Griechische Mythologie. Ludwig Preller
rel="nofollow" href="#ulink_7a66a391-9702-579e-be64-cc11885c1aff">534. Also mögen sich diese Ideen der Sühne, auf welche wir zurückkommen werden, zuerst und vorzugsweise in diesen Kreisen des lykischen Apollodienstes entwickelt haben.
Nicht minder alterthümlich und bedeutungsvoll ist der Gottesdienst des Apollo von Amyklae, welcher durch die Hyakinthien gefeiert wurde, und der des Apollo Karneios und der Karneen in Sparta und der Pelopsinsel überhaupt. Beide Dienste waren vordorisch, obgleich sie erst durch die dorische Bevölkerung der Halbinsel recht in Aufnahme kamen. Das Amyklaeon, so hieß der alte Tempel des Apollo von Amyklae, der früher sehr bedeutenden, später neben Sparta herabgekommenen Stadt, die in einer sehr fruchtbaren Gegend lag, gehörte zu den angesehensten Heiligthümern in Lakedaemon, die Bilder des Apollo in demselben zu den alterthümlichsten und merkwürdigsten in Griechenland535. Das von Pausanias beschriebene Bild, ein Pfeiler dem man Füße und Hände und ein behelmtes Haupt angesetzt und Bogen und Lanze in die Hände gegeben hatte, stand auf einem kunstreich geschmückten Sessel, unter welchem sich das Grab des Hyakinthos befand, welchem an den Hyakinthien an dieser Stelle ein Todtenopfer dargebracht wurde. Es war der verklärte Liebling des Amyklaeischen Apoll, welcher ihn der Sage nach beim Spiele mit seinem Diskos getödtet hatte, worauf die Erde aus seinem Blute die nach ihm benannte Blume von düstrer Farbe und Bedeutung entstehen ließ536: eins jener schwermüthigen, früh zum Volksgesang gewordenen Sinnbilder der vergänglichen Lust des Jugendreizes und des Frühlings, dessen Blüthen unter den Strahlen der Sonne, auf welche der Diskos deutet, und in der Gluth des Hundssterns schnell dahinstirbt; daher man seinen Bruder Kynortas d. i. Hundsaufgang nannte, während seine Schwester Polyboia an die nährende Fruchtbarkeit des Thales von Amyklae erinnerte. Wie sich aber in solchen Legenden und den entsprechenden Gebräuchen der Schmerz der Klage immer mit der hoffnungsvollen Lust der Wiederkehr des Schönen mischte, so war auch das Fest der Hyakinthien, welches mitten im Sommer, in Lakonien vom 7 Hekatombeus an drei Tage lang gefeiert wurde, ein aus schwermüthigen und aus heiteren Gebräuchen gemischtes537, weil man den Hyakinthos zugleich als einen Verstorbenen und als einen wie Dionysos und Herakles Erhöheten feierte. Nicht minder verbreitet war im Peloponnes und bei den Doriern überhaupt der Dienst des Apollo Karneios538. Wir begegnen seinen Festen besonders zu Sparta und in Lakonien, aber auch in Messenien, auch in Argos Korinth und Sikyon539. Sein Ursprung wurde bald von dem kadmeischen Geschlechte der Aegiden abgeleitet, welches diesen Dienst in früherer Zeit von Theben nach Sparta, später von dort nach Thera und Kyrene verpflanzte540, bald von einem Apollinischen Weissager Karnos, welcher die Herakliden bei ihrer Rückkehr nach dem Peloponnes begleitet habe und dessen Mord durch einen derselben den Doriern den Zorn des Apollo zugezogen und dadurch zu der Stiftung des Sühnfestes Veranlassung gegeben habe. Der Name hängt zusammen mit dem Worte κάρνος d. i. Schaafbock, Widder541, so daß also Apollo Karneios nur eine eigenthümliche Form der weitverbreiteten Verehrung des Ap. Nomios wäre, des Gottes der Weiden und der Heerden; daher in dem karneasischen Haine in der Nähe der alten Stadt Andania im obern Messenien Hermes mit dem Widder und Demeter mit ihrer Tochter neben diesem Apollo verehrt wurden542. Dahingegen er in Sparta, wo das Fest in den Monat Karneios fiel, welcher auf den Hekatombeus folgte und unserm August entsprach, und in diesem Monate vom 7 bis 15 neun Tage lang dauerte, mit kriegerischen Erinnerungen und musikalischen Uebungen gefeiert wurde, welche seit Terpander zu immer größerem Ansehn gelangt waren543. Von Sparta war dieser Dienst mit den Aegiden über Thera nach Kyrene gewandert, wo die Feier der Kameen gleichfalls zu den festlichsten und heiligsten gehörte544. Auch finden sich Hyakinthien und Kameen oder die entsprechenden Monate auf Rhodos und den benachbarten Inseln, auch auf Sicilien, namentlich zu Syrakus Gela und Agrigent, endlich in Italien zu Tarent und Sybaris545. Auch der nach dem triopischen Vorgebirge bei Knidos benannte Dienst des Apollo, unter dessen Schutz die Dorier der Hexapolis ihre Bundesversammlungen hielten und dem wir auch auf Rhodos und den benachbarten Inseln begegnen, von wo er sich weiter nach Agrigent verbreitet hatte546, scheint zu derselben Klasse des dorischen Apollodienstes gehört zu haben. Wenigstens durchkreuzte sich auch hier die Verehrung der chthonischen Götter mit der des Apollo, wie in jenen Gebräuchen und Legenden zu Amyklae und in dem karneasischen Haine bei Andania.
