Gesammelte Werke. Henrik Ibsen

Gesammelte Werke - Henrik Ibsen


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das zu lernen, ist im Herbst noch Zeit.

      Frl. Elster.

       Zur Hochzeit wird sie selbst ihr Kleid bordieren.

      Eine Tante (streichelt Anna das Haar.)

       Und wird ein Muster von Vernünftigkeit.

      Falk (lacht laut.)

       O du Vernunftpest, so viel Wahnwitz stiftend,

       Mit Judaslippen küssend und vergiftend!

       Wie, war's Vernünftigkeit, was Lind begehrte?

       Wie, wollt' er eine Bratenspieß-Gelehrte?

       Ein flotter Bursch, erkor er sich voll Glück

       Den schönsten Trieb der wilden Rosenranke.

       Da nehmt Ihr sie in Zucht; – er kehrt zurück; –

       Was sieht er? Eine Hagebutte!

      Frl. Elster (beleidigt.) Danke!

      Falk.

       Zum Hausgebrauch gewiß ein nützlich Ding!

       Doch war es das, wonach sein Lenztraum ging?

      Frau Halm.

       Ja, wenn er eine Ballprinzeß begehrte,

       So war Herr Lind bei uns auf falscher Fährte.

      Falk.

       Ja, ja, – das ist auch einer jener Züge,

       Dies Kokettieren mit der Häuslichkeit.

       Das ist auch so ein Schoß der großen Lüge,

       Der hopfenwütig himmelan gedeiht.

       Ich zieh' voll Ehrfurcht überall und immer

       Vor "Ballprinzessinnen" den Hut, Madam',

       Und wenn je Schönheit zur Erscheinung kam,

       So war's im Ballsaal, kaum im Kinderzimmer.

      Frau Halm (mit unterdrückter Gereiztheit.)

       Herr Falk, Sie brauchen alle diese Mittel,

       Weil Ihnen ein Kumpan verloren geht;

       Das ist der Punkt, um den sich alles dreht – – Ich kenn' es aus Erfahrung, dies Kapitel.

      Falk.

       Sie haben ja auch sieb'n vermählte Nichten –

      Frau Halm.

       Glücklich vermählte!

      Falk (mit Nachdruck.) Wenn dem nur so ist!

      Goldstadt.

       Nanu!

      Frl. Elster.

       Herr Falk!

      Lind. Mir scheint, Dein ganzes Dichten

       Geht nur auf Zank!

      Falk. Ja, Krieg und Kampf und Zwist!

      Stüber.

       Du Laie denkst uns ernstlich zu bekriegen?

      Falk.

       Laß gut sein, Freund, – mein Banner soll doch fliegen! Mein guter Stahl soll dieser gleißnerischen Gesellschaftslüge durch die Rippen zischen, Soll diesen Euch so teuren Giftbaum fällen, Und mäß' er, wie die Wahrheit, hundert Ellen!

      Stüber.

       Ich protestiere gegen alles dies,

       Und vorbehalte mir Regreß – –

      Frl. Elster. Schweig stille!

      Falk.

       Das nennt Ihr Liebe, was die graue Brille Der Witwe vom verlornen Paradies Noch sieht, von jener Sonne, die die Worte "Entbehrung", "Klage" aus der Sprache dorrte! Das also wär' der Liebe stolzer Strom, Der durch des Ehepaares Adern trottet, – Das wäre sie, die ihren eignen Dom Sich wölbt und, selbst sich Richtschnur und Axiom, Der Weisen dieser Welt verächtlich spottet! Das also wär' der Liebe Purpurflamme, Die sieben Jahre lammsgeduldig harrt! Das wär' noch immer sie, aus deren Stamme Selbst dem Aktuar einst Dichterfeuer ward! Das also wär' der Jugendrausch der Liebe, Der nicht einmal ein Stückchen Seefahrt wagt, Der Opfer fordert und dem schönsten Triebe – Sich selbst zu opfern – jämmerlich entsagt! Nein, Ihr Vertreiber schminkerischer Pasta, Habt einmal doch zu nackten Worten Herz; Der Witwe Liebe nennt Entbehrungsschmerz, Und die des Ehestands Gewohnheit, basta!

      Strohmann.

       Nein, junger Mann, die Frechheit ist zu groß!

       Ein jedes Wort trägt Spott und Hohn im Schoß!

       (Tritt Falk dicht unter die Augen.)

       Jetzt wag' ich noch mein altes Fell zur Ehre

       Vererbten Glaubens wider neue Lehre.

      Falk.

       Mein Hippogryphe blähet schon die Nüster!

      Strohmann.

       Gut! Sprengen Sie nur an!

       (Noch näher.)

       Ein Ehepaar

       Ist heilig wie der Priester vorm Altar –

      Stüber (auf Falks anderer Seite.)

       Und ein verlobtes –

      Falk. Halb so, wie der Küster.

      Strohmann.

       Sie sehen diese Kinder mich umringen,

       Die im voraus für mich Viktoria singen!

       Wie wär' es möglich – wie das Rätsel löslich – –

       Nein, nein, der Wahrheit Wort ist unumstößlich, –

       Der wäre taub, der hier verhärtet bliebe.

       Denn sehn Sie – all das sind – Kinder der Liebe – –!

       (Hält verwirrt inne.).

       Das heißt – natürlich nicht, was man so nennt –!

      Frl. Elster (zu Frau Strohmann, sich mit dem Taschentuch fächelnd.)

       Der Sinn der Rede Ihres Herrn Gemahles –?

      Falk.

       Da liefern Sie ja selbst ein Argument,

       Und zwar ein gutes, echtes, nationales.

       Sie unterscheiden zwischen Ehehecklingen

       Und Liebespfändern – und das ziemt sich so!

       Der Abstand ist wie zwischen gar und roh,

       Wie zwischen Feldblumen und Zimmerstecklingen.

       Die Liebe wird bei uns demnächst ein Studium,

       Und Leidenschaft ein abgespielt Präludium.

       Die Liebe ist bei uns ein eignes Fach,

       Mit Zunft, Statuten, Fahnen, Almanach;

       Und eine Braut- und Ehetumsmiliz

       Versieht den Dienst, und das mit vielem Witz;

       Das filzt sich tanggleich ineinander ein.

       Was fehlt, ist nur noch ein Gesangverein –

      Goldstadt.

       Und eine Zeitung!

      Falk. Schön! Die soll Euch werden!

       Vortreffliche Idee! Man hat ja Blätter

       Für Kinder, Damen, Gläubige und Schützen.

       Des Preises wegen macht Euch nicht Beschwerden,

       Da steh' denn Tag um Tag in großer Letter, Wie Hinz und Kunz die Gilde unterstützen; Da werde jedes Briefchen einverleibt, Das Hans an seine teure Grete schreibt; Da unter aller Arten Übelständen, – Als Mord und Pest und Krinolinenbränden, – Das Aufgebot des Wochenlaufs gebracht; Da im Annoncenteil bekannt gemacht, Wo alte Ringe billigst einzukaufen; Da Zwill- und Drilling im Sonett gefeiert; – Und ist wo Trauung, wird der ganze Haufen,


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