Gesammelte Werke. Джек Лондон

Gesammelte Werke - Джек Лондон


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Sam Stu­be­ner die Au­gen ge­öff­net. Frü­her selbst Bo­xer, und zwar Schwer­ge­wicht­ler, war sei­ne Stär­ke doch die Be­ur­tei­lung von Bo­xern, und noch nie hat­te er einen Mann ge­se­hen, der sol­che Vor­zü­ge auf­zu­wei­sen hat­te.

      »Se­hen Sie sei­ne Ge­schmei­dig­keit«, sang der alte Pat sein Lob­lied. »Er ist aus dem rich­ti­gen Stoff ge­macht. Se­hen Sie die Schrä­ge sei­ner Schul­tern und sei­ne Brust! Sau­ber, al­les ist sau­ber, und nicht ein schlech­ter Bluts­trop­fen ist in ihm. So einen Mann wie den da ha­ben Sie noch nie ge­se­hen, Sam. Nicht eine Mus­kel in ihm ist steif. Und da­bei macht er kein Ge­wicht­stem­men oder San­dow­sche Übun­gen. Sei­ne Mus­keln sind wie wei­che Schlan­gen, die sich trä­ge un­ter der Haut win­den. Er steht sei­ne vier­zig Run­den und, wenn es sein muss, auch hun­dert. Also los! Time!«

      Sie box­ten in Drei-Mi­nu­ten-Run­den mit je ei­ner Mi­nu­te Pau­se, und Sam Stu­be­ner wur­de dies­mal nicht ent­täuscht.

      Jetzt gab es kein Fett, kei­ne In­ter­es­se­lo­sig­keit mehr, nur ein fast zö­gern­des, gut­mü­ti­ges Spiel mit den Hand­schu­hen, und da­bei eine Ge­wandt­heit, Schnel­lig­keit, Si­cher­heit und Här­te, wie es nur – das wuss­te Sam – der ge­üb­te Bo­xer mit dem rich­ti­gen In­stinkt zei­gen konn­te.

      »Leicht, im­mer leicht«, warn­te der alte Pat. »Sam ist nicht mehr wie frü­her.«

      Das reiz­te Sam nur, was auch be­ab­sich­tigt ge­we­sen war, und er ver­such­te es jetzt mit sei­nen be­rühm­ten Tricks und sei­nem Lieb­lings­schlag – eine Fin­te, als wol­le er in Clinch ge­hen, und dann ein ge­ra­der Rech­ter in die Ma­gen­gru­be.

      Aber so schnell er auch war, der jun­ge Pat sah es doch und ging zu­rück, als sein Geg­ner den Schlag lan­de­te. Das nächs­te Mal aber ging er nicht zu­rück. In dem Au­gen­blick, als Sam zu dem Schla­ge an­setz­te, mach­te er eine Be­we­gung sei­nem Geg­ner ent­ge­gen und kehr­te ihm die Hüf­te zu.

      Er dreh­te sich nur um we­ni­ge Zoll, aber er block­te da­durch den Schlag. Und jetzt konn­te Stu­be­ner es, so oft er woll­te, ver­su­chen, sein Hand­schuh traf im­mer nur die Hüf­te.

      Stu­be­ner hat­te sei­ner­zeit ge­gen man­chen großen Bo­xer ge­stan­den, und in Schau­kämp­fen hat­te er im­mer sei­nen Mann ge­stellt. Hier aber sah er sich ver­ra­ten und ver­kauft. Der jun­ge Pat spiel­te mit ihm und ließ ihn sich beim Clinch kraft­los wie ein klei­nes Kind füh­len. Sein Geg­ner lan­de­te sei­ne Schlä­ge an­schei­nend ganz nach Be­lie­ben; fass­te und block­te ihn mit meis­ter­haf­ter Ge­nau­ig­keit und da­bei fast, als näh­me er gar kei­ne No­tiz von sei­ner Exis­tenz. Wäh­rend der Hälf­te der Zeit schi­en der jun­ge Pat träu­me­risch die Land­schaft um sich her zu be­trach­ten.

      Und ge­ra­de da be­ging Stu­be­ner wie­der einen Feh­ler. Er hielt das für einen Trick, den der alte Pat sei­nem Sohn beim Trai­ning bei­ge­bracht hat­te, und ver­such­te un­er­war­tet einen kur­z­en Stoß mit ge­beug­tem Arm zu lan­den. Aber im sel­ben Au­gen­blick saß sein Arm fest, und er be­kam zum Dank für sei­ne Mühe ein paar Ohr­fei­gen mit dem fla­chen Hand­schuh.

      »Er weiß in­stink­tiv, wenn ein Schlag kommt«, grunz­te der alte Pat. »Das hab’ ich ihm nicht bei­ge­bracht, will ich Ih­nen sa­gen. Er ist der rei­ne He­xen­meis­ter. Er weiß, ohne hin­zu­gu­cken, wann der Schlag kommt, wie schnell er ist und wie weit er reicht. Es ist die rei­ne In­spi­ra­ti­on. Es ist an­ge­bo­ren.«

      Bei ei­nem über­ra­schen­den Clinch stemm­te der Ma­na­ger sei­nen Hand­schuh dem jun­gen Pat ge­gen den Mund, und die Art und Wei­se, wie er das mach­te, war nicht ganz ohne eine ge­wis­se Tücke. Aber einen Au­gen­blick spä­ter, beim nächs­ten Clinch, wur­de Sam der Hand­schuh des an­de­ren selbst ge­gen den Mund ge­presst. Das ge­sch­ah durch­aus nicht ge­walt­sam, aber durch den lang­sa­men, gleich­mä­ßi­gen Druck wur­de der Kopf ihm zu­rück­ge­presst, bis ihm die Hals­wir­bel knack­ten und er glaub­te, das Ge­nick ge­bro­chen zu ha­ben. Er ließ sei­nen Kör­per schlaff wer­den und die Arme sin­ken, zum Zei­chen, dass der Kampf be­en­det war. Im sel­ben Au­gen­blick fühl­te er sich frei und tau­mel­te zu­rück.

