Nur keine Panik. Wolfram Pirchner

Nur keine Panik - Wolfram Pirchner


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– es gibt so viele Definitionen, Experten, Betroffene, dass man gar nicht weiß, wo die Problematik anfängt und wo sie aufhört. Ich versuche es aus meiner Sicht zu erklären. Ja, man muss einmal »gebrannt« haben, also ein »Burn-in« oder »Burn-on« gehabt haben, um sich ausgebrannt, »burned out«, zu fühlen. Das heißt, das Feuer ist erloschen. Und dann kannst du ohne Brennstoff, ohne Streichhölzer oder Feuerzeug nichts machen. Noch etwas brauchst du dazu: Sauerstoff. Seit dem Jahre 1974 taucht der Begriff zunehmend im alltäglichen Sprachgebrauch auf. Ich glaube ja, dass nicht jede herausfordernde Lebenssituation, Stresssituation, Arbeitsüberlastung (tatsächlich oder gefühlt), egal ob privat oder beruflich, gleich ein »Burn-out« ist. Oft ist es ein länger andauernder Zustand psychischer und physischer Erschöpfung, mit dem Veränderungen im Verhalten und im Erscheinungsbild einhergehen. Burn-out wird im ICD-10, das ist die internationale Klassifikation der Erkrankungen, nicht als eigenständiges Krankheitsbild geführt. Was heißt das? Sind das alles Hypochonder, die glauben, an Burn-out erkrankt zu sein? Oder, was dramatisch wäre, wird hier oftmalig und zum Schein ein Begriff verwendet, der Termini wie Arbeitsunlust, Faulheit, Trägheit etc. relativ leicht ersetzt? Sind tatsächlich so viele Arbeitnehmer derart frustriert, dass sie nicht arbeiten wollen? Dass sie sich Krankentage nehmen, daheim bleiben und unter dem Strich ein Burn-out vortäuschen? Das mag im einen oder anderen Fall schon zutreffen, aber nicht jeder, der ein paar Tage blaumacht, ist ein Burn-out-Betroffener. Eher schon ein schlichter Tachinierer.

      Du darfst auch Fehler machen!

      Burn-out sollte man differenziert betrachten. Im Ernstfall liegt eine massive gesundheitliche Beeinträchtigung vor, die, wenn sie unbehandelt, falsch behandelt oder zu lange ignoriert wird, zu zerstörenden Konsequenzen für das soziale und berufliche Leben führt. Ich habe mich mit meinen Symptomen der Angstzustände und Panikattacken zweifellos in den ersten Stadien eines Burn-outs befunden. Die volle Ausprägung erreichte ich noch nicht, also die totale Erschöpfung aller Seinsbereiche, körperlichen, geistigen oder seelischen. Was heute geradezu unwirklich erscheint, in meiner Erinnerung, sind Dinge wie etwa Einkaufen. Die Planung und die Realisierung eines scheinbar ganz normalen Einkaufs im Supermarkt erschlug mich fast. Es erdrückte, es belastete mich, es schnürte mich zu. Alleine die Vorstellung, dorthin gehen zu müssen, mich dem »Ganzen« aussetzen zu müssen, war fast unerträglich. Es war eine große körperliche Belastung in Verbindung mit einem hohen emotionalen Druck und einem geistigen Planungsaufwand. Dazu kam, dass die wenigen Vertrauten, die wussten, wie es um mich stand, oft sagten: »Na geh. Du schaust doch gut aus, gar nicht krank, das bildest du dir alles nur ein. Reiß dich zusammen!« Mit diesem »Reiß dich zusammen« konnte und kann ich überhaupt nichts anfangen. Das ist so ziemlich der schlechteste Rat oder auch gut gemeinte Hinweis, den man Betroffenen geben kann. Viele sogenannte Perfektionisten sind gestresst und damit Burn-out-gefährdet. »Ich muss alles perfekt machen«, »Es muss alles funktionieren«, »Ich darf nicht versagen« – kommt dir das bekannt vor? Nein, du musst nicht perfekt sein, es muss auch nicht alles funktionieren. Du darfst auch Fehler machen! Du darfst deine ständigen Antreiber auch durch »Erlauber« ersetzen. Du darfst auch manchmal schwach sein. Du darfst auch einmal müde sein. Andauernd solltest du es freilich nicht sein, weil sich das ziemlich bald auf deine soziale, wirtschaftliche und persönliche Situation auswirken würde. Jede und jeder möchte verständlicherweise den Stress loswerden, loslassen, loslassen können. Das »Loslassen« ist ein Begriff, der mich zeitlebens begleitet. Ganz gelingt mir das Loslassen in unterschiedlichsten Lebenssituationen noch nicht so, wie ich mir das theoretisch als ideal vorstelle. Aber alleine, dass ich mich in Wörtern und Bildern, also in meinen Gedanken, damit beschäftige, ist ein erster Schritt. Mit dem »Schwer-loslassen-Können« befinde ich mich in bester Gesellschaft. Viele von uns können es nicht oder nur schlecht. Dabei sehnen wir uns doch alle danach, uns frei zu machen, frei von Ängsten, Vorurteilen, Ärger, Stress und einem negativen Selbstbild. Eine wirkliche, eine tief greifende Veränderung kannst nur du selbst herbeiführen. Das kann dir niemand abnehmen. Ja, der Therapeut oder der Coach, auch der Psychiater in intensiveren Fällen, kann dich unterstützen, kann dich begleiten – verändern musst du es. Und vor allem musst du den Willen dazu haben, loszulassen, was nicht zu dir gehört! Diese Erkenntnis wird dir helfen, diese Erkenntnis wird dich heilen.

