Gesammelte Werke. Henrik Ibsen

Gesammelte Werke - Henrik Ibsen


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Zwar die Besuche, die zu machen sind,

       Sie werden ihn wohl ganz in Anspruch nehmen.

       Doch noch mehr Mußestunden anzuschließen, Dazu kann ich mich keinesfalls bequemen.

      Falk.

       Und dennoch wolltest Du vor wenig Tagen

       Mit Sang und Klang zur blauen Ferne ziehn.

      Lind.

       Ja, doch bei näh'rer Überlegung schien

       Mir's doch nicht recht, die Zeit so totzuschlagen.

      Falk.

       Nein, nein, Dich hielt ein andrer, bessrer Grund: Du sprachst davon, daß Vogellieder und Gebirgsluft hier so gut wie droben seien.

      Lind.

       Ja, ganz gewiß, – die Luft hier ist gesund;

       Doch, mein' ich, kann man auch in ihr gedeihen,

       Wenn man vor seinem Buch sitzt und studiert.

      Falk.

       Das Buch war aber doch diskreditiert – Die Himmelsleiter brach –

      Lind. Gott sei mir gnädig –

       So etwas sagt man, wenn man frei und ledig

      Falk (sieht ihn an und faltet die Hände in stiller Verwunderung.)

       Auch Du, mein Brutus!

      Lind (mit einem Anflug ärgerlicher Verlegenheit.)

       Lieber Freund, hör' zu,

       Ich hab' jetzt andre Pflichten, ich, als Du.

       Ich habe meine Braut. Sieh all die andern

       Verlobten, sprich mit Leuten, die erfahren, –

       Und gegen die wirst Du Dich kaum verwahren, –

       Sie alle sagen, – will man paarweis wandern,

       So muß man –

      Falk. Deine Weisheit kannst Du sparen.

       Wer lehrte sie Dich?

      Lind. Stüber zum Exempel;

       Und dessen Wort trägt doch gewiß den Stempel

       Der Wahrheit. Auch mit Fräulein Elster hatte

       Ich ein Gespräch –

      Falk. Und Bertha und ihr Gatte?

      Lind.

       Ja, das ist seltsam. Denk Dir, diese Leute,

       Die sind von einer Ruhe –, sie weiß heute Nichts mehr von ihrer eigenen Mädchenzeit, Hat ganz vergessen, was das sein mag: "lieben".

      Falk.

       Das sind die Folgen der Verschlafenheit, Daß die Erinnrungsvögel wirr zerstieben. (Legt die Hand auf seine Schulter und sieht ihn ironisch an.) Du, teurer Lind, Du schliefst wohl süß heut Nacht?

      Lind.

       Und lang. Ich war so matt wie nach 'ner Schlacht

       Und doch zugleich gerührt bis zur Verrücktheit;

       Mein ganzer Zustand schien mir höchst fatal.

      Falk.

       Ja, ja, du littst an einer Art Verzücktheit.

      Lind.

       Doch, Gott sei Dank, erwacht' ich ganz normal.

      (Während dieses Auftritts hat man Strohmann im Hintergrund auf und ab wandeln sehen, im eifrigen Gespräch mit Anna begriffen. Frau Strohmann und die Kinder immer hinterher. Frl. Elster erscheint nun auch, zugleich Frau Halm und eine Anzahl anderer Damen.)

      Frl. Elster, (noch unsichtbar.)

       Herr Lind!

      Lind (zu Falk.)

       Da sind sie wieder hinter mir.

       Komm, Falk!

      Frl. Elster. Nein, bitte, bleiben Sie nur hier!

       Und lassen Sie uns schnell den Zwist begleichen,

       Der Sie und Ihre Braut zu trennen droht.

      Lind.

       Wir – und entzweit?

      Frl. Elster (zeigt auf Anna, die tiefer im Garten steht.)

       Jawohl, – doch ihre rot

       Geweinten Augen werden Sie erweichen.

       Sie dürfen nicht hinüber!

      Lind. Gott, sie war

       Doch einverstanden –

      Frl. Elster (spöttisch.)

       Freilich, ganz und gar!

       Nein, teurer Freund, Sie werden anders sprechen,

       Wenn wir die Sache reiflich überdacht.

      Lind.

       Doch dieser Streit für unsres Glaubens Macht

       Ist ja mein schönster Traum!

      Frl. Elster. Ei was, man lacht,

       Läßt heut sich wer von Träumen noch bestechen!

       So träumte Stüber jüngst, auf seinem Platz

       Käm' ihm ein wunderlicher Brief zu Händen –

      Frau Strohmann.

       Wenn man so träumt, bekommt man einen Schatz.

      Frl. Elster (nickt.)

       Ja, – tags darauf ließ ihn der Staatsschatz pfänden.

      (Die Damen bilden einen Kreis um Lind und gehen im Gespräch mit ihm tiefer in den Garten.)

      Strohmann (fortfahrend zu Anna, die ihm am liebsten entwischen möchte.)

       Aus diesen Gründen also, liebes Kind,

       Aus diesen Gründen, der Vernunft entnommen,

       Ja der Moral, zum Teil der Schrift, verstehn Sie,

       Muß sein Entschluß auch Ihrer sein; – denn, sehn Sie, Sonst würd' ihm Ihre Liebe wenig frommen.

      Anna (dem Weinen nahe.)

       Ach Gott, ich bin ja noch so unerfahren – –

      Strohmann.

       Natürlich fürchtet man in Ihren Jahren,

       Daß manches einem nicht zum besten diene;

       Doch machen Sie Ihr Aug' dem Zweifel blind –

       Und denken Sie an mich und Albertine!

      Frau Strohmann.

       Wie Ihre Mutter mir vorhin erzähte,

       So stak mir's damals auch gar sehr im Hals,

       Als wir berufen wurden –

      Strohmann. Ebenfalls –

       Weil sie der Abschied von der Hauptstadt quälte.

       Doch als das Brot sich nach und nach vermehrt hatte,

       Und Gott die ersten Zwillinge beschert hatte,

       Da war's vorüber.

      Falk (leise zu Strohmann.)

       Fahren Sie so fort!

       Vortrefflich!

      Strohmann (nickt ihm zu und wendet sich wiederum Anna zu.)

       Darum halten Sie Ihr Wort!

       Wie, soll der Mensch verzagen? Falk erklärte,

       Daß der Beruf sich sicherlich bewährte –

       So war es doch?

      Falk. Nein, Pastor –

      Strohmann. Ja, weiß Gott –!

       (Zu Anna.)

       So ganz wird man in keinem Amt bankrott. Und ist dem so, was soll'n wir


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