedämpft, folgender Gesang vernehmbar wird.)

      Chor.

       Die Segel gehißt! Die Schwingen geregt!

       Wie ein Aar übern Spiegel des Weltmeeres gefegt,

       Voran allen Sturmvögelscharen!

       Überbord den Vernunftballast, Pfund um Pfund!

       Und segel' ich auch mein Boot in den Grund,

       O, so ist es doch selig zu fahren!

      Falk (zerstreut, fährt aus seinen Gedanken auf.)

       Gesang? Na ja, – das ist wohl Linds Quartett,

       Das sich im Jubeln übt!

       (Zu Goldstadt, der mit einem Staubmantel überm Arm aus dem Hause tritt.)

       Na, schon zu Bett,

       Herr Goldstadt, – drückt man sich so sacht beiseit'?

      Goldstadt.

       Ja, will mich nur noch in den Mantel packen;

       Wir Nichtpoeten sind nicht zuggefeit,

       Wir kriegen's von der Nachtluft leicht im Nacken.

       Gut Nacht!

      Falk. Ein Wort noch! Wissen Sie mir Rat

       Zu einer Tat, doch einer großen Tat –? Aufs Leben los – –!

      Goldstadt (mit ironischem Nachdruck.)

       Na, gehn Sie los aufs Leben,

       So soll'n Sie sehn, es geht aufs Leben los.

      Falk (blickt ihn nachdenklich an und sagt langsam.)

       Da ist in Kürze das Programm gegeben. (Lebhaft und leidenschaftlich.) Nun fühl' ich mich der schlaffen Träume bloß; Der Würfel fiel, der Wurf ist gut geraten; Sie sollen sehn, – der Teufel hol' mich –

      Goldstadt. He!

       Mit Fluchen tut man keiner Fliege weh.

      Falk.

       Nein, keine Worte mehr, nur Taten, Taten!

       Des Herrgotts Arbeitswoche kehr' ich um; –

       Sechs lange Tage konnt' ich nichts als gaffen;

       Mein Weltgebäude liegt noch leer und stumm – –

       Doch morgen, Sonntag, – hei, da will ich schaffen!

      Goldstadt (lachend.)

       Ja, zeigen Sie den Leuten, wie man's macht!

       Jetzt aber gehn Sie erst zu Bett, gut Nacht!

      (Geht links ab. Schwanhild wird in dem Zimmer über der Veranda sichtbar, sie schließt das Fenster und läßt die Gardine herunter.)

      Falk.

       Jetzt schlafen? Wo's nach Taten in mir tobt!

       (Sieht zu Schwanhilds Fenster hinauf und spricht, wie von einem großen Entschluß gepackt, mit Impuls:)

       Gut Nacht! Gut Nacht! Schlaf' süß in dieser Nacht!

       Und morgen, Schwanhild, sind wir zwei verlobt.

      (Geht rasch rechts ab; vom Wasser her ertönt wiederum:)

      Der Chor.

       Und segelst du auch dein Boot in den Grund,

       O, so ist es doch selig zu fahren! (Das Boot gleitet langsam weiter, während der Vorhang fällt.)

      ZWEITER AKT

       Inhaltsverzeichnis

      (Sonntag Nachmittag. Geputzte Damen und Herren trinken auf der Veranda Kaffee. Durch die offenen Glastüren sieht man mehrere Gäste im Innern des Gartenzimmers; aus diesem Raum erklingt folgender)

      Chor.

       Willkommen in unserm Verlobtenverband!

       Nun dürft ihr öffentlich Küsse tauschen,

       Nun euch berühren an Hand und Gewand,

       Nun euch vergnügen im Liebesland,

       Mag auch, wer will, euch belauschen.

      Nun dürft ihr so selig schwärmen zu zwein,

       Unbesorgt, wo ihr auch stehet und gehet.

       Setzt eure Liebe fein säuberlich ein,

       Pflegt sie und gießt sie und laßt sie gedeihn;

       Zeigt nun, wie hübsch ihr's verstehet!

      Frl. Elster (im Zimmer drinnen.)

       Nein, Lind, daß ich so ohne Ahnung blieb!

       Wie hätt' ich Sie geneckt!

      Eine Dame (ebendort.) Es ist zum Weinen!

      Eine andre Dame (in der Tür.)

       Er schrieb wohl, Anna?

      Eine Tante. Nein!

      Frl. Elster. Der meine schrieb.

      Eine Dame (auf der Veranda.)

       Anna, wie lange wart Ihr schon im reinen?

       (Läuft in die Stube hinein.)

      Frl. Elster.

       Und morgen kaufen wir den Ring für Dich.

      Mehrere Damen (eifrig.)

       Da suchen wir mit aus!

      Frl. Elster. Ei was, daß ich

       Mit bin, genügt.

      Frau Strohmann (auf der Veranda zu einer Dame mit Handarbeit.)

       Sie nähn mit Hinterstich?

      Die Hausmamsell (in der Tür, mit einem Tablett.)

       Noch etwas Kaffee?

      Eine Dame. Bitte noch ein Tröpfchen!

      Frl. Elster.

       Daß Du die Bluse mit den seidnen Knöpfchen

       Grad' jetzt bekommst, das trifft sich meisterlich.

      Eine ältliche Dame (im Zimmer am Fenster.)

       Wann fangen wir denn einzukaufen an?

      Frau Strohmann.

       Was ist wohl jetzt der Preis für Porzellan?

      Ein Herr (zu einigen Damen auf der Veranda.)

       Man muß Herrn Lind mit Annas Handschuh sehen!

      Einige von den Damen (in lauter Freude.)

      


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