Herzmanovskys kleiner Bruder. Egyd Gstattner
ganz einfach Chance, statt Massenarmut ganz einfach soziale Endmoräne. Irgenwann einmal wird man die ursprünglichen Begriffe vergessen haben. Und wenn uns einmal überhaupt nichts einfällt, was wir sagen könnten, wenn wir nichts zu sagen haben, sagen wir, anstatt nichts zu sagen, Fitness. Hauptsache, wir schreiben Geschichte. So, und zum Abschluß machen wir noch alle zusammen einen Altstadtspaziergang, ein Gruppenphoto und singen alle zusammen einmal Song of Joy.
Tschechien und die Slowakei sind sogar Europameister geworden unter dem Namen Tschechoslowakei gegen Deutschland ohne Ostdeutschland. Österreich war nicht dabei. Natürlich ist auch Deutschland mit Ostdeutschland später gegen Tschechien ohne Slowakei Europameister geworden. Österreich war nicht dabei. Sogar Holland ist Europameister geworden, dieses unter dem Meeresspiegel verborgene Käse-, Tulpen- und Schlittschuhläuferländchen, hauptsächlich dank der Legionäre aus Surinam. Dänemark war schon Europameister. Dänemark!!! Österreich war noch nie dabei. Was mir sonst noch auffällt, ist, daß meine Eurosparkartoffeln deutsche Kartoffeln sind, die von Deutschland zum Waschen nach Italien geführt und in gewaschenem Zustand von Italien zurück nach Deutschland transportiert werden. Nicht nur dadurch ist die Schadstoffemission bei den Mautstellen so arg, daß die dunkelblaue europäische Fahne, die dort hängt, mittlerweile ganz schwarz geworden ist. Nicht nur dadurch ist der Durchzugsverkehr auf den von Norden nach Süden verlaufenden österreichischen Autobahnen so stark, daß die weißen Mittelstreifen Europas schnell abgefahren sind und darunter hochnotpeinlich die guten alten kaisergelben Autobahnmittelstreifen aus dem ehemaligen Österreich wieder zum Vorschein kommen. Naja.
Und damit der Präsident nichts wert ist, brauchen wir übrigens auch eine Präsidentschaft: Die lassen wir halbjährlich rotieren, damit sie ohne Folgen bleibt und die Fluggesellschaften eine Freude haben. Auch Österreich ist schon an die Reihe gekommen – tu felix Austria! – und die Mehrheit der Österreicher ist der Meinungsforschungsmeinung, daß Österreich diese heikle Aufgabe bestens gemeistert hat. Es haben ja alle die Plakate gelesen. In Lukullus, der Kundenzeitung des österreichischen Fleischerhandwerks, meint ein Fleischhacker aus Untersiebenbrunn in einem Leserbrief sogar, Österreich habe die einmalige Chance der EU-Präsidentschaft genützt, sich in würdiger Form als enormes Kulturland zu präsentieren. Wollen wir es hoffen! Noch eindrucksvoller wäre die Kulturnationspräsentation ausgefallen, hätten alle österreichischen Künstler in ihre Kunstwerke Halbzeitpausen eingebaut, in denen dann der Bundeskanzler hätte Platz nehmen können. Immerhin haben die EU-Kommissare in der Hofburg lukullische Schinkenfleckerln gemampft. Naja.
Angestachelt durch die Präsidentschaft bewirbt sich Österreich nun endlich auch um die Austragung einer wirklichen Europameisterschaft. Denn das Veranstalterland ist automatisch qualifiziert und darf ohne jeden Fitneßtest und Leistungsnachweis an der Europameisterschaft teilnehmen, womit also wieder ein automatischer Meilenstein in der Geschichte unseres meilensteinreichen Landes gesetzt wäre. Europa wird nach Wien kommen. Europa wird nach Innsbruck kommen. Europa wird nach St. Pölten kommen, dem Brüssel Niederösterreichs. AEIEUU, eventuell zu jodeln. Da sich das Veranstalterland erfahrungsgemäß immer steigert, könnte Österreich dann durchaus sogar Europameister werden, unter der Voraussetzung natürlich, daß Österreich bis dahin überhaupt noch existiert. Denn schon gibt es Madigmacher und Skeptiker, die meinen, daß dann im großen und ganzen nur noch ein einziges Turnierspiel möglich sein wird: Europa gegen Schweiz. Das wird aber langweilig werden.
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