Schlüssellochfantasien. Nina Schott

Schlüssellochfantasien - Nina Schott


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zu schön, um wahr zu sein.

      Das Letzte, was sie sich für heute noch antun wollte, war eine Intimrasur. Wenn Sascha sie morgen hier in ihrer Liebeshöhle besuchen würde, sollte er einen blank gezogenen Hügel bekommen. Es war geschickt, dies einen Tag vor der Präsentation zu erledigen, da die Haut dann genug Zeit hatte, sich zu erholen. Dass sie vor gar nicht allzu langer Zeit mit einem schmalen Haarstrich auf dem Venushügel rumgelaufen war, entlockte ihr ein Schmunzeln. Heute standen die meisten Männer auf kahl rasierte Bikinizonen und Stella musste zugeben, dass das, was für morgen groß angekündigt war, keine haarige Ablenkung gebrauchen konnte. Sie stellte das Wasser aus und kniete sich in die Badewanne, sodass sie sich von den Oberschenkeln aufwärts im Trockenen befand. Das Rasiergel, das sie neulich für wenig Geld in der Drogerie erstanden hatte, roch angenehm nach Lavendel und schonte die Haut. Es musste nicht immer teuer sein. Gleichmäßig verteilte sie den Schaum und rasierte das Dreieck zwischen Lendenbereich und Oberschenkeln bis hoch zum Dammende. Mit Hilfe eines kleinen Handspiegels, der neben anderen Utensilien in einer Hängetasche über der Badewanne steckte, kontrollierte sie das Ergebnis. Ihre weiche Spalte konnte sich sehen lassen. Damit sie morgen kein blaues Wunder erlebte, griff Stella nach dem Rasierwasser von Hermès, Terre d’Hermès, und desinfizierte die gereizte Hautpartie. Sie glaubte mehr als jeder andere daran, dass man jemanden riechen konnte oder nicht und wenn ein Mann mit diesem Parfum in ihr Leben trat, würde sie ihn vom Fleck weg heiraten.

      Für einige Minuten verweilte sie in der vertrauten Umgebung ihres Badezimmers. Dann putzte sie sich die Zähne und huschte, ungeschminkt und wie das liebste Mädchen von nebenan, in ihr Bett und in einen wohlverdienten Schlaf.

      Der Zungenakrobat

      Der nächste Tag brachte einen Gerichtstermin mit sich. Keine große Sache, nur die Vertretung einer Mandantin, die von ihrem Arbeitgeber gemobbt wurde und zufällig die Tochter eines alten Freundes von Lübben war. Als Chefsekretärin einer großen Firma oblagen der Angestellten nur noch Frondienste, die nach Lust und Launen des Chefs zwischen Kaffeekochen und Kopieren variierten, weil sie unter anderem auf seine Avancen sexueller Natur nicht eingegangen war. Zum Leidwesen ihres Vorgesetzten konnte er sie dafür nicht einfach feuern und sie bezog trotz der niederen Tätigkeiten nach wie vor ein Spitzengehalt. Mit diesem Zustand war niemand glücklich, doch anstatt etwas zu ändern, wurde die Frau verbal fertig gemacht und weiterhin sexuell belästigt. Die tickende Bombe ging hoch, als sie sich auf unbestimmte Zeit krankschreiben ließ, womit ihr Chef ganz und gar nicht einverstanden war und sie direkt verklagte. Nun lag es an Stella zu beweisen, dass die Frau zu recht Krankengeld bezog und nie wieder in die Höhle des Löwen zurückkehren musste.

      Aus diesem Grund fiel für Stella die morgendliche Besprechung in der Kanzlei heute aus. Sie steuerte ihren Smart direkt zum Arbeitsgericht, wo vor dem Eingang bereits ihre verschüchterte Mandantin auf sie wartete, der das ganze Brimborium Angst machte. Die einstige Entschlossenheit der Geschädigten schwand mit jeder Etage, die die beiden Frauen im Gebäude emporstiegen. Da noch etwas Zeit blieb, nahmen sie auf einer Bank vor dem Verhandlungszimmer Platz.

      »Frau Zuckermann, es gibt keinen Grund, warum Sie sich jetzt Sorgen machen oder Zweifel bekommen sollten.«

      Stella hatte schon unzählige Male miterlebt, dass die Opfer kurz vor der Verhandlung einknickten.

      »Ich weiß, aber mein Chef geht über Leichen. Wenn ich heute verliere, muss ich mich sofort um einen neuen Job kümmern und anfangen, das Geld zu zählen. Und wenn ich gewinne, wird er mich erst recht fertig machen.«

      »Mehr als vorher?«, erkundigte sich Stella skeptisch.

      In diesem Moment bog der Teufel, von dem hier die Rede war, persönlich um die Ecke und marschierte direkt auf seine Angestellte und deren Anwältin zu. Unfassbar, was für eine arrogante Aura ihn umgab und mit welcher Lässigkeit er den Gang hinunterschlenderte. Offensichtlich sah er sich nicht auf die Hilfe eines Anwalts angewiesen und war allein erschienen. Er musste sich seiner Sache sehr sicher sein oder war so dumm zu glauben, es ginge um nichts. Auf Höhe der gegnerischen Bank grüßte er mit einem breiten Grinsen, das Stella bereitwillig erwiderte. Selbstverständlich wahrte sie die Umgangsformen, das hatte sie von Lübben gelernt. Ihre Chance würde kommen. Sie freute sich auf den Augenblick, den ominösen Machenschaften dieses Mannes, der sich für unwiderstehlich hielt, ein Ende zu bereiten. ›Zieh dich warm an, mein Freund, dir wird das Lachen schon noch vergehen‹, argwöhnte Stella vor ihrem Siegeszug. Es war an der Zeit, ein Exempel zu statuieren und dem Fiesling zu zeigen, wer hier die Hosen anhatte.

