Der Bergpfarrer Staffel 8 – Heimatroman. Toni Waidacher
hätte sie es kaum gewagt.
»Kommen S’ einfach am Samstagabend zum Pfarrhaus, dann gehen wir gemeinsam«, sagte Sebastian. »Der Max wird auch mitkommen, und bei der Gelegenheit lernen S’ auch die Claudia kennen, seine große Liebe.«
Angela versprach, pünktlich zu sein und verabschiedete sich. Als sie zum Hof zurückfuhr, war sie in viel besserer Laune, als noch am Mittag.
Sie schaute sich um und genoß den Anblick der Berge und der satten grünen Wiesen, und freute sich zum ersten Mal so richtig darüber, das die Heimat ihrer Mutter nun auch ihre Heimat geworden war.
*
Florian Brandtner stand in seiner Kammer im Gesindehaus und zog sich um. In den letzten Wochen war er nicht ins Dorf hinuntergegangen, um an dem samstäglichen Vergnügen teilzunehmen. Nach dem Tode des Bauern war ihm nicht nach Tanzen zumute gewesen, außerdem lastete die ganze Arbeit auf ihm, und er wollte lieber ausgeruht darangehen, als am Sonntagmorgen verkatert aufzuwachen.
Jetzt aber, nachdem die neue Bäuerin auf dem Hof war und sich so langsam alles einspielte, konnte er es sich leisten, mal wieder das Tanzbein zu schwingen.
Die Woche war rasch vergangen. Inzwischen wußte Angela Hofmeister, welche Arbeiten sie zu erledigen hatte und brauchte nicht mehr so viele Fragen zu stellen. Nicht mehr lange, und sie würden ein gut eingespielten Team abgeben.
Was den jungen Knecht allerdings nachdenklich machte, war die Tatsache, daß die Bäuerin sich ihm gegenüber distanziert verhielt. In den letzten Tagen hatten sie kaum noch ein vertrauliches Wort gewechselt, und natürlich fragte Florian sich, ob er schuld an diesem Zustand sei.
Allerdings hatte er bisher nicht gewagt, sie zu fragen.
Mal sehen, dachte er, während er in die Weste aus weichem Wildleder schlüpfte, die mit einer bunten Stickerei verziert war, vielleicht gibt’s ja heut’ abend eine Möglichkeit, mit ihr zu reden.
Auf dem Tanzabend war es immer etwas anderes, als im tagtäglichen Zusammensein. Hier war die Stimmung lockerer, während die Musik spielte und getanzt und getrunken wurde, konnte man auch mit seinem Arbeitgeber so manches bereden, ein offenes Wort sprechen, was sonst nicht möglich war.
Der Grund, warum Angelas Verhalten so schmerzhaft für den jungen Burschen war, war die Tatsache, daß er sich in das Madl verliebt hatte. Gleich vom ersten Moment an, als es aus dem Auto gestiegen ist, mußte sich Florian es eingestehen. Noch immer spürte er das Kribbeln, das er da gefühlt hatte. Kaum eine Minute, in der er nicht an Angela dachte, aber das war auch schlechterdings unmöglich, da sie ja jeden Tag zusammen waren.
Und nachts, wenn er vor Sehnsucht nicht einschlafen konnte, dann sah er im Dunkeln ihr Gesicht.
Florian bedauerte, daß die Bäuerin ihn nicht gefragt hatte, ob sie zusammen auf das Fest gehen wollten, sondern nur, ob er mit ins Dorf hinunterfahren wollte. Er hatte den Kopf geschüttelt und gesagt, daß er mit seinem Wagen fahre. Den stellte er jetzt auf dem Parkplatz des Hotels ab und ging zum Eingang des Saales, wo schon eine recht große Menschenschlange stand.
Der junge Knecht grüßte ein paar bekannte Gesichter, beantwortete die neugierigen Fragen nach der neuen Bäuerin aber nur mit einem Schulterzucken.
»Ihr werdet sie noch früh genug kennenlernen«, meinte er schließlich, als ihm die Fragen zuviel wurden.
Dann ging er durch die breite Tür auf den Saal.
Auf der Bühne probte die Blaskapelle, Saalmädchen schwirrten umher, um die Wünsche der ersten Gäste zu erfüllen, und Sepp Reisinger, der Gastwirt, schaute zufrieden zu den Tischen, an denen immer mehr Gäste Platz nahmen.