      »Heilen« – ich mag dieses Wort, diesen Begriff, mit all seiner Dichtheit und Wirkungsfähigkeit sehr. Das war nicht immer so. Ich kannte das Wort »heilen« immer nur im medizinischen Zusammenhang. Heute kann ich damit sehr viel anfangen und es hat mir auf meinem Lebensweg sehr viel Gutes gebracht. Kurt Tepperwein, der bekannte Therapeut und Heilpraktiker, Dozent an der Akademie für geistige Wissenschaften in Liechtenstein, antwortet auf die Frage, warum wir loslassen sollen: »Nur wer frei ist von den Belastungen des Alltags, wer sich frei machen kann von den Sorgen, vom Stress und von der Hektik, wer seine Seele quasi frei gibt, kann Intuition erfahren. Intuition entwickelt sich aus dem tiefsten Inneren. Wir alle sind mit Intuition ausgestattet, die meisten von uns haben sie verschüttet. Die Intuition ist so etwas wie unsere innere Stimme.« Tepperwein hat völlig recht, unsere Intuition ist tief in unserem Inneren verankert. Finden wir sie wieder! Erfolgreiche Menschen verlassen sich häufig auf ihre Intuition – viel mehr als auf ihren Verstand.

      Wenn auch die Saite eines Instruments die Fähigkeit zum Tönen hat – sie muss berührt werden, um zu klingen.

      I-Ging

      Wir finden zahllose Entschuldigungen und Rechtfertigungen vor uns selbst, um den Stress weiterhin in unserem Leben zu erhalten. Die Frage ist aber: Entscheiden wir, was wir tun sollen/müssen/dürfen, oder tun das andere? Sind wir unsere eigenen Entscheidungsträger? Sage ich meinen Liebsten, was ich tun will oder nicht? Oder gar dem Chef? Meistens nein. Es liegt an uns, ob wir uns vom Dauerstress lösen oder nicht. Es liegt an uns, ob wir uns unter Druck setzen lassen. Ich bin es, du bist es, die oder der sich schlecht fühlt, überlastet fühlt, überarbeitet fühlt, überfordert fühlt, unausgeschlafen fühlt. Ein Teufelskreis, ein schlimmes Hamsterrad, das es zu stoppen gilt! Das Burn-out-Syndrom ist im Übrigen wissenschaftlich nicht als Krankheit anerkannt, sondern gilt als ein Problem der Lebensbewältigung. Obwohl man sich nicht nur krank, sondern fallweise am Ende fühlt.

      Burn-out ist ein hochaktuelles Thema, trotzdem gibt es bis heute keine einheitliche Definition. Die meisten Fachleute sind sich darüber einig, dass Burn-out ein Prozess ist, der schleichend beginnt und sich immer mehr zuspitzt. Burn-out wirkt sich auf kognitive, emotionale und energetische (körperliche) Prozesse aus. Die Symptome betreffen Gedanken, Gefühle und Gesundheit. Die kognitive, die emotionale und die energetische Ebene sind in meinem Kontext auch genau jene, mit denen ich mich in meiner Arbeit als Lebensberater und Mentalcoach beschäftige. Dabei setze ich gezielt auf die Engpässe und Probleme meiner Kunden zugeschnittene mentale Techniken ein.

      Psychische Erkrankungen verursachen wie bereits erwähnt in Österreich jährlich 7 Milliarden Euro volkswirtschaftlichen Schaden. Es sind die hohen und oft zu hohen persönlichen Ansprüche in den verschiedenen Lebensbereichen, die häufig zu einem Burn-out führen. Was passiert, wenn Stresshormone ausgeschüttet werden? Dann wird das Großhirn blockiert. Zwischen unserem Stammhirn und dem Großhirn entsteht eine Blockade. Dadurch kommt der Betroffene in einen Zustand des Reagierens, nicht des Agierens. Der deutsch-amerikanische klinische Psychologe und Psychoanalytiker Herbert J. Freudenberger hat zwölf Phasen im Verlauf des Burn-out-Syndroms identifiziert und aufgelistet. Allerdings sind die Stadien in der Praxis nicht so klar voneinander abzugrenzen und vermischen beziehungsweise überlagern sich. Phasen können übersprungen werden, man kann sich auch in mehreren Stadien gleichzeitig befinden. Eine Weiterentwicklung bedeutet im Zusammenhang mit Burn-out immer eine Verschlimmerung der Symptome.

       1. Phase: Der Zwang, sich zu beweisen

      Dieses Stadium ist am schwierigsten zu erkennen. Der Wunsch, erfolgreich zu sein, ist an und für sich ein positiver. Bekommt dieser Wunsch jedoch zu viel an Gewicht (Verbissenheit), so wird er zum Zwang (übertriebene Erwartungen an sich selbst). Es handelt sich um den Wechsel vom Wunsch, etwas zu leisten, hin zum Zwang, sich beweisen zu müssen. Das ist eventuell der gefährliche Einstieg in ein Burn-out.

       2. Phase: Verstärkter Einsatz

      Dieser


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