Schlüssellochfantasien. Nina Schott

Schlüssellochfantasien - Nina Schott


Скачать книгу
sogar daran haperte, gemeinsame Themen zu finden. Deshalb freute sie sich umso mehr auf den heutigen Abend.

      Gegen 19 Uhr traf Stella in einem argentinischen Steakhouse ein. Die Mädels liebten es deftig. Bei einem üppigen Stück Fleisch konnte so richtig vom Leder gezogen werden. Für Stella bedeutete so ein Abend immer auch abschalten – von ihrem Job, den vielen Männern sowie ihren Eltern, die ihr ständig wegen Enkelkindern in den Ohren lagen.

      »Ich werde nächsten Donnerstag auf eine Schwulen-Afterwork-Party gehen«, erklärte Else, nachdem die Bestellung aufgegeben worden war. »Nick, mit dem ich schon zwei Veranstaltungen ausgerichtet habe, hat mich gefragt, ob ich ihn und seinen Freund begleite.«

      Stella guckte zuerst irritiert und prustete dann los.

      »Else, was ist denn in dich gefahren? Als ich dir das letzte Mal geraten habe, dich anderweitig umzusehen, da meinte ich das doch nicht so!«

      Irgendwie fühlte sie sich für diese Entscheidung verantwortlich, aber natürlich war ihr klar, dass Else nicht vorhatte, sich auf einer Schwulenfeier nach einem neuen Mann umzusehen.

      »Felicitas Pfeifer, nicht jeder Frau rennen die Männer die Bude ein, also müssen andere Mittel und Wege gefunden werden. Und danke, ich hatte nicht vor, schwul zu werden.«

      Else spielte die Beleidigte. Es war aber auch wie verhext: Die eine war besessen von der Idee, endlich einen Mann zu finden und sich schwängern zu lassen, die andere wurde von den Kerlen umschwärmt und wollte nur Sex. Ungerecht ging die Welt zugrunde.

      »Wie weit seid ihr eigentlich?«

      Else machte ihrem Namen alle Ehre und unternahm ein Ablenkungsmanöver, indem sie Carola ins Kreuzfeuer nahm, auf die die Frage nach Familienplanung abzielte.

      »Kinder ja, aber dazu müsste ich Sex mit Klaus haben.«

      Stella verschluckte sich halb an ihrem Bissen und spannte nun auch die Ohren auf. Hatte sie da eben das Wort müsste gehört? Ihre Freundinnen wussten schon, dass sie es gerne und oft trieb, die ganze Wahrheit über ihr Doppelleben kannten die beiden jedoch nicht. Es war besser, so etwas nur mit sich allein auszumachen. Und mit einer Freundin, vor der die Männer reißausnahmen beziehungsweise eine andere, die ihren Ehemann nicht ranließ, war es ohnehin schwer zu diskutieren.

      »Wie hält Klaus das aus?«, hakte Stella nach.

      »Was denn?«, fragte Carola perplex.

      »Ohne Sex!«, ereiferte sich Stella.

      Ihre Freundin schüttelte nur den Kopf.

      »Der braucht das nicht!«

      Das gab’s doch gar nicht.

      »Hast du keine Angst, dass er sich anderweitig orientieren könnte?«, erkundigte sich Else kleinlaut.

      »Quatsch, er liebt mich doch«, beharrte Carola.

      »Der muss doch Schwielen an den Händen haben?«, provozierte Stella, die nicht umhinkam, in der Wunde zu pieken.

      »Gar nicht, ich sage doch, der braucht das nicht.«

      Immerhin hatte Carola die Frage verstanden, das war nicht immer zu erwarten. Oft schalteten ihre Ohren bei diesem Thema auf Durchzug.

      »Willst du einen anwaltlichen Rat von mir?«, erkundigte sich Stella. »Bei einer Scheidung würde er recht bekommen.«

      Deutlicher konnte man kaum werden. Zurück blieb eine Carola mit dickem Fragezeichen im Gesicht. Gut so. Sie hatte die Polemik in Stellas Aussage nicht verstanden. Jeder lebte nun mal sein Leben.

      Der Abend endete feucht fröhlich, was insbesondere an allgemeineren Gesprächsthemen lag. Daher landete Stella erst spät mit einem dicken Kopf und Taxi am Paul-Lincke-Ufer, um endlich in ihrer Wohnung anzukommen. Oben angekommen ließ sie einen letzten Blick über die schlafende Stadt schweifen. Nach Katzenwäsche und Präventiv-Aspirin schlummerte sie weg in einem Bett, das nur ihr ganz allein gehörte, und wo kein Mann der Welt Zutritt hatte.

      Der Montagmorgen war nie der beste Tag der Woche, aber die beste Möglichkeit, um mit neuen Vorsätzen durchzustarten. Der Termin mit der Schauspielerin stand an und dort war sie es gewesen, die außerehelichen Sex gehabt hatte. Leider mit schwerwiegenden Folgen.

