Die kalte Braut. Stefan Bouxsein

Die kalte Braut - Stefan  Bouxsein


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hat, bevor sie ihm mit der Flasche den Schädel zertrümmert hat.«

      »Glauben Sie etwa, der Müller hat sich die Flasche selbst auf dem Kopf zertrümmert? Das ist doch Quatsch. Sie wird die Scherben vom Flaschenhals nach der Tat mit einem Handtuch abgewischt haben. So einfach ist das. Machen Sie mal ordentlich Druck bei der Dame, dann wird sie schon weich. Was macht eigentlich Kollege Krüger?«

      »Der leidet noch unter einem hartnäckigen Virus. Morgen wollte er mal reinschauen.«

      »Sie wissen Bescheid, schließen Sie den Fall ab und bauen Sie Ihre Überstunden ab. Ich muss dann mal weiter.«

      Kaum hatte Jensen das Büro verlassen, kam Charly herein.

      »Hi Charly.«

      »Hi. Mir ist gerade Jensen über den Weg gelaufen, der murmelte ziemlich verärgert was von nackig Skifahren vor sich hin.«

      »Ich habe ihm gerade die Traumakte gezeigt. Zum Glück hat er nur den ersten Traum gelesen.«

      »Gibt’s einen neuen?«

      »Ja, der Traum von den Alten. Hier, lies selbst. Ich gehe derweil Kaffee holen. Magst du auch einen?« Charly war schon tief in der Traumakte versunken und nickte nur geistesabwesend.

      Als Siebels mit zwei Bechern Kaffee zurückkam, schlug sich Charly feixend mit der Hand auf sein Knie. »Willst du Sabine tatsächlich heiraten? Frauen im Brautkleid sind zu allem fähig, hier steht es schwarz auf weiß.«

      Siebels verdrehte die Augen und berichtete Charly von seinen Gesprächen mit Paulsen und Wurmbach.

      »Du bist ja schon wieder tief am Graben und buddelst bestimmt noch viel Dreck aus. Aber meinst du wirklich, dass es da einen Zusammenhang zu deinem Fall gibt?«

      »Ich weiß es nicht«, gestand Siebels ratlos. »Ich bin schon am Überlegen, ob ich Till Undercover als Partner bei Paulsen einschleusen soll.«

      »Du scheinst wirklich verzweifelt und ratlos zu sein.«

      »Hack nicht so auf dem armen Till rum, selbst der lernt aus Fehlern.«

      »Bist du sicher?«

      »Nicht wirklich.«

      Die beiden spielten auf den letzten Fall an, bei dem Till als selbsternannter Undercoveragent im Bett einer Verdächtigen gelandet war.

      »Selbst wenn wir ihm eine wasserdichte Legende als Top-Uniabsolvent verschaffen, wird er als Consultant nicht lange bestehen können. Wahrscheinlich blamiert er sich schon beim ersten Gespräch mit Paulsen«, gab Charly zu bedenken. »Ich habe da eine bessere Idee. Wir machen ihn zum Kunden von einem von Paulsens Partnern.«

      »Charly, das gefällt mir. Manchmal hast du wirklich gute Ideen. Bist du eigentlich schon mal im Dr. Flotte gewesen?«

      »Da trinke ich manchmal ein Bier, wenn die Eintracht spielt.«

      »Nimmst du mich mal mit?«

      »Klar, da machen wir demnächst mal einen gepflegten Männerabend.«

      »Fein. Dann bräuchte ich bis morgen eine Liste von den Partnern, damit wir den richtigen für Till aussuchen können.«

      »Dann sollte ich mich wohl auf die weiblichen beschränken?«

      »Ach was, mit Till und Johanna läuft es doch prima zurzeit. Nach der Geschichte mit der Schneider ist er richtig solide geworden. Jetzt fahren wir erst mal zur Wohnung von Frau Lehmann, vielleicht finden wir auf ihrem Computer ja schon die nötigen Informationen zu den Partnern.«

