Die kalte Braut. Stefan Bouxsein

Die kalte Braut - Stefan  Bouxsein


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ist zu schlecht, der fliegt bei Paulsen bestimmt bald raus.«

      »Dann besorge mir mehr Informationen zu den zwei Damen«, seufzte Siebels.

      »Wird erledigt. Morgen früh hast du die Vita der Damen auf deinem Schreibtisch.«

      »Okay. Aber noch ist in dieser Angelegenheit das letzte Wort nicht gesprochen.«

      »Mache dir mal keine Sorgen um Till und nimm mein Geschwätz nicht so ernst. Till macht einen guten Job, das weißt du doch besser als ich.«

      »Der soll erst mal wieder gesund werden«, beendete Siebels das Thema und widmete sich den Schubladen des Schreibtisches, auf dem der Computer stand. Er wühlte darin herum und fand schließlich, was er gesucht hatte. Den Fahrzeugbrief von Sabine Lehmanns Porsche und den Kaufvertrag von dem Porsche-Händler. »Ein 911er Carrera mit 385 PS, der macht in der Spitze 297 km/h.«

      »Was hat er gekostet?«, fragte Charly neugierig.

      »102.000 Euro. Aber Frau Lehmann bekam Rabatt. Sie hat nur 95.000 bezahlt. 30.000 hat sie angezahlt, der Rest läuft über eine Finanzierung. Pro Monat 5.000 Euro.«

      »Die Kiste steht unten in der Garage?«

      »Ja, das hat Frau Lehmann gesagt. Wir können ja mal runter gehen und uns das gute Stück anschauen.«

      »Nur anschauen? Der Schlüssel kann doch auch nicht weit sein.« Charly stand auf und verließ das Arbeitszimmer. Siebels schaute ihm kopfschüttelnd hinterher.

      »Hier liegt er ja«, rief Charly aus dem Schlafzimmer. »Und da ist sogar noch einer, von einem Volvo.«

      »Das dürfte der Schlüssel von Müllers Wagen sein«, mutmaßte Siebels. »Na komm, Charly, dann gehen wir mal Porsche gucken.«

      Im Untergeschoss des Hauses lag die Sammelgarage mit Stellplätzen für etwa zwanzig Wagen. Der blaue Porsche stand gut sichtbar in der Mitte. Genau daneben der Volvo. Charlys Fingerspitzen streichelten den glänzenden Lack des Porsches.

      »Wie fühlt er sich an?«, wollte Siebels wissen.

      »Heiß. Und er spricht mit mir. Fahr mich, flüstert er mir zu, fahr mich doch endlich.«

      »Hast du als Kind keine Carrera-Bahn gehabt?«

      »Ich habe sie immer noch«, gab Charly stolz zu und entriegelte mit einem Knopfdruck auf der Fernbedienung den Wagen. »Ich öffne jetzt die Tür zum Heiligtum«, flüsterte Charly. Zwei Sekunden später saß er auf dem ledernen Fahrersitz und streichelte das Lenkrad. Siebels ließ den frischverliebten Charly bei seiner neuen Liebe und widmete sich dem Volvo. Auf dem Rücksitz lag eine Leinentasche. Darin fand Siebels einen Aktenordner. »Fraport« stand in der Handschrift von Sabine Lehmann auf dem Ordnerrücken. Siebels wollte den Ordner gerade aufschlagen, als das kraftvolle Motorengeräusch des Porsche erklang. Charly drückte strahlend auf das Gaspedal und verursachte einen ohrenbetäubenden Lärm. Siebels nahm den Ordner, schloss den Volvo wieder ab und öffnete verärgert die Beifahrertür vom Porsche.

      »Spinnst du?«

      »Setz dich rein«, frohlockte Charly.

      Kaum saß Siebels neben Charly, legte der den ersten Gang ein und ließ den Porsche losrollen.

      »Das machst du nicht«, flehte Siebels.

      »Bist du schon mal so ein Auto gefahren?«, fragte Charly grinsend.

      »Nein. Und ich will so ein Auto auch gar nicht fahren.«

      Charly lenkte den Porsche vor die Lichtschranke der Ausfahrt. Langsam öffnete sich das Rolltor.