Fußnote
494 Aesch. Pr. 22 ἡλίου φοίβη φλογί, daher die Titanin Φοίβη S. 40. Dem Lichte entspricht die Reinheit, daher Φοῖβος i. q. ἀγνός, doch sagten erst die alexandrinischen Dichter φοῖβον ὕδωρ, Lykophr. 1009, Apollon. lex. Hom. p. 164. Der Gebrauch des Wortes φοιβάς für μαινάς b. Eur. Hek. 827 u. A., vgl. φοιβάζω d. i. vaticinor, aber auch purgo, φοιβόλαμπτος Herod. 4, 13, φοιβονομεῖσϑαι Plut. Εἰ ap. Delph. 20 ist erst in der gottesdienstlichen Praxis entstanden.
495 Ahrens dial. Dor. p. 122. Die weite Verbreitung des Monats Ἀπελλαῖος (auf Tenos Ἀπελλαιών) beweist daß diese Form nicht blos dorisch war. Ueber Ἀπλοῦν s. Plat. Krat. 405 C, C. I. n. 1766. 1767. Unter den Alten vgl. Kassandra b. Aesch. Ag. 1081 ἀπόλλων ἐμός, ἀπώλεσας γὰρ οὐ μόλις τὸ δεύτερον und Archilochos u. Euripides b. Macrob. S. 1, 17, 10. Das Verbum ἀπέλλειν kennen Hesych u. Et. M. 120, 52. Vgl. O. Müller Dor. 1, 301 , Schoemann Opusc. 1, 338, Welcker Gr. G. 1, 460.
496 Auf ältere Traditionen von Männern und Frauen deutet Hom. H. in Ap. Del. 160, den Lykier Olen nennen Herod. 4, 35, Kallim. Del. 304, Paus. 1, 18, 5; 2, 13, 3; 5, 7, 4; 8, 21, 2; 9, 27, 2; 10, 5, 4. Auch Homer und Hesiod sollen zur Ehre Apolls auf Delos gesungen haben, Schol. Pind. N. 2, 1.
497 H. in Ap. Pyth. 210 ff., 355 ff., Paus. 2, 7, 7; 30, 3; 10, 7, 2; 16, 3.
498 Hesiod th. 404, Hymn. in Ap. Del. 1–13, Horat. Od. 1, 21 Latonamque supremo dilectam penitus Iovi, vgl. oben S. 107. In Delos Delphi und sonst wurde sie sehr verehrt, in Argos gab es einen T. der Leto mit einem Bilde von Praxiteles, Paus. 2, 21, 10, an der attisch-megarischen Grenze einen T. des Ap. Λατῶος, P. 1, 44, 4. Apollo selbst heißt im epischen Gesange oft mit Auszeichnung Λητοῦς καὶ Διὸς υἱὸς oder ἄναξ τὸν ἠύκομος τέκε Λητώ. Leto ist κυδίστη ϑυγάτηρ μεγάλοιο Κοίοιο, H. Ap. Del. 62, daher Κοιηὶς oder Κοιογενής bei Kallimachos, s. oben S. 40. Auf den Vasenbildern sieht man sie meist mit ihren beiden Kindern.
499 Λητῷον am Xanthos in der Nähe der St. Xanthos, Strabo 14, 665, Λητῷον ἄλσος auf rhodischem Gebiete in der Nähe von Lykien und an der Küste von Rhodos, ib. p. 651. 652. Die Ableitung von λαϑεῖν will die neuere Sprachforschung nicht gelten lassen; wahrscheinlich ist Λήδα derselbe Name, s. dort. Λητὼ μυχία oder νυχία b.