      Da Stella noch etwas Zeit hatte, kontrollierte sie in ihrem Büro die Termine für die gesamte Woche, die sie fein säuberlich in einem digitalen Kalender ablegte. Sie war so vertieft in ihren Rechner gewesen, dass sie erst jetzt das Buch auf ihrem Schreibtisch bemerkte, das vorhin noch nicht dort gelegen hatte. Lexikon der Rechtsirrtümer. Welcher Scherzkeks war das denn? Eigentlich kamen nur zwei in Frage, aber die würde sie sich später vorknöpfen. Zuerst musste sie arbeiten. Flugs verließ sie ihr Büro.

      Die Schauspielerin wohnte nicht weit von der Kanzlei entfernt in einem charmanten Haus aus rotem Backstein. Stella war mit dem Auto gekommen. Das Domizil des Schauspielerehepaares lag in einer ruhigen Seitenstraße und das Auffälligste war mit Abstand der marode Zaun, der fast auseinanderfiel. Wenn der mal nicht aus Kriegszeiten stammte. Ein Seil, das zum Betreten entfernt werden musste, hielt die Eingangstür zusammen.

      Nachdem ihr eine Stimme von oben ›Bitte reinkommen‹ zugerufen hatte, folgte sie den Anweisungen und als Stella die sechs Stufen zum Hauseingang emporgestiegen war, stand sie plötzlich vor ihr. Sie sah ganz anders aus, als im Fernsehen und wirkte auf den ersten Blick sofort sympathisch. Von einer Babykugel war sie weit entfernt und präsentierte sich gertenschlank.

      »Guten Tag, Meyer-Bergbach mein Name.«

      Die Frau in Jogginghose, die ihr auf den Hüften saß, und einen grauem Sweater war in etwa so groß wie Stella.

      »Sehr angenehm, Pfeifer«, stellte sich Stella vor. »Sie hatten am Telefon davon gesprochen, dass die Trennung von ihrem Mann bereits beschlossene Sache ist?«

      Maria Meyer-Bergbach verzog das Gesicht, lächelte gequält und ging voran. Stella wurde ins Wohnzimmer gebeten und die beiden Frauen setzten sich mit einer Tasse Tee an einen riesigen Esstisch.

      »So ganz stimmt das nicht«, widersprach die Klientin. »Ich will die Scheidung, weil er mich mit Nutten betrügt. Ich bin ihm auf die Schliche gekommen. Er weigert sich aber und streitet alles ab.«

      Stella saß da und hörte zu. Die mit Abstand wichtigste Aufgabe eines guten Anwalts. Das gab Aufschluss über den weiteren Verlauf des Gespräches. Lübben hatte ihr gegenüber bereits angedeutet, dass Frau Meyer-Bergbach schwanger war. Aus irgendeinem Grund kam sie jedoch nicht darauf zu sprechen.

      Am Ende gab es offiziell kein Baby und ihrem Mann sollte der Ehebruch zum Vorwurf gemacht werden. Schön und gut, das Problem war nur, dass der Ehemann von der gleichen Kanzlei vertreten werden wollte. Stella versuchte behutsam, dieses Thema anzuschneiden, und dass Herr Bergbach bei Lübben & Partner ebenfalls vorgesprochen und um ein Mandat gebeten hatte.

      »Das erstaunt mich nicht«, erklärte Meyer-Bergbach. »Die Frage ist nur, wie Sie sich entscheiden.«

      »Ich werde, wenn Ihnen das recht ist, Ihren Mann zu diesem Thema auch noch befragen. Vielleicht ergibt sich eine passende Lösung, mit der allen geholfen ist.«

      Für den Moment kamen sie nicht weiter. Niemand hatte einen Vorteil davon, die Sache unüberlegt in die eine oder andere Richtung zu entscheiden. Letzten Endes lag es bei Lübben, wem von beiden er den Zuspruch erteilte.

      »Wo kann ich Ihren Mann antreffen, ich nehme an, er wohnt nicht mehr bei Ihnen?«

      »In den Freudenhäusern hier in der Gegend?«

      Die Antwort einer gehörnten Frau. Stella spürte ihren Schmerz. Da half es auch nicht, wenn man Schauspielerin war.

      »Er hat einen Manager, bei dem wohnt er. Hier ist seine Karte.«

      Stella nahm das Stück Papier und verabschiedete sich von einer traurigen Frau Meyer-Bergbach, die alleine in ihrem Haus zurückblieb.

      Als sie wieder in der Kanzlei eintraf, waren die meisten zu Tisch. Natürlich, welcher Bürohengstmagen gab nicht schon um zwölf Uhr knurrende


Скачать книгу