Karin Bucha Paket 1 – Liebesroman. Karin Bucha

Karin Bucha Paket 1 – Liebesroman - Karin Bucha


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gerade, als habe sie nur auf diese Worte gewartet, um in das dunkle Reich der Toten einzutreten.

      *

      »Wird es auch nicht zuviel für Viola, wenn sie die ganze Wahrheit erfährt?« erkundigt Hermann sich bei Doktor Weidmann, den sie herbeigerufen haben.

      »Teilen Sie ihr nur die glückliche Wendung mit. Später können Sie ihr dann von dem Tagebuch Feodora Kempens Kenntnis geben, aus dem sie alles erfährt.«

      Kempen hält sich fern. Jetzt gehört er nicht an Violas Bett. Er hat die schönsten Blumen aus dem Treibhaus kommen lassen. Sie sind in alle Vasen verteilt. Sie liegt in ihrem reizenden Wohnzimmer auf der Couch und träumt vor sich hin.

      Es ist kein glückliches Gesicht, und die Gedanken sind nicht erfreulich. Noch hat sie den Gedanken an Jochen nicht ganz überwunden. Schon wenn sie sich sein Gesicht vergegenwärtigt, beginnt sie zu zittern.

      Aber dann gleiten die Gedanken ab, hin zu Tilo Kempen. Sie weiß, daß sie ihn abgöttisch liebt, und wenn sie daran denkt, daß sie den Druck seiner Lippen auf ihrem Mund gespürt hat, errötet sie tief.

      »Besuch!« tritt Hertha mit einem besonders frohen Lächeln in das Zimmer und reißt Viola aus diesen Grübelelen. »Darf er hereinkommen?«

      Viola lächelt glücklich. Seit wann meldet Tilo Kempen sich formvoll an?

      Aber dann ist es Mister Harry, den sie lange nicht gesehen hat – und neben ihm geht eine Frau, eine fremde Frau. Sie hat nur Augen fur diese Frau. Blitzschnell verändert sich das Antlitz vor ihr, sie sieht ein Bild auf einem Bodenraum.

      »Die Urahne‹‹, stößt sie mit bebender Stimme hervor.

      Franziska läßt sich auf ihre Knie neben Viola nieder. Ihr ist der Hals wie zugeschnürt. Kein Wort vermag sie zu sagen. Sie betrachtet sich das süße Gesicht und sie weiß, das ist ihr Kind, Blut von ihrem Blut. Tränen laufen ihr über die Wangen, Tränen des Glücks und der Dankbarkeit, wie nur eine Mutter weinen kann.

      »Nicht die Urahne, Viola –« Harry muß seine Stimme zur Festigkeit zwingen. »Es ist – deine Mutter – und ich –«

      »– Mein Vater!« flüstert sie ahnungsvoll. Sie sinkt zurück in das weiche Kissen. In ihren Ohren rauscht es, daß sie vermeint, abermals in eine grundlose Tiefe zu fallen. Aber sie zwingt sich.

      Vater und Mutter! Sie ist kein Waisenkind mehr?

      »Lieber Gott, ich kann das nicht fassen. Ich kann das nicht fassen.«

      »Viola!« Melodisch ist Franziskas Stimme, wenn auch vom Schluchzen geschüttelt. »Du liebes, geliebtes Kind.«

      Sanft zieht sie Viola an sich, und an Franziskas Herzen weint sie vor Glück und Freude.

      Merkwürdig! Auch der Gedanke, daß es ihr Vater war, der sie dem Unhold damals entrissen hat, nimmt auch die letzte Scham von ihr – und ihre Seele wird ruhig.

      Als Kempen kommt, die Arme voller Blumen, findet er eine kleine, unsagbar glückliche Familie vor.

      »Und wie kam das alles?« forscht Viola, die Blumen mit einem Aufleuchten der blauen Augensterne entgegennehmend, an deren dunklen Wimpern noch die letzten Tränen leuchten.

      »Liebes Kind!« Hermann hält Franziska und Viola mit beiden Armen umschlungen. »Darüber gibt uns ein hinterlassenes Tagebuch Auskunft. Hinter allen Treibereien, Gemeinheiten und Intrigen, die mich in die Fremde trieben und deiner Mutter fast das Leben gekostet haben, denn ich wußte nicht, daß sie dich unter dem Herzen trug, steht Feodora Kempen, die mich wahnsinnig mit ihrer Leidenschaft verfolgte, die auch das Bodenbach’sche Schlößchen in den Besitz der Kempens bringen ließ. Ihr Vater, Tilo, der nur diese eine Schwester hatte, konnte ihr keinen Wunsch abschlagen, zumal er wußte, wie sehr sie unter dieser verschmähten Liebe litt. Er hat auch nichts von diesen Intrigen gewußt.«

      Nachdenklich sieht Viola von einem zum anderen; auf Kempens schmal gewordenem Gesicht bleibt ihr Blick haften.

      »Nun bin ich kein Waisenkind mehr, das man schmähen darf«, sagt sie leise, kaum verständlich. Kempens Mund zuckt. Flüchtig denkt er, was Viola alles über sich hat ergehen lassen.

      »Nein, Viola, nun bist du kein Waisenkind mehr«, sagt er rauh, und dann wendet er sich hastig ab. Er gehört jetzt nicht in den Kreis der kleinen Familie.

      Er sucht sein Arbeitszimmer auf und wandert, wie so oft in der letzten Zeit, ruhelos hin und her.

      Wenn erst Tante Feodora in die Erde gebettet ist, wird er das Tagebuch lesen.

      »Ich bin so unsagbar glücklich.« Viola schmiegt sich noch einmal innig in die Arme ihrer Mutter, dann schwingt sie die Beine von der Couch. Ein seidener, langwallender Morgenrock umhüllt ihre grazile Gestalt.

      »Verzeiht mir, ich muß zu Tilo Kempen. Er war der erste gütige Mensch in meinem Leben.«

      Keiner hält sie zurück. Sie findet Kempens Arbeitszimmer. Mit hämmerndem Herzen lehnt sie ein paar Minuten an der Tür, ehe sie klopft und eintritt.

      »Viola – du?« Mit einem Ruck hat er sich ihr zugewandt. Viola ist noch schöner geworden. Das Krankenlager hat sie reifer gemacht. Oder –?

      Ihm stockt der Herzschlag.

      »Viola, hast du einen Wunsch?« erkundigt er sich, hebt ihr Kinn zu sich empor und sieht ihr in die verdunkelten geliebten Augen. »Kannst du nicht sprechen?«

      »Ja, ich habe einen Wunsch«, sagt sie mit Festigkeit. »Vernichten Sie das Tagebuch Ihrer Tante. Ich weiß, wie stolz Sie sind. Sie würden es schwer verwinden, wüßten Sie alle Einzelheiten. Keiner hat mehr Interesse daran. Was war, ist vorbei. Es gibt nur noch glückliche Menschen. Ich möchte

      ich –«

      Langsam legt er den Arm um sie. Er spürt sie in seinen Armen, ihren warmen, weichen Körper. Er sieht ihre groß zu ihm aufgeschlagenen Augen.

      »Ich möchte, daß Sie, daß auch du glücklich wirst, denn ich – ich –«

      Weiter kommt sie nicht, den Rest ihres Geständnisses nimmt er sich in einer nicht mißzuverstehenden Weise von ihren weichen Lippen.

      Als er sie freigibt, vollendet er lachend und strahlend, wie sie ihn noch nie gesehen hat:

      »Weil du mich liebst, ja?«

      »Ach, Tilo«, sprudelt sie hervor. »Mein Herz ist viel zu klein, ein so großes Glück erfassen zu können. Du mußt es mir jeden Tag sagen, daß du mich wirklich und wahrhaftig liebst, so wie ich dich.«

      »Viola!« Mehr kann er nicht sagen.

      Sie ist ein Engel, wenn auch ein Engel mit schwarzem Haar. Aber das haben seine Bekannten schon immer behauptet. Für einen Tilo Kempen muß es etwas ganz Besonderes sein.

      Er hat sie gefunden, diese Besondere, sie heißt Viola und wird in Zukunft ihr Leben mit ihm teilen.

      Sie sind im Augenblick nichts anderes als zwei glückliche Menschen, und sie kosten dieses Alleinsein aus.

      »Meine Eltern sollen es sofort erfahren.«

      Tilo Kempen nimmt die leichte Last auf seine Arme und trägt sie hinunter in die Halle, wo er Stimmengewirr hört.

      Er setzt sie wie eine Puppe in einen der tiefen, behaglichen Sessel.

      »Meine Braut«, stellt er mit Übermut Viola vor. Und er wundert sich, daß keiner in Überraschungslaute verfällt.

      »Das haben wir längst gewußt, Tilo nur du nicht.«

      Hermann findet zuerst das Wort. »Nicht wahr, ich darf du zu dir sagen? Du wirst doch mein Schwiegersohn und ein sehr willkommener dazu. Wie wird es aber mit mir?«

      »Du wirst weiterhin auf dem ‹Eichenwald‹ bleiben«, kommt prompt Kempens Antwort, und er hockt sich auf Violas Sessellehne.

      »Ich weiß etwas ganz anderes, Tilo.«

      Hermann schmunzelt. »Ich bin kein armer Mann. Verkauf


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