Der Bergpfarrer Staffel 8 – Heimatroman. Toni Waidacher

Der Bergpfarrer Staffel 8 – Heimatroman - Toni Waidacher


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ein und nahm den Wecker in die Hand. Verschlafen schaute sie darauf, die Zeiger und Ziffern verschwammen vor ihren müden Augen, und Angela mußte sich erst einmal einen Ruck geben und sich zwingen, sie weit zu öffnen.

      Halb fünf – sie konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal so früh aufgestanden war. Dann hörte sie von draußen Geräusche und spähte durch die Vorhänge des Fensters. In den Ställen brannte Licht. Offenbar war Florian schon bei der Arbeit.

      Schnell sprang sie aus dem Bett und eilte ins Badezimmer. Zurück in ihrer Kammer überlegte Angela, was sie eigentlich anziehen sollte. Die Sachen, die sie während der Arbeit im Kaufhaus getragen hatte, eigneten sich wohl kaum für den Stall. Sie suchte eine Jeans heraus, die sie eigentlich schon in die Altkleidersammlung hatte geben wollen, und einen Pullover. Hastig fuhr sie sich noch einmal durch das Haar und lief die Treppe hinunter. Vor der Haustür standen die Gummistiefel, die der Knecht gestern für sie herausgesucht hatte, bevor sie ihren Rundgang gemacht hatten. Angela schlüpfte hinein und lief zum Schweinestall hinüber. Florian war bereits mit dem Ausmisten beschäftigt.

      »Guten Morgen«, rief Angela durch den Lärm, den die Tiere veranstalteten.

      Florian hatte die letzte Schaufel Mist auf eine Karre geworfen und schickte sich an, sie nach draußen zu fahren.

      »Guten Morgen«, nickte er zurück. »Haben S’ gut geschlafen?«

      »Viel zu lang’, fürcht’ ich. Die meiste Arbeit ist ja schon gemacht.«

      Der Bursche schmunzelte.

      »Beim Melken können S’ helfen«, meinte er.

      Die Arbeit am Melkstand ging Hand in Hand. Angela schob die Schläuche auf die Euter der Kühe, während Florian die vollen Kannen nach vorne, auf den Rollwagen, stellte.

      Als die letzte Kuh gemolken war, fuhren sie den Wagen mit den Milchkannen an die Straße. Dann wurden die Tiere gefüttert.

      »Was geschieht jetzt?« erkundigte sich die Bäuerin.

      Florian drückte ihr einen Korb in die Hand.

      »Jetzt können S’ nachschauen, ob die Hühner fleißig gelegt haben«, sagte er. »Ich kümmer’ mich derweil um das Frühstück.«

      Hühner kannte Angela bisher nur aus der Kühltruhe im Supermarkt. Mit gemischten Gefühlen öffnete sie die Tür zum Hühnerhof und betrat den Stall, in dem es recht dunkel war. Die Gelege befanden sich an der langen Wand, immer zwei Fächer, ausgepolstert mit Stroh, übereinander. Vorsichtig tastete ihre Hand nach den Eiern. Angela war froh, als sie den Stall wieder verlassen konnte. An diese Arbeit würde sie sich erst noch gewöhnen müssen.

      Als sie die Küche betrat, duftete es nach frischem Kaffee und brutzelndem Speck. Florian hatte den Tisch gedeckt und nahm ihr den Korb ab.

      »Sind schon fleißig, die Viecher«, meinte er gutgelaunt und schlug vier Eier in die Pfanne, zu dem bratenden Speck.

      Auf dem Tisch standen Butter, Wurst und Käse. Dazu gab es Brot, Milch und Marmelade. Der Knecht ließ die Spiegeleier auf einen großen Teller gleiten und stellte ihn dazu. Dann holte er den Kaffee und schenkte ein.

      »So, guten Appetit«, wünschte er und nahm selber Platz.

      »Sagen S’, Florian«, meinte Angela, während sie eine Brotscheibe mit Butter bestrich, »warum gibt’s eigentlich keinen Hund auf dem Ahringerhof?«

      Der Bursche zuckte die Schultern.

      »Es gab einen«, antwortete er. »Bis vor zwei Jahren, da lebte der Hasso noch. Als er dann eingeschläfert werden mußte, da wollt’ der Bauer keinen neuen anschaffen. Warum fragen S’? Hätten S’ gern einen?«

      »Ja. Warum net?«

      Florian nickte.

      »Stimmt schon. Warum net«, sagte er. »Da fällt mir übrigens ein, die Frau Dr. Wiesinger kommt am Nachmittag herauf, wegen der Lisa.«

      »Das ist die Kuh, die von den anderen abgesondert im Stall untergebracht ist, net wahr?«

      »Ja. Es wird net mehr lang dauern, bis sie ihr Kalb auf die Welt bringt. Fragen S’ die Frau Doktor doch mal, ob sie net weiß, wo ein Hund abzugeben ist.«

      »Eine gute Idee«, erwiderte Angela.

      Einen Hund hatte sie sich schon als kleines Madl gewünscht. Aber es hatte nie sein sollen. Mal war das Geld zu knapp, dann fehlte der Platz, und zuletzt, in Nürnberg, da ging es nicht, weil ihre Arbeitszeiten es nicht zuließen, einen Hund zu halten, und der Frau Wirtmeyer wollte sie es nicht zumuten, auf ein Tier aufzupassen.

      Jetzt sah Angela kein Hindernis mehr. Hier gab es Platz genug, und zu einem richtigen Bauernhof ge­hörte nun mal ein Hund!

      Nach dem Frühstück kam die junge Bäuerin sich dann recht einsam vor. Florian war in den Bergwald hinaufgefahren, um den Windbruch zu holen, und sonst gab es nicht viel, was Angela noch hätte tun können. Nachdem sie eine Weile unschlüssig herumgesessen hatte, beschloß sie, das ganze Haus auf den Kopf zu stellen. Gestern war ihr aufgefallen, daß es viele Dinge gab, die alt und unnütz waren. Bettwäsche gehörte dazu, ebenso Geschirr, bei dem Henkel, Ecken und Kanten abgebrochen waren und zerschlissene Gardinen und Vorhänge, die auf dem Dachboden in einem alten Koffer lagerten, und die bisher niemand, aus welchen Gründen auch immer, fortgeworfen hatte.

      Angela war so damit beschäftigt, daß sie gar nicht bemerkte, wie die Zeit verrann. Erschreckt stellte sie zwischendurch fest, daß sie sich längst um das Mittagessen hätte kümmern müssen.

      Hastig lief sie in die Speisekammer.

      Was hatte Florian noch gesagt, was sie kochen solle?

      Ihre Augen glitten über das Regal. Was dort alles lag und stand!

      Konserven, Pakete mit Hülsenfrüchten, Nudeln.

      Es fiel ihr wieder ein. Der Knecht hatte einen Nudelauflauf vorgeschlagen. Aber ein Blick auf die Uhr sagte ihr, daß es dafür schon viel zu spät war.

      In der Tiefkühltruhe fand sich ein Päckchen Hackfleisch. Angela nahm es, eine Tüte Nudeln und eine Dose Tomatenmark. Dann eilte sie in die Küche und stellte einen Topf mit Wasser auf den Herd. Dann suchte sie im Schrank nach Öl, nahm einen zweiten, kleineren Topf und merkte, daß sie die Zwiebel vergessen hatte. Also noch mal in die Speisekammer, dann zurück, Zwiebel schneiden und hacken – Himmel, wie das in den Augen brannte! –, dann zusammen mit dem Hack anbraten.

      Inzwischen kochte das Nudelwasser. Angela gab Salz hinein und die Nudeln dazu. Umrühren, vor allem auch die Zwiebelhackmasse, damit sie nicht anbrannte.

      So langsam kam die junge Bäuerin ins Schwitzen. Sie geriet in Hektik und hätte sich um ein Haar am Topf verbrannt, als es zischte und dampfte und sie ihn zurückziehen wollte, ohne einen Topflappen zu benutzen.

      Angela pustete auf die Finger. Sie rührte das Tomatenmark in das Zwiebel-Ölgemisch und füllte mit Wasser auf. Salz, Pfeffer und Zucker hinzu, kochen lassen.

      Die junge Frau atmete tief ein und wieder aus.

      Wenigstens das konnte sie. Nudeln mit Tomatenhacksauce gehörten früher zum ständigen Speiseplan. Zum einen weil es gut schmeckte, zum anderen, weil es ein preiswertes Essen war.

      Allerdings, stellte sie jetzt fest, fehlte hier der Parmesankäse. Verzweifelt suchte sie die Speisekammer ab. Auch im Kühlschrank nichts. Ihr Blick fiel auf ein Stück Bergkäse, das recht vertrocknet aussah.

      Besser als nichts, dachte Angela und rieb den Käse auf einen Teller.

      Die Nudeln waren gerade fertig geworden, als sie den Traktor auf den Hof fahren hörte.

      *

      »Das hat doch herrlich geschmeckt«, sagte Florian und wischte sich den Mund ab. »Wieso haben S’ denn behauptet, Sie könnten net kochen?«

      Angela lächelte verlegen.

      »Na ja, ein Nudelgericht zu bereiten, ist ja weiß Gott keine große Kochkunst«,


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