      »Nur eine Runde um den Block. Das gehört zur polizeilichen Ermittlung.«

      Bevor Siebels etwas erwidern konnte, fuhr Charly die Auffahrt hoch. Mit quietschenden Reifen bog er in die Straße ein und ließ den PS-starken Motor aufheulen. Siebels schaute erschrocken auf den Tacho. Charly lenkte den Porsche mit Tempo 80 durch die enge Straße. Dann bremste er scharf, bog ab und gab wieder Gas. Charly fuhr über die Berger Straße und bog an deren Ende auf den City-Ring ab. Mit waghalsigen Spurwechseln überholte er die anderen Autos im fließenden Verkehr. An der Alten Oper stoppte er an der roten Ampel und grinste Siebels an. »Geiles Fahrgefühl, oder?«

      Hinter dem Porsche heulte ein Martinshorn auf. Auf dem Dach des grün-silbernen Wagens drehte sich nicht nur das Blaulicht. »Polizeikontrolle« leuchtete in roten Buchstaben auf dem schmalen Display zwischen dem jetzt lautlosen Blaulicht.

      »So eine Scheiße«, fluchte Charly.

      Siebels ließ das Seitenfenster herunter und wartete auf die Polizisten. Als der eine Beamte neben dem Porsche stand, zückte Siebels seinen Dienstausweis.

      »Wir befinden uns im Einsatz.«

      »In einem Porsche?«, fragte der Beamte staunend.

      »In einem Porsche«, bestätigte Siebels und schaute den Beamten tadelnd an. Der nickte dann auch dienstbeflissen und ging mit seinem Kollegen zurück zu seinem Einsatzfahrzeug.

      »Der geplante Abend im Dr. Flotte geht auf mich«, bot Charly kleinlaut an.

      »Das sehe ich auch so. Jetzt fahr mal gleich weiter in die Hanauer Landstraße. Da ist der Porsche-Händler. Mit dem will ich noch reden.«

      »Wie jetzt? Mit der Kiste hier?«

      »Klar, da kommt es jetzt auch nicht mehr drauf an. Auf dem Rückweg kannst du ja mal fünf Liter tanken.«

      Charly nickte verwirrt und gab Gas.

      Siebels würdigte die auf Hochglanz polierten Sportwagen in dem Verkaufsraum mit keinem Blick, sondern lief schnurstracks zu der jungen Dame am Informationsschalter. Charly blieb gleich beim ersten Cabrio hängen und bekam wieder Lust auf Streicheleinheiten. Sanft strichen seine Fingerspitzen über den roten Lack des Flitzers. Erst als Siebels nach ihm rief, trennte er sich schweren Herzens von dem Objekt seiner Begierde. Charly folgte Siebels und Siebels folgte der jungen Frau in das Büro des Chefs.

      Der Chef hieß Udo Meier und bot seinen Besuchern einen Platz und einen Kaffee an.

      »Sie suchen nach einem geeigneten Sportwagen?«, fragte er lächelnd und zeigte dabei eine makellos weiße Zahnreihe.

      »Wir interessieren uns für Ihre Kundschaft«, brachte Siebels es ohne Umschweife auf den Punkt. Das charmante Lächeln seines Gegenüber erstarb schlagartig.

      Siebels hielt ihm seinen Ausweis vor die Nase. »Kriminalpolizei. Wir ermitteln in einem Mordfall, in dem eine Kundin von Ihnen verwickelt ist.«

      »Wie kann ich Ihnen da behilflich sein?«, fragte Udo Meier unsicher.

      »Es geht um Frau Sabine Lehmann. Kennen Sie sie?«

      Meier zupfte nervös an seinen mit dem Porsche-Emblem verzierten Manschetten.

      »Ähm. Ja, natürlich kenne ich Frau Lehmann. Sie hat vor einiger Zeit einen Wagen bei mir gekauft.«

      »Ich habe den Kaufvertrag gesehen. Sie bekam etwa 7.000 Euro Rabatt. Gab es dafür einen besonderen Grund?«

      Meier fuhr sich mit der Hand nervös durch sein dichtes schwarzes Haar. »Da müsste ich mal nachsehen.«

      »Bitte«, forderte Siebels ihn auf.

      Meier nickte unentschlossen und wendete sich dann seinem Computer zu. Charly bewunderte die Autorität, mit der Siebels hier auftrat.

      »Ja, hier habe ich den Vorgang«, murmelte Meier und nickte wie zur Selbstbestätigung seinen Monitor an. »Frau Lehmann kam auf besondere Empfehlung. Daher die guten Konditionen.«

      »Wie lange arbeiten Sie denn schon mit Herrn Paulsen zusammen?«, fragte Siebels provokant.

      »Was wollen Sie eigentlich wirklich wissen?«, fragte Meier resignierend.

      »Wie lange Sie mit Herrn Paulsen schon zusammenarbeiten«, wiederholte Siebels monoton seine Frage.

      »Nun, wir arbeiten nicht direkt


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