Gesammelte Werke. Henrik Ibsen
wer speiset denn des Himmels Lilien – Des Feldes Vöglein wer – wer gibt's den Fischen – – (Fährt mit gedämpfter Stimme fort, während er sich mit Anna entfernt.)
Falk, (indessen Frl. Elster und die Tanten mit Lind zurückkommen.)
Hurrah! Da kommt, das Treffen aufzufrischen,
Die ganze alte Garde im Gewehr!
Frl. Elster.
Da geht sie ja mit Strohmann hin und her.
(Mit gedämpfter Stimme.)
Wir haben ihn! Er geht nicht übers Meer. (Nähert sich Anna.)
Strohmann (mit einer abwehrenden Bewegung.)
Sie hat gesiegt. Der Geist ward Überwinder; Und wo der heilige Geist das Seine tat, Bedarf's der Welt nicht mehr –. (Bescheiden.) Half ihr mein Rat, So ward mir Kraft – –!
Frau Halm. Na, dann versöhnt euch, Kinder,
Und das sofort!
Die Tanten (gerührt.)
Ach Gott, wie schön das ist!
Strohmann.
Ja, gibt es wohl ein Herz, so trüb, so trist,
Das nicht empfände: o, dies ist ergreifend?
Und wahrlich, wirkt's nicht schärfend, wirkt's nicht schleifend,
Wirkt's nicht erweckend, wenn sich solch ein jung,
Unmündig Wesen voll Erschütterung –
Doch willig – seinen Pflichten opfert?
Frau Halm. Ja, –
Doch die Verwandtschaft hat sich auch bewiesen.
Frl. Elster.
Das mein' ich auch, – ich und die Tanten da!
(Zu Lind.)
Den Schlüssel haben Sie zu ihrem Herzen;
Doch wir, wir haben Dietriche, und diesen
Vertraun Sie, wenn der Bart einmal nicht dreht.
(Drückt ihm die Hand.)
Wir sind zu Ihren Diensten früh und spät
Und hoffen jeden Schaden auszumerzen.
Frau Halm.
Ja, wir sind um Euch, wo Ihr geht und steht –
Frl. Elster.
Euch schirmend vor der Zwietracht argen Schmerzen.
Strohmann.
O Kreis voll Liebe, Freundschaft und Vertrauen!
Ein Augenblick, zugleich voll Glück und Wehmut!
(Wendet sich zu Lind.)
Doch lasset uns nun auch Euch einig schauen –
(Führt Anna ihm zu.)
Und küsset Euch – und küsset Euch in Demut
Lind (reicht Anna die Hand.)
Ich reise nicht!
Anna (zu gleicher Zeit.)
Ich reise mit!
Anna (erstaunt.) Du bleibst?
Lind (ebenso.) Du willst hinüber?
Anna (mit einem hilflosen Blick auf die Umstehenden.)
So wären wir ja wiederum getrennt!
Lind.
Ja, was ist das?
Die Damen. Was nun?
Frl. Elster (eifrig.) Nein, nein, – darüber
Kann doch kein Zweifel herrschen –
Strohmann. Sie bekennt Sich willig, mitzureisen!
Frl. Elster. Er, zu bleiben!
Falk (lachend.)
Die beiden fügten sich, – was will man mehr?
Strohmann.
Nein, das wird mir zu stark, wie die es treiben!
(Geht nach dem Hintergrund.)
Die Tanten (eine zur andern.)
Von wem rührt eigentlich das Ganze her?
Frau Halm (zu Goldstadt und Stüber, die im Garten draußen promeniert haben und nun näher kommen.)
Jetzt möchte Anna zu den Emigranten – (Spricht leise mit ihnen.)
Frau Strohmann (zu Frl. Elster, während sie sieht, wie der Teetisch gedeckt wird.)
Nun gibt es Tee.
Frl. Elster (kurz.)
Gottlob! Mich dürstet sehr.
Falk.
Ein Hoch auf Freundschaft, Liebe, Tee und Tanten!
Stüber.
Sahn wir den Sachverhalt sich also wenden,
So kann er leicht zu aller Freude enden.
Der Fall erledigt sich in dem Bereich
Des Paragraphen, daß die Frau dem Mann
Zu folgen hat. Da rüttle keiner dran –
Frl. Elster.
Wo bleibt da der geforderte Vergleich?
Strohmann.
Was das Gesetz gebeut, das muß geschehen –
Stüber.
Doch Lind, er kann ja das Gesetz umgehen: –
(Zu Lind gewendet.)
Sie schieben Ihre Reise einfach auf!
Die Tanten (voll Freude.)
Ja!
Frau Halm.
Freilich!
Frl. Elster. Ein erlösender Verlauf!
(Schwanhild und die Mädchen haben inzwischen den Teetisch unterhalb der Verandatreppe gedeckt. Auf Frau Halms Aufforderung setzen sich die Damen um den Tisch. Die übrige Gesellschaft nimmt teils auf der Veranda und in der Laube, teils ringsum im Garten Platz. Falk sitzt auf der Veranda. Während des folgenden wird Tee getrunken.).
Frau Halm (lächelnd.)
So zog das kleine Wetter denn vorbei.
Solch Sommerregen labt, wenn er vorüber.
Dann scheint die Sonne doppelt hell, und trüber
Bewölkung folgt ein heitrer Nachmittag.
Frl. Elster.
Die Blume "Liebe" muß oft unbedingt
Im Regen stehn, sonst hält sie sich nicht frisch.
Falk.
Sie stirbt, sobald man sie aufs Trockne bringt, –
In dieser Hinsicht gleicht sie einem Fisch.
Schwanhild.
Die Liebe lebt doch aber von der Luft –
Frl. Elster.
Und darin muß der Fisch doch sterben –
Falk. Ja.
Frl. Elster.
Jetzt haben wir Herrn Falk im Netz, haha!
Frau Strohmann.
Der Tee ist gut, das merkt man schon am Duft.
Falk.
Na, halten wir am Blumengleichnis fest.
Denn wenn der Himmel mal nicht regnen läßt,
So daß die Blume fast verdorrt vor Hitze – –
(Hält inne.)
Frl. Elster.