Karin Bucha Paket 1 – Liebesroman. Karin Bucha

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nicht genug Geld zusammengescharrt?«

      »Lieber Herr Bürgermeister –«

      »Oho«, unterbricht dieser lachend, »warum so feierlich?«

      »Stillstand bedeutet Rückgang, ist ein altes Sprichwort«, erklärt Tilo ernst. »Geraten Sie erst einmal in die Räder des Geschäftsbetriebes. Sie kommen schwer wieder heraus.«

      »Alles schön und gut, mein Junge.« Unwillkürlich verfällt er in den Ton von früher. Seine Gerte läßt er einmal durch die Luft sausen. »Man ist doch nicht nur Arbeitstier, sondern auch Mensch.«

      »Das will ich für ein paar Wochen sein, alter Freund«, gibt Tilo mit leuchtenden Augen zurück.

      »Wie wäre es mit einem kleinen Trunk bei mir? Meine Frau wird sich sehr freuen.«

      »Gemacht, Bürgermeister«, erwidert Tilo und biegt gleich seinem Begleiter rechts ab in den Weg, der in das wunderschön gelegene, reiche Dorf führt.

      Kaum haben sie die Hauptstraße erreicht, werden sie Zeuge eines kleinen Zwischenfalles, der Tilo nicht mehr aus dem Kopf gehen soll.

      Er sieht den schlanken, geschmeidigen Körper eines jungen Mädchens dahergerannt kommen. Die Dorfjugend ist ihr lärmend und Schimpfworte ausstoßend auf dem Fuße.

      »Teufel, Teufel, schwarzer Teufel«, gellt es durch die abendliche Stille. Die beiden Reiter halten die Pferde an. Dicht neben Tilo rennt das Mädehen vorbei, erreicht das erste dichte Gebüsch und verschwindet dahinter. Die folgenden Jungen und Mädels erkennen die beiden Männer und bleiben verwirrt und mit trotzigen Mienen stehen.

      »Was ist denn nun schon wieder los?« poltert der Bürgermeister und mißt die kleine Schar mit einem erzürnten Blick. »Könnt ihr denn keine Ruhe geben?«

      »Sie ist ein Teufel«, bricht es aus dem blonden Peter heraus und er hebt drohend die Faust. »Sie hat mir meine Katze gestohlen. Mit meiner Katze kann ich machen, was ich will.«

      »Warum hat Viola denn deine Katze gestohlen?« führt Schürer das Verhör weiter.

      Der zuckt die Achseln. »Weiß ich das? Vielleicht will sie sie umbringen?«

      »Geht nach Hause«, befiehlt Schürer ärgerlich. »Ich werde mirViola vorknöpfen.«

      Die kleine Bande steht zuerst noch bockig da, doch dann ergreift sie schleunigst die Flucht. Mit dem Bürgermeister ist nicht gut Kirschen essen, wenn er so wütend dreinblickt.

      »Was war denn das?« erkundigt Tilo sich. Sein Blick haftet auf dem Gebüsch, hinter dem das schmale Mädchen mit dem fliegenden Röckchen und wehendem Haar verschwunden ist.

      Wieder zischt Schürers Gerte durch die Luft.

      »Ach, die alte Geschichte. Ewig Ärger hat man mit dem Mädel. Dabei hat die Gemeinde sie ohne Zögern aufgenommen, großgezogen, und nun benimmt sie sich wirklich wie ein kleiner Teufel. Zuviel Temperament.«

      Tilo schwingt sich vom Pferd und geht wortlos hinüber zu dem Gebüsch Er teilt die Zweige und da kauert das junge Mädchen. Er sieht ein schmales, feingeschnittenes Gesichtchen, eine zierliche Nase, eine kluge Stirn, einen schöngeschwungenen, vollen, jetzt bebenden Mund. Ein paar große dunkle Augen sehen verächtlich zu ihm auf.

      »Komm raus, Viola«, befiehlt er streng, aber er erreicht mit seiner Strenge nur das Gegenteil. In ihren Augen glüht es auf.

      »Sie haben mir gar nichts zu befehlen«, stößt Viola hervor. »Keiner hat mir zu befehlen.«

      »Und warum hast du die Katze gestohlen?«

      Sie blickt ihn unter den strahlenförmigen, dichten Wimpern entsetzt an. Jetzt bemerkt er auch, daß diese schönen Augen nicht dunkel, sondern von einem seltsamen Blau sind.

      »Ich habe sie nicht gestohlen, ich habe…«

      Sie bricht ab und wirft den Kopf mit dem blauschwarzen Haar in den Nacken. Eine stolze und gleichzeitig herausfordernde Gebärde, die ihm das Blut in die Stirn treibt.

