Leni Behrendt 6 – Liebesroman. Leni Behrendt

Leni Behrendt 6 – Liebesroman - Leni Behrendt


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bitten – und wenn er sich mit Erfüllung dieser Bitte auch noch so arg in die Nesseln setzt. Er gab sein Wort – und machte damit dem Bruder das Sterben leicht.

      Die Komteß wurde Marbods Frau, aber glücklich scheint sie nicht geworden zu sein. Das war die Strafe für ihre Niedertracht. Außerdem wurde sie schwindsüchtig, konnte unser Klima nicht vertragen und lebt nun bereits über ein Jahr im Süden. Hoffentlich wird sie nicht mehr gesund, was ich dem patenten Wetters von Herzen wünsche. Dann wäre er die Kanaille wenigstens auf gute Art los. Das wäre so alles, was ich weiß. Außerdem könnte ich nicht weiter erzählen, weil der Graf bereits die Straße überquert. Wahrscheinlich wird er in nächster Minute hier erscheinen. Nett von ihm, solange zu warten, bis ich eure Neugierde gestillt habe.«

      Da trat auch Marbod schon ein und winkte von weitem den beiden Damen zu. Das ließ die am Nebentisch zuerst zur Salzsäule erstarren, dann jedoch sprangen sie auf und suchten ihr Heil in der Flucht.

      »Die haben es aber eilig«, sah der Graf ihnen kopfschüttelnd nach. Dann wandte er sich den beiden andern zu.

      »Ich habe Sie von der Straße aus hier am Fenster sitzen sehen, meine Damen. Aber was haben Sie denn, Sie sind ja beide erschreckend blaß. Haben Sie sich etwa erkältet?«

      »Ich glaube nicht«, vermochte Adele zuerst zu antworten. »Bei uns geht das nicht so rasch, nicht wahr, Almut?«

      »Gewiß nicht, Möpschen.«

      »Das würde mich beruhigen. Herr Ober, bringen Sie bitte drei Glas Grog.«

      Bald stand das Gewünschte auf dem Tisch, und Marbod bat eindringlich: »Trinken Sie, meine Damen, wenn es auch nicht schmeckt. Aber es ist das einzige Mittel, um eine Krankheit zu verhüten. Wohl bekomm’s!«

      Jetzt kam auch die Gräfin hinzu, die lachend auf die Gläser sah.

      »Ihr habt es ja gut vor«, nahm sie den noch freien Sessel ein. »Am Vormittag Grog könnte man als Wagnis bezeichnen.«

      »Nur weil die Damen so blaß waren, Muttchen. Ich fürchtete, daß sie sich erkältet hätten.«

      »O weh, das wäre mir äußerst peinlich, da ich die Anstifterin der Fahrt bin. Ihre Augen glänzen so merkwürdig, Kleines, haben Sie etwa Fieber?«

      »Keine Spur, Frau Gräfin – das kommt vom Grog.«

      »Na, wenn man –«, meinte Erdmuthe. »Es wäre ratsam, schon mit dem Mittagszug zu fahren. Rufe an, Marbod, daß der Schlitten nicht abends, sondern mittags zur Station kommen soll.«

      »Auf keinen Fall –!« protestierte Almut energisch. »Uns fehlt bestimmt nichts. Nicht wahr, Möpschen?«

      »Natürlich nicht«, bekräftigte diese. »Wenn wir blaß gewesen sein sollten, was ich noch nicht einmal glaube, dann rührte diese Blässe nur von dem Radau her, mit dem die Leute, die vorhin am Nebentisch saßen, uns gehörig auf die Nerven fielen. Wir sind doch nicht zur Stadt gekommen, um gleich wieder umzukehren. Ich will mein Vergnügen haben, zum mindesten im Kino.«

      »Dann habe ich ja Gedanken lesen können, gnädiges Fräulein«, lachte Marbod. »Die Kinokarten stecken bereits in meiner Tasche. Nun erzählen Sie, ob Sie sich die Stadt auch genügend angesehen haben.«

      »Natürlich –«, log Adele freundlich. »Nettes Städtchen. Nach dem Spaziergang hatten wir tüchtigen Hunger, den wir mit Brühe und delikaten Schnitten stillten.«

      »Wenn Sie so großen Appetit entwickeln können, dann sind Sie wirklich nicht krank«, amüsierte sich die Gräfin. »Und damit Sie nicht aus der Übung kommen, werden wir gleich das Mittagessen bestellen.«

      Das ließ dann doch noch eine halbe Stunde auf sich warten, fiel dafür aber auch besonders schmackhaft aus.