      »Er ist – er ist rich­tig«, ächz­te er, und sein Blick zeig­te die Be­wun­de­rung, die in Wor­ten aus­zu­drücken ihm der Atem fehl­te.

      Die Au­gen des al­ten Pat schim­mer­ten feucht vor Stolz und Freu­de.

      »Und was, mei­nen Sie, ge­schieht, wenn ir­gend so ein ver­fluch­ter Kerl den ge­mei­nen Kniff im Ernst an ihm ver­sucht?« frag­te er.

      »Er bringt ihn um, be­stimmt«, mein­te Stu­be­ner.

      »Nein, dazu ist er zu kalt­blü­tig; er gibt ihm nur sei­ne Stra­fe für die Dre­ckig­keit.«

      »Also las­sen Sie uns den Kon­trakt auf­set­zen«, sag­te der Ma­na­ger.

      »War­ten Sie, bis Sie ganz über ihn Be­scheid wis­sen!« ant­wor­te­te der alte Pat. »Es sind schwe­re Be­din­gun­gen, die ich stel­len wer­de. Ge­hen Sie jetzt erst mal mit dem Jun­gen auf die Hir­sch­jagd in den Ber­gen und ler­nen Sie sei­ne Lun­ge und sei­ne Bei­ne ken­nen. Nach­her wapp­nen Sie sich und un­ter­schrei­ben den Kon­trakt.«

      Stu­be­ner war zwei Tage lang auf die­ser Jagd und er­fuhr noch mehr, als der alte Pat ihm ver­spro­chen hat­te.

      Voll­kom­men er­schöpft und sehr klein kam er zu­rück. Die Un­wis­sen­heit des jun­gen Man­nes in Be­zug auf die Welt hat­te den ab­ge­brüh­ten Sam in Er­stau­nen ge­setzt, aber er hat­te doch ge­merkt, dass er sich von nie­mand an der Nase neh­men ließ.

      Sein Geist war jung­fräu­lich, un­be­rührt von al­lem, au­ßer den Er­fah­run­gen, die die na­hen Ber­ge ihm schen­ken konn­ten, und doch er­wies er sich im Be­sitz von Scharf­sinn und Ver­schla­gen­heit über den Durch­schnitt hin­aus.

      Auf sei­ne Wei­se war er ein Rät­sel für Sam, der den un­er­schüt­ter­li­chen Gleich­mut des jun­gen Man­nes nicht ver­ste­hen konn­te. Nichts war ihm un­an­ge­nehm, über nichts konn­te er sich är­gern, und sei­ne Ge­duld war von ei­ner nie ver­sa­gen­den Ein­falt. Nie fluch­te er, nie ge­brauch­te er die üb­li­chen nichts­sa­gen­den Kraft­wor­te, die jun­ge Leu­te sei­nes Al­ters stets im Mun­de führ­ten.

      Der alte Pat schloss den Ver­trag und ver­ab­schie­de­te sich vor dem Hau­se von ih­nen.

      »Es wird nicht lan­ge dau­ern, bis ich in den Zei­tun­gen über dich lese, Pat, mein Jun­ge. Ich wür­de dich am liebs­ten be­glei­ten, aber ich glau­be doch, es ist am bes­ten für dich, wenn ich bis ans Ende mei­ner Tage hier in den Ber­gen blei­be.«

      Und dann zog der Alte den Ma­na­ger bei­sei­te und wand­te sich in fast dro­hen­dem Ton an ihn:

      »Ver­ges­sen Sie nicht, was ich Ih­nen im­mer wie­der ge­sagt habe. Der Jun­ge hat ein rei­nes und ehr­li­ches Herz. Er weiß nichts von den Schie­bun­gen beim Sport. Da­von hab’ ich ihm nie was er­zählt, will ich Ih­nen sa­gen. Er kennt den Schwin­del nicht. Er kennt nur die Tap­fer­keit, die Ro­man­tik und den Ruhm des Kämp­fers, denn ich habe ihm tau­send Ge­schich­ten von den al­ten Hel­den des Rings er­zählt, ob­gleich das we­nig ge­nug ge­hol­fen hat, ihn zu be­geis­tern.

      Mann, Mann, ich sage Ih­nen, ich habe die Sport­be­rich­te aus den Zei­tun­gen aus­ge­schnit­ten, un­ter dem Vor­wand, dass ich sie für mein Sam­mel­buch brauch­te, nur da­mit er sie nicht le­sen soll­te. Da­her hat er nie et­was von Bo­xern ge­hört, die auf­ga­ben oder sich ab­sicht­lich be­sie­gen lie­ßen. Brin­gen


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