      Wie gebannt sieht sie in die klaren Grauaugen des Fremden. Nein! Sie kann es ihm nicht sagen, kein Wort wird er ihr glau-

      ben.

      »Sofort bringst du die Katze zurück.« Seine Stimme hat an Schärfe zugenommen, und als sie keine Anstalten trifft, sich zu erheben, packt er sie am Arm und zieht sie empor. Jetzt bemerkt er, daß sie hochgewachsen und doch von zerbrechlicher Zartheit ist. Mein Gott, das ist ja eine ausgesprochene Schönheit, durchfährt es ihn.

      »Nun, wird es bald?« fordert er sie nach Sekunden auf, als sie mit gesenktem Kopf und wirrem Haar vor ihm steht.

      Sie rührt sich nicht. Da packt ihn die Wut. Er ergreift sie, zerrt sie mit sich, und im Nu hat er sie auf das Pferd gehoben und sich hinter sie geschwungen. Der Bürgermeister ist sprachlos. »Was haben Sie denn vor, Tilo?« fragt er, als er den Schock überwunden hat.

      »Die Kleine werde ich dorthin bringen, wohin die Katze gehört.« Damit gibt er seinem Pferd die Sporen. Über die Schulter hinweg ruft er dem verblüfften Bürgermeister zu. »In einer halben Stunde spätestens bei Ihnen!«

      Kopfschüttelnd setzt auch Schürer sein Pferd wieder in Bewegung. Ärger, nichts als Ärger hat er mit dieser Wildkatze.

      *

      Von allen Seiten wird Tilo Kempen ehrfürchtig gegrüßt. Er fühlt sich mit seiner leichten Last vor ihm auf dem Pferd nicht wohl. Deshalb springt er vor dem Dorfkrug herunter und hebt auch das Mädchen herab. Er fühlt sekundenlang die Weichheit des warmen Mädchenkörpers.

      »Jetzt wirst du mir sofort sagen, wohin die Katze gehört.«

      Sie schüttelt so heftig den Kopf, daß das schwarze Haar um die Stirn flattert.

      Er greift nach ihren Schultern und schüttelt sie. »Hast du gehört, was ich gesagt habe? Wohin gehört die Katze?«

      »Sie ist meine –«, stößt sie atemlos hervor. »Ich habe sie –« sie verstummt und er lacht höhnisch auf.

      »Gestohlen, nicht wahr, das wolltest du sagen?«

      Ruckartig fliegt ihr Kopf in den Nacken. Ihre Augen sind jetzt grün, als sie ihn anfunkelt.

      »Ich stehle nicht.«

      Wie gebannt blickt er in das todbleiche Gesichtchen. In die düsteren Augen. Er sieht den zuckenden Mund. Gleich wird sie weinen. Aber Viola weint nicht, obgleich ihr die Tränen wie ein Kloß im Halse sitzen. Etwas Undefinierbares, etwas ungemein Gewinnendes liegt über der schlanken Mäd-chengestalt, obwohl ihr Anzug alles andere denn kleidsam ist. Es ist, als habe man sie in einen Sack gesteckt aus Versehen, als gehöre sie in glänzende Seide und schmiegsame Stofte.

      Sie ist von eigenartiger, bezaubernder Schönheit – denkt er weiter, und ihm kommt gar nicht zum Bewußtsein, daß er sie immerfort anschaut.

      Unter dem Blick seiner klaren Augen errötet sie. Ihre Augen blicken rechts und links, und ehe er recht zur Besinnung kommt, ist sie davongerannt. Er sieht ein paar schlanke, braune, nackte Beine davongalioppieren und fährt sich über die Stirn.

      Wie em Spuk war das! Das bezaubernd schöne, unbekannte Mädchen mit dem Kätzchen, das sie liebevoll in ihrem Arm barg.

      Ärgerlich steigt er wieder aufs Pferd und reitet zum Bürgermeister. Dort wird er herzlich empfangen und wie im Triumph auf die nach dem Park zu gelegene Terrasse geführt.

      »Ist es Ihnen hier recht, Tilo?« erkundigt sich die kleine lebhafte Frau Bürgermeister. Ihr Mann nickt dem Gast einen der modernen Sessel zurecht, in den er sich fallen läßt.

      »Sehr recht, gnädige Frau«, gibt er mit einem Aufatmen zu. Samten ist der Himmel über ihnen, die ersten Sterne beginnen zu flimmern. Rosen- und Nelkendüfte steigen aus dem Garten empor. Hier ist es ruhig und friedlich. Aber er kann das bezaubernde Mädchen mit den funkelnden Augen nicht vergessen. Aus dem Dunkel der heraufziehenden Nacht steigt das fremde Mädchen mit seinem Liebreiz vor ihm auf.

      Sie


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