Der Bergpfarrer Staffel 8 – Heimatroman. Toni Waidacher
grinste.
»Und sonst?«
»Was meinst’ denn?«
»Komm«, lachte der andere, »du weißt genau, wovon ich red’. Wie man hört’, ist’s ja ein recht fesches Madl, das den Hof vom alten Urban geerbt hat. Spielt sich da nix ab, ich mein, zwischen euch?«
Florian Brandtner verdrehte die Augen.
»Woran du schon wieder denkst! Sie ist meine Chefin.«
»Mehr net?«
»Natürlich net!«
»Also, ich weiß net«, entgegnete Tobias. »Wenn ich mit so einer unter einem Dach leben tät’, ich wüßt’ schon, was ich da anstellen müßt’…«
Florian schüttelte ärgerlich den Kopf. Auf so ein Gespräch hatte er wirklich keine Lust.
»Ich muß weiter, Tobias. Pfüat di’.«
»Pfüat di’ Flori«, brüllte Tobias ihm hinterher. »Und einen schönen Gruß an die neue Herrin auf dem Ahringerhof.«
Blödmann, dachte Florian, während er weiterfuhr. »Das sah dem Tobias Bruchthaler ähnlich, daß er so daherredete. Er selber war ein Aufreißer, der jedem Rock nachlief – obwohl er mit einem Madl verlobt war – und deshalb unterstellte er jedem anderen Burschen ebenfalls solch ein Leben.
Florian mochte den Kollegen vom Nachbarhof nicht besonders. Die draufgängerische Art, die Tobias an den Tag legte, fand er eher abstoßend.
Gewiß flirtete er auch gerne, aber Florian behandelte die Madln, wie es sich, seiner Meinung nach, gehörte, mit Respekt und Anstand.
Allerdings gaben ihm die Worte des anderen auch zu denken. Seit er Angela Hofmeister kennengelernt hatte, spürte er immer stärker, daß diese Frau sein Herz angesprochen hatte, und daß er auf dem besten Wege war, sich in sie zu verlieben.
Beinahe gleichzeitig kamen sie auf dem Hof an. Florian hatte gerade den Traktor in die Scheune gefahren, als Angela ihren Wagen neben dem Gebäude abstellte. Der Knecht bemerkte den merkwürdigen Ausdruck im Gesicht der Bäuerin.
»Ist was geschehen?« fragte er.
Angela unterdrückte ihre Tränen und schüttelte den Kopf.
»Net der Rede wert«, antwortete sie und ging ins Haus hinein.
Florian stand einen Augenblick ratlos da, dann suchte er den Kuhstall auf. Lisa, die trächtige Kuh, stand in einer Box, von den anderen Tieren getrennt. Dr. Wiesinger rechnete zwar nicht mit Komplikationen, aber wollte dennoch, daß das Tier jetzt in der Endphase der Tragezeit separat untergebracht wurde.
»Na, Madl«, sagte Florian und klopfte der werdenden Mutter auf den Hals. »Alles in Ordnung bei dir?«
Während er immer noch rätselte, was Angela Hofmeister wohl widerfahren sein könnte, hörte er den Wagen der Tierärztin auf den Hof fahren. Wenig später standen Elena Wiesinger und Jörg Urban im Stall.
»Ach, da sind S’ ja schon«, begrüßte der Knecht die beiden Tierärzte. »Mit der Lisa scheint alles in Ordnung. Ich geh’ schnell und sag’ der Bäuerin Bescheid, daß Sie da sind. Sie möcht’ Sie natürlich kennenlernen.«
»Ich bin auch schon sehr gespannt«, nickte Elena.
Während ihr Assistent die Kuh untersuchte, machte sie ein paar Notizen. Wenig später hörten sie den Knecht und die Bäuerin hereinkommen.
»Schön, daß ich Sie kennenlern’«, stellte die Tierärztin sich vor. »Ich bin Elena Wiesinger, und das ist Jörg Urban. Er macht ein Praktikum bei mir.«
Elena machte eine bedauernde Handbewegung.
»Leider nur noch bis zum Ende des Monats«, fügte sie hinzu.
Der junge Arzt hatte seine Untersuchung abgeschlossen und begrüßte die Bäuerin. Angela hatte sich ebenfalls vorgestellt. Die Tierärztin machte einen sympathischen Eindruck auf sie.