      Sabine Lehmann bewohnte eine Eigentumswohnung in einem Neubau der Bornheimer Landwehr. Fünf Zimmer, Küche, Bad, Garage. Siebels löste das Polizeisiegel an der Wohnungstür und trat ein. Charly folgte ihm, suchte ohne Umschweife nach dem Computer und fand ihn im Arbeitszimmer. Regale voll mit Aktenordnern und Fachbüchern zeugten davon, dass Sabine Lehmann viel gearbeitet hatte. Siebels schritt nachdenklich durch die restlichen lichtdurchfluteten Zimmer. Designermöbelstücke im Wohnzimmer, viel Edelstahl in der Küche, kaum etwas Persönliches in der ganzen Wohnung. Er ging zu Charly ins Arbeitszimmer und schaute sich den Inhalt der Aktenordner an, während Charly leise summend den PC hochfuhr. Alles war penibel geordnet. Siebels verschaffte sich einen Überblick über die Mandanten von Sabine Lehmann. Zahnärzte, Chirurgen, Allgemeinmediziner mit eigenen Praxen und viele Krankenhausärzte machten den Großteil ihrer Kundschaft aus. Auf diese Klientel schien sie sich spezialisiert zu haben. Wahrscheinlich wurde sie innerhalb dieser Gruppen weiterempfohlen. Viele kleine Fische, wie Paulsen sich ausgedrückt hatte. Sabine Lehmann hatte ordentlich Buch geführt. Persönliche Daten standen jeweils auf dem Mandanten-Deckblatt. Dahinter folgte ein kurzes Dossier über deren Vermögensverhältnisse und eine entsprechende Einteilung in die Kategorien A, B und C. A-Kandidaten wurden bevorzugt behandelt, Mitglieder der B-Gruppe wurden regelmäßig kontaktiert. Die C-Gruppe zählte die meisten Mitglieder, zu diesen hatte Sabine Lehmann anscheinend nur losen Kontakt und wenig Geschäftsverbindungen. Diese Gruppe stellte das Reservoir, aus dem die A- und B-Gruppe weiter gefüttert werden musste. Fast alle Mandanten aus der A- und der B-Gruppe hatten einen Vermerk, wann und mit welcher Transaktion sie in der Gruppenhierarchie aufgestiegen waren. Meist handelte es sich um steuerbegünstigte Immobiliengeschäfte. In der lukrativen Unternehmensberatung schien Sabine Lehmann wenig Glück gehabt zu haben. Mehrere Aktenordner dokumentierten ihre Anstrengungen, in diesem Metier Fuß zu fassen. Anschreiben an Unternehmer, Telefonnotizen und Hintergrundrecherchen über Unternehmen aus verschiedenen Branchen zeugten von ihren Aktivitäten.

      »Ich hab sie«, murmelte Charly.

      Siebels stellte den Aktenordner zurück ins Regal.

      »Wen?«

      »Na, die Liste mit den Partnern. Anfang Januar hat Paulsen eine E-Mail an seine Leute geschickt. Im Anhang das Ranking mit den Umsatzzahlen aus dem letzten Jahr. 78 Partner aus Deutschland sind aufgeführt. Der erfolgreichste heißt Lukas Krombach und kommt aus München. 85 Millionen Euro Umsatz hat er erwirtschaftet.«

      »So viel? Wie hat er das denn gemacht?«

      Charly schob den Mauszeiger über die Exceltabelle auf den eingegebenen Wert. Ein Informationsfeld öffnete sich.

      »Das ist wohl ein Auszug von seiner Kundschaft«, mutmaßte Charly.

      »BMW, FC Bayern, Allianz«, las Siebels leise vor. »Davon konnte Frau Lehmann nur träumen.«

      »Die träumt aber doch von ganz anderen Dingen«, feixte Charly.

      »Wo steht sie denn auf dem Ranking?«, wollte Siebels wissen.

      Charly scrollte die Liste nach unten und fand sie auf Platz 69.

      »Laut Paulsen steht sie viel besser da«, bemerkte Siebels nachdenklich.

      »Immerhin hat sie 3,5 Millionen gemacht.«

      »Sind bei ihr auch die Highlights eingetragen?«

      Charly schob den Mauszeiger wieder auf das Umsatzfeld.

      »Fraport« war die einzige eingetragene Information.

      »Komisch. Vom Flughafen habe ich gar keine Unterlagen in ihren Ordnern gesehen.«

      »Ich schaue nachher noch, ob ich dazu etwas auf dem Rechner finde. Jetzt suchen wir erst mal nach einer netten Partnerin für Till, oder?«

      Charly sortierte die Liste alphabetisch nach den Niederlassungen der Partner. In Frankfurt waren neben Sabine Lehmann noch vier weitere Consultants aktiv. Jeremy Boyle, Peter Bockelmann, Silvia Förster und Nadine Busch. Jeremy Boyle führte den Frankfurter Umsatz mit 16 Millionen Euro an. Zu seinen Kunden gehörten die Deutsche Bank, die Stadt Frankfurt und die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Silvia Förster lag mit acht Millionen genau zwischen Jeremy Boyle und Sabine Lehmann. Nadine Busch kam auf knapp sieben Millionen. Peter Bockelmann brachte 150.000 Euro auf die Waage und war damit auf einem der hintersten Plätze in der Liste gelandet.

      »Silvia oder Nadine?«, fragte Charly schelmisch.

      »Ich bin für Jeremy.«

      »Der


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