Florian ging zu der Gruppe junger Leute hinüber, mit denen er immer zusammensaß, wenn er den Tanzabend besuchte. Nach seiner recht langen Abwesenheit wurde er mit großem Hallo begrüßt, und natürlich wollten die Burschen und Madln alles über Angela Hofmeister wissen.
»Sie ist meine Chefin, und ich komm’ gut mit ihr aus«, antwortete er. »Und sonst weiter nix.«
»Na, was net ist, kann ja noch werden«, meinte einer anzüglich.
Der Knecht bedachte ihn mit einem strafenden Blick und nahm einen Schluck aus dem Maßkrug, der vor ihm stand.
Allmählich füllte sich der Saal, und die Musikanten legten los. Florian schaute sich um. Von Angela Hofmeister war nichts zu sehen, und er fragte sich, ob sie es sich vielleicht anders überlegt hatte, doch dann erblickte er sie. An der Seite von Pfarrer Trenker betrat die junge Bäuerin den Saal.
Schön schaut s’ aus, dachte Florian und spürte, wie sein Herz einen Hüpfer tat, bei dem Anblick.
Wie gerne hätte er den Abend mit ihr verbracht, doch Angela setzte sich an den Tisch, an dem der Geistliche immer saß, wenn er an dem Tanzvergnügen teilnahm.
Damenwahl wurde angekündigt, und ein junges Madl forderte den Knecht auf. Er folgte auf die Tanzfläche, doch Augen hatte er nur für die Frau am anderen Tisch.
*
Mit klopfendem Herzen hatte Angela den Saal betreten. Pfarrer Trenker hatte sie zuvor mit Claudia Bachinger bekannt gemacht, als sie sich vor dem Hotel trafen. Die attraktive Journalistin war der Bäuerin auf den ersten Blick sympathisch, und als sie zusammen am Tisch saßen, begann eine rege Unterhaltung.
Schließlich forderte Max seine Liebste auf, und Angela wandte sich Pfarrer Trenker zu.
»Geht’s immer so hoch her?« fragte sie und trank einen Schluck Weinschorle.
»Jeden Samstagabend«, lachte der Geistliche. »Na ja, die Leut’ brauchen halt einen Ausgleich für die schwere Arbeit, die sie die ganze Woch’ über haben. Sie kennen S’ ja inzwischen.«
Angela nickte, konnte aber nicht weiter darüber sprechen, weil sie eine Stimme an ihrem Ohr vernahm.
»Darf ich bitten?«
Überrascht drehte sie sich um und sah Tobias Bruchthaler hinter ihrem Stuhl stehen. Sie stand auf, und er nahm ihren Arm. Auf der Tanzfläche verbeugte er sich noch einmal vor ihr, und dann stellte Angela fest, daß der Knecht vom Kremserhof nicht nur gut aussah, sondern auch wirklich so ein hervorragender Tänzer war, wie er behauptete.
»Schön, daß du hergekommen bist, Angela«, sagte Tobias und umfaßte sie noch fester. »Jetzt laß ich dich den ganzen Abend net mehr aus.«
Dabei zwinkerte er ihr vielversprechend zu. Die Bäuerin machte gute Miene zum bösen Spiel und lächelte zurück.
Daß er sie duzte und mit dem Vornamen ansprach, schien für Tobias selbstverständlich zu sein, und Angela hatte im Grunde nichts dagegen, auch wenn es ihr vielleicht ein wenig zu schnell ging. Dennoch, das Tanzen machte ihr Spaß, und die allgemeine fröhliche Stimmung steckte ohnehin an.
Nachdem die Musik geendet hatte, führte der Knecht sie allerdings nicht an ihren Tisch zurück, sondern hielt sie fest.
»Hat dir schon mal jemals ein Mann gesagt, wie schön du bist, Angela?« fragte er.
Sie schluckte unwillkürlich.
Um Himmels willen, kam jetzt etwa eine Liebeserklärung?
»Nein, wirklich sehr schön«, fuhr Tobias fort, als sie nicht antwortete. »Wie kommt’s, daß du net verheirat’ bist?«
Angela wußte nicht, was sie darauf antworten sollte, und zum Glück setzte die Musik wieder ein, und ihr Tanzpartner machte den ersten Schritt.
»Gefällt’s dir bei uns?«
»Ja, sehr gut.«
»Und auf dem Hof ist auch alles in Ordnung?«
»Ja, der Florian schafft tüchtig.«
»Wenn du Hilfe brauchst, laß es mich nur wissen. Ich komm’ jederzeit.«
»Dank’ dir recht schön, für dein Angebot«, erwiderte sie. »Aber das wird net nötig sein.«
»Na, das kann