»Wie schaut’s denn aus, mit der Lisa?« erkundigte sie sich.
»Es dürfte net mehr lang dauern, mit der Geburt«, erklärte Jörg Urban. »Wahrscheinlich müssen S’ sich mit dem Florian absprechen, wer wann welche Wache übernimmt. Besonders nachts sollte das Tier net allein bleiben.«
»Das machen wir«, nickte Angela und schaute sich nach dem Knecht um.
»Notfalls schlaf’ ich hier, im Stall«, meinte Florian. »Es wär’ ja net das erste Mal.«
»Ich hoff’, daß Sie sich hier wohl fühlen werden«, sagte Elena beim Hinausgehen.
»Na ja, es ist schon noch alles fremd für mich«, gestand Angela.
»Das gibt sich mit der Zeit«,?meinte Jörg Urban. »Besonders leicht machen’s die Leute einem aber net. Stellen S’ sich darauf ein.«
Der junge Tierarzt wußte, wovon er sprach. Als er vor ein paar Monaten die Praktikumsstelle bei Elena Wiesinger angetreten hatte, da zog er sich sehr schnell den Unmut eines anderen Burschen zu. Natürlich steckte eine romantische Liebesgeschichte dahinter, Jörg hatte sich in eine Magd des Wendlerbauern verguckt, ohne zu wissen, daß einer der Knechte ebenfalls ein Auge auf das Madl geworden hatte.
Der Bursche sah nur einen Ausweg, den Konkurrenten loszuwerden, indem er dem Zuchtbullen des Bauern ein falsches Medikament verabreichte und versuchte, die Schuld dafür Jörg Urban in die Schuhe zu schieben.
Nicht zuletzt Pfarrer Trenker war es zu verdanken, daß der Fall aufgeklärt, und der junge Tierarzt rehabilitiert werden konnte.
Daß Angela diese Erfahrung bereits gemacht hatte, ahnten Elena und Jörg nicht.
Und Florian wunderte sich, warum die Bäuerin sich plötzlich so merkwürdig distanziert verhielt.
Als habe sie Angst, mit ihm alleine zu sein…
Wie recht er mit der Annahme hatte, wußte er nicht.
*
Auch beim Abendessen war die Stimmung unverändert. Florian konnte sich keinen Reim darauf machen, wieso Angela Hofmeister so schweigsam war, und beschloß, sich früh zu verabschieden.
»Soll ich morgen früh zum Nachbarn fahren und den Hund abholen?« fragte er noch, bevor er eine gute Nacht wünschte.
Elena Wiesinger hatte auf Angelas Frage erzählt, daß auf dem Hof des Kremserbauern die Hündin Junge bekommen hatte, die jetzt, nach neun Wochen, ohne die Mutter auskommen konnten und abgegeben wurden.
»Es sind natürlich keine reinrassigen Tiere«, erklärte die Tierärztin. »Aber ein sehr schöner Mix, aus Bordercollie und Schäferhund. Sie bringen also die besten Voraussetzungen mit, die ein Hütehund braucht. Vor allem sind sie sehr kinderlieb.«
Angela war natürlich gleich Feuer und Flamme gewesen.
»Nein«, schüttelte sie den Kopf, »ich fahr’ selbst. Da kann ich mich gleich den Nachbarn vorstellen.«
»Ist gut«, nickte der Knecht und verschwand.
Die junge Bäuerin räumte den Tisch ab und ging in ihre Kammer hinauf. Irgendwie fühlte sie sich hier oben heimischer, als in der großen, und trotz der vielen Möbel, leer wirkenden Wohnstube. Sie setzte sich auf das Bett und starrte an die Wand.
Eigentlich hätte sie in Nürnberg anrufen müssen. Bestimmt warteten Frau Wirtmeyer und Tina darauf, daß sie sich meldete und berichtete, wie ihr das neue Leben gefiel. Nur, was hätte sie erzählen sollen? Daß die Leute bereits über sie redeten, kaum, daß sie achtundvierzig Stunden hier war?
Dies von Max Trenker zu hören, vergällte ihr die Freude über den Neuanfang, den sie wagen wollte. Angela fragte sich, warum die Menschen so waren. Sie hatte ihnen doch nichts getan, und die Dörfler kannten sie nicht einmal.
Bestimmt war es eine gute Idee, am Samstag zum Tanzen zu gehen, damit die Leute erfuhren, mit wem sie es zu