      »Sehen Sie, Frau Pfeifer«, flüsterte Frau Zuckermann, »der bildet sich sonst was ein und zieht sein Ding ohne Rücksicht auf Verluste durch.«

      »Schön und gut, aber das gibt ihm noch lange nicht das Recht, seine verletzte Eitelkeit an Ihnen in Form von Mobbing auszulassen.«

      Stella mahnte mit erhobenem Zeigefinger und wollte damit zum Ausdruck bringen, dass ihre Mandantin alles richtig gemacht hatte. Während der zweijährigen Zusammenarbeit hatte der Vorgesetzte seiner Angestellten nicht nur verbal zu verstehen gegeben, dass er sich mehr mit ihr vorstellte, als nur die Bitte zum Diktat.

      Der Prozess würde kurz und schmerzlos ablaufen, darüber war sich Stella sicher. Alle Indizien sprachen gegen den Übeltäter: eine Mailbox-Aufzeichnung, die er im Vollrausch auf Frau Zuckermanns Handy hinterlassen hatte, eindeutige Aufforderungen zum Sex, die im Zuge seiner geistigen Umnachtung selbst geschrieben und auf Post-Its festgehalten wurden sowie Zeugen, die bestätigen konnten, dass es eine Vorliebe für arbeitswillige junge Frauen gab. Mit diesen erdrückenden Beweisen konnte gar nichts schiefgehen. Gerade deshalb kam sein alleiniges Erscheinen einem Affront gleich, über den Stella sich nur wundern konnte. Dennoch, und das musste sie sich eingestehen, hatte auch sie schon mit Typen Bekanntschaft gemacht, die mehr wollten, als sie zu geben bereit gewesen war. Die Regel lautete in beiderseitigem Einverständnis und wenn diese Voraussetzung nicht gegeben war, musste die Sache abgeblasen werden. Das galt in der Arbeitswelt wie im Privaten. Daran hatte sie sich immer gehalten und die falsche Sorte Mann in die Wüste geschickt. Das Problem war, dass Frauen grundsätzlich körperlich unterlegen waren und sich psychisch schnell in die Opferrolle drängen ließen. Stella wusste das nur zu gut. Hier profitierte sie von einer psychologischen Zusatzausbildung, die sie vor zwei Jahren abgeschlossen hatte.

      Der heutige Fall war wieder ein Paradebeispiel und sie würde nichts weiter tun können, als ausgleichende Gerechtigkeit herzustellen. Alles weitere lag bei Frau Zuckermann und einem selbstbewussteren Auftreten bei neuen Arbeitgebern.

      Eine Gerichtsdienerin bat alle Anwesenden in den Verhandlungsraum. Mit einem süffisanten Grinsen hielt der Kläger Stella die Tür auf, die sich betont höflich bedankte. Als sie ihm lange in die Augen blickte, war nicht zu übersehen, wie seine Pupillen sich weiteten. Sie musste nicht Gedanken lesen können, um zu erraten, dass er sie nur zu gerne zu einem seiner Opfer machen würde. Sie spürte es, er war eben auch nur ein Mann. Es lief gut, sie hatte den Fisch am Haken. Kampfeslustig setzte Stella ihren Schritt fort, Frau Zuckermann tippelte kleinlaut hinterher. Die Arme hatte es diesem Tyrannen wirklich leicht gemacht. Warum sich diese Machos nie einen ebenbürtigen Gegner aussuchten, dachte Stella und schüttelte den Kopf.

      Die Verhandlung war nach dem Vorbringen aller Beweise und knappen zwanzig Minuten gelaufen. Frau Zuckermann, die die ganze Zeit über auf den Boden gestarrt hatte, wurden die seelischen Qual vom Gericht bescheinigt. Die Richterin war nach einer kurzen Schilderung der Angeklagten angewidert auf ihrem Stuhl hin und her gerutscht und hatte zusätzlich zu Frau Zuckermanns Freispruch eine satte Abfindung als Schmerzensgeld verhängt. Eine gelungene Vorstellung für alle, außer für Herrn Grinsebacke, der um ein paar tausend Euro ärmer und viele böse Blicke reicher geworden war. Trotzdem musste man davon ausgehen, dass er nichts dazu gelernt hatte. Beleidigt rauschte er nach dem Richterspruch von dannen.

      Stella gab Frau Zuckermann zum Abschied die Hand und einen guten Rat: »Männer haben nicht mehr oder weniger Rechte als wir Frauen, wir müssen ihnen das immer wieder klar machen.«

      Ihre Mandantin bedankte sich leise. Stella wusste zwar nicht wofür, denn der Termin heute war ein reines Kinderspiel gewesen, aber sie konnte sich einen weiteren Sieg auf ihre Fahne schreiben.


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