Gesammelte Werke. Henrik Ibsen

Gesammelte Werke - Henrik Ibsen


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Arm ihres Bräutigams nimmt.)

       Nun laß uns schwärmen, Stüber! Siehst Du da,

       Wie Luna hoch am Himmel schwimmt und schwebet!

       Du siehst ja aber gar nicht!

      Stüber (verdrießlich.) Ja doch, ja;

       Ich überschlug nur eben unser Debet.

      (Sie gehen nach links ab. Falk, der während des Vorhergehenden unverwandt Strohmann und dessen Frau betrachtet hat, bleibt allein im Garten zurück. Es ist nun vollständig Abend; drinnen im Haus wird Licht gemacht.)

      Falk.

       Verbrannt, erstorben alles; – wen's nicht schmerzte! –

       So geht's zu zwein durchs Lebensparadies!

       Da stehen sie zusammen wie geschwärzte

       Baumstämme, die ein Waldbrand übrig ließ.

       So weit der Blick reicht, nichts als Wüsteneien, –

       O, bringt denn niemand Grün in diesen Dust!

       (Schwanhild betritt mit einem blühenden Rosenstock die Veranda und stellt ihn auf die Rampe.)

       Ja, eine –!

      Schwanhild.

       Falk? Sie sind hier noch im Freien?

      Falk.

       Und ohne Furcht! Die Nacht behagt mir just.

       Doch, Schwanhild, fürchten Sie sich nicht da drinnen, Wo Lampenlicht auf fahle Leichen fällt –

      Schwanhild.

       O pfui!

      Falk (sieht nach Strohmann, der sich am Fenster zeigt.)

       Wie stritt er einst mit aller Welt,

       Sich seine Liebste trotzig zu gewinnen!

       An Brauch und Sitte wagte er den Hals,

       Ein Herz voll Liedern wagt' er zu entblößen –!

       Und nun – mit seines Festrocks langen Schößen

       Welch wandelnd Beispiel seines tiefen Falls!

       Und dieses Weib da, im zerrißnen Kleid,

       Mit Schuhn, die klappernd von den Fersen streben,

       Sie sollt' ihn einst, als hehre Flügelmaid

       In die Gemeinschaft schöner Seelen heben.

       Was blieb vom Feuer übrig? Aschenreste!

       Sic transit gloria amoris, Beste!

      Schwanhild.

       O möcht' mich nie das Schreckenslos ereilen,

       Mein Leben so mit einem Mann zu teilen!

      Falk (rasch.)

       Nun wohl, so machen wir uns von Dekreten,

       Die nicht Natur, nur Menschenwitz gab, frei!

      Schwanhild (schüttelt den Kopf.)

       Dann, glauben Sie, dann wär's mit uns vorbei,

       So sicher als dies Erd' ist, was wir treten.

      Falk.

       Nein, da ist Sieg, wo zwei vereinigt streiten.

       Wir woll'n nicht mehr der Flachheit Kirchen füllen,

       Nachbeter alberner Gemeinwahrheiten!

       Soll sich Persönlichkeit im Kern enthüllen,

       Muß sie selbständig, wahr und frei dastehn.

       Das sehn Sie ein, wie ich es eingesehn.

       Denn Ihr Gemüt beseelt ein reiches Leben,

       Ihr Geist ist warm und weiß sich groß zu geben –

       Der Schnürleib des Formellen dünkt Sie Qual –

       Sie sprengen ihn, Sie woll'n ein frei Pulsieren;

       Und dem gemeinen Chor zu sekundieren,

       Beredet Sie kein Taktstock der Moral!

      Schwanhild.

       Und glauben Sie, daß ich nicht oft, schon oft

       Gekämpft, geplant, verzweifelt, neu gehofft?

       lch wollte mich auf eigne Wege schlagen –

      Falk.

       Ja, wohl in Träumen?

      Schwanhild. Nein, in frischer Tat.

       Allein da kam der Tanten Hoher Rat,

       Da gab's ein Prüfen, Wägen, Forschen, Fragen – –

       (Näher.)

       In Träumen, sagen Sie – nein, nein, ich wagte

       Den Schritt – als Malerin mich durchzukämpfen.

      Falk.

       Nun, und –?

      Schwanhild. Umsonst, denn das Talent versagte.

       Jedoch mein Freiheitstrieb war nicht zu dämpfen.

       Das Atelier vertauscht' ich mit den Brettern.

      Falk.

       Um dann auch dies Kapitel umzublättern?

      Schwanhild.

       Jawohl, auf Vorschlag meiner ältsten Tante;

       Ihr schien, ich paßte mehr zur Gouvernante – –

      Falk.

       All dessen aber ward hier nie gedacht!

      Schwanhild.

       Natürlich. Jeder nahm sich wohl in acht.

       (Mit einem Lächeln.)

       Man fürchtet, "meine Zukunft" könnt' es spüren,

       Wenn junge Herrn von jener Zeit erführen.

      Falk (blickt sie eine Weile mit nachdenklicher Teilnahme an.)

       Ich ahnte lang, daß dies Ihr Schicksal war.

       Mir ward sogleich, da ich Sie kennen lernte,

       Der ganze innerliche Abstand klar,

       Der Sie von all den übrigen entfernte.

       Den Tisch umsaß das saubere Gelag,

       Die Tassen dampften und die Phrasen schwirrten,

       Die Fräuleins wurden rot, die Herren girrten,

       Wie Taubenvolk an schwülem Sommertag.

       Da sahst du in Moral und Glauben dich

       Von Greisinnen und Jungfern unterwiesen,

       Da ward von jungen Fraun das "Haus" gepriesen,

       Doch Sie, Sie standen einsam und für sich.

       Und als zuletzt der Schwatz zum Rausch gestiegen,

       Zum Tee- und Prosabacchanal, war mir's,

       Ich säh' Sie wie ein edel Goldstück liegen

       Inmitten schlechten Kupfers und Papiers.

       Sie trugen eines fremden Staates Zeichen,

       Sie gingen nicht nach dieses Lands Valut',

       Unwechselbar in einem Tagsdisput

       Von Versen, Butter, Kunst und mehr dergleichen.

       Da – just als Fräulein Elster sprach –

      Schwanhild (mit einem Anflug von Ernst.)

       Und Stüber

       Dahinter stand, mit ritterlichem Charm',

       Seinen Chapeau gleich einem Schild im Arm –

      Falk.

       Rief Ihre Mutter übern Tisch herüber:

       "Trink, Schwanhild, meinst Du denn, Dein Tee bleibt warm?"

       Und Sie, Sie tranken denn das schale Kranken-

       Gesöff, wie's all die andern um Sie tranken.

      


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