Time of Lust | Band 3 | Devote Begierde | Roman. Megan Parker
sie wird um fünfzehn Uhr hier sein«, meldete Marcus.
»Wie sieht der Tagesplan aus?«, erkundigte er sich weiter.
»Wenn du möchtest«, schmeichelte Amistad in seiner freundlichsten Tonlage, »suchst du nach dem Frühstück einige Mädchen aus, die den Abend mit dir verbringen dürfen. Der Rest fährt nach Hause. Du kannst dich danach zurückziehen, der Masseur ist bestellt, wir haben einen kleinen Imbiss auf der Dachterrasse vorgesehen und gegen sechzehn Uhr gehen wir gemeinsam aufs Schiff. Dort verbringen wir den Nachmittag, einige Überraschungsgäste sind geladen, es gibt ein exquisites Abendessen, danach Show und ein privates Programm.«
Santiago nickte stumm.
»Wenn es dir zuwider ist, Mädchen auszusuchen, dann kann das auch Damian für dich übernehmen. Ich denke, er kennt deinen Geschmack am besten«, schlug Amistad abschließend vor.
»Zur Not würde auch ich mich anbieten«, meldete sich Edward und entlockte damit uns allen ein verhaltenes Lächeln.
Santiago stützte beide Ellbogen auf den Tisch und legte sein Gesicht in die offenen Hände, als müsse er erst mit sich selbst wieder ins Reine kommen.
Die Gelegenheit nutzte ich, um Damian etwas ins Ohr zu flüstern. »Warum ist er so schlecht gelaunt? Einhundert hübsche Mädchen ... was ist so schlimm daran?«
Damian seufzte. »Er hat die berechtigte Befürchtung, dass nicht alle von ihnen seine Neigungen teilen, Bedenken, Mädchen auszuwählen, die ihm dann auf der Yacht schockiert die kalte Schulter zeigen. Aber so ist das Leben ... es gibt nicht immer alles auf dem Silbertablett serviert.«
»Neigungen? Aber es geht doch nur um eine Party ...«
»Ja ... aber auch da wird er sich amüsieren wollen ... gerade an seinem Geburtstag!«
»Warum habt ihr dann nicht Mädchen bestellt, die seine Neigungen teilen?«
Leider bekam ich keine Antwort mehr. Damian stand auf und reichte Santiago einen ausgewählten Stapel Glückwunschkarten.
Emotionslos blätterte Santiago sie durch. An einigen blieb er etwas länger hängen. Manche entlockten ihm ein kleines Augenbrauenzucken ... und nur eine ein schweres Seufzen. Die schob er jedoch gleich zur Seite. Ich überlegte kurz, ob David ihm wohl zum Geburtstag schreiben würde, aber ich konnte nicht ergründen, von wem die besagte Karte war ...
Santiago hatte sein Frühstück beendet und zündete sich entspannt eine Zigarette an. Beiläufig riskierte er einen Blick in die Menge und zum ersten Mal huschte ein selbstgefälliges Lächeln über seine Lippen