      Da die erste Kinovorstellung früh begann, konnte man bald aufbrechen. Almut hatte wenig Lust, sich jetzt ein vielleicht tragisches Stück anzusehen. Ihr Schicksal kam ihr augenblicklich tragisch genug vor – und das des Mannes, der so stolz an ihrer Seite dahinschritt, war es wirklich. Und doch trug er es mit einer Selbstverständlichkeit, die Bewunderung einflößen mußte. Daher wollte sie sich von ihm nicht beschämen lassen, wollte tapfer ihr Herz bekämpfen.

      Almut hatte Glück. Das Kinostück war durchaus nicht tragisch, sondern sogar recht fröhlich und flott gespielt. Sie amüsierte sich köstlich und vergaß so wenigstens auf eine Stunde ihres Herzens Not. Als sie das Kino verließen, rief Marbod eine Autotaxe an. Auf die fragenden Blicke der drei lächelte er.

      Dann wartete sie schweigend der Dinge, die da kommen sollten. Und siehe da – sie waren gut.

      Denn das Auto hielt vor einem Strandhotel, in dem trotz der Winterszeit reger Betrieb herrschte. Trotzdem fanden sie einen freien Tisch am Fenster der Veranda, wo sie den Blick auf die See hatten. Entzückt schauten Adele und Almut hinaus, bis der Graf neckend fragte: »Wie ist es nun, gnädiges Fräulein? Wenn sich Herz und Auge laben, muß der Magen auch was haben.«

      »Richtig –«, nickte Adele begeistert. »Alles muß zu seinem Recht kommen.«

      Während man sich an Kaffee und Torte labte, schaute man immer wieder hinaus auf die bewegte See, die hier lange nicht so wildromantisch anmutete wie auf der Wettersburg. Trotzdem war das Bild herrlich genug, um sich von seinem Anblick kaum losreißen zu können.

      »Wie ich höre und sehe, wird nebenan getanzt«, klang Marbods Stimme in das Schweigen. »Hätten Sie Lust zu dem Tango, der soeben aufklingt, gnädiges Fräulein?«

      Lust hatte Almut absolut nicht, doch sie konnte dem Mann keine Absage geben, weil sich dazu keine Veranlassung bot. So erhob sie sich denn mit bangklopfendem Herzen und folgte Marbod in den Saal, wo die Paare beim elegantesten aller Tänze dahinschwebten.

      Zwischen den Klängen des Tangos stahl sich eine andere Weise, die Almut verfolgte im Wachen wie im Traum – die Lippen formten den Text dazu:

      Reiß aus dem Herzen, den Namen mir, der eingegraben steht,

      vergessen lernen will ich und verschmerzen –

      Und das Herz gab die Antwort: »Es ist zu spät.«

      Ja – es war zu spät. In diesem Augenblick wurde es ihr klar.

      Wenn er sie doch endlich aus dem Arm lassen wollte – sie konnte seine Nähe kaum noch ertragen. Und nun sprach er gar noch mit dieser dunklen Stimme, die jedesmal ihr Herz erzittern ließ: »Sie sind ja wieder so blaß, gnädiges Fräulein. Dazu flackern Ihre Augen in so merkwürdigem Glanz. Haben Sie am Ende doch Fieber?«

      Es gelang ihr tatsächlich, wieder harmlos zu tun.

      »Das macht die magische Beleuchtung, Herr Graf. Auch Ihr Gesicht schimmert wie Perlmutter...«

      Almut atmete auf, als die Musik schwieg. Sie ging an seiner Seite zum Tisch zurück, wo Gräfin Erdmuthe sie schon unruhig empfing.

      »Marbod, in einer halben Stunde fährt die Kleinbahn. Ich bin gespannt, wie wir sie von hier aus erreichen werden. Und nach Hause müssen wir, weil der Schlitten uns erwartet. Außerdem würde Vater sich um uns sorgen.«

      »Keine Angst, Muttchen, ist alles bestens geregelt. Das Auto, das uns herbrachte, wartet draußen, um uns zum Bahnhof zu fahren.«

      Als sie nach beendeter Bahnfahrt den Schlitten erreicht hatten, trat der Kutscher auf Almut zu und hielt ihr einen Pelz hin.

      »Den schickt Stephan zum Überziehen für das gnädige Fräulein. Er stammt von seiner seligen Frau.«

      »Wissen Sie auch, kleine Almut, welch eine Auszeichnung Ihnen eben zuteil geworden ist?«

      »Keine Ahnung, Frau Gräfin.«

      »Noch keinem andern Menschen hat unser Stephan den Pelz seiner verstorbenen Frau ausgeliehen. Auch den haben Sie bereits betört, unsern sonst so unbestechlichen Alten.«

      Schweigend wurde der Rest der Fahrt zurückgelegt. Vor dem Portal stürmten die Hunde freudejaulend entgegen. Auch der Schloßherr wurde sichtbar und mit ihm Stephan.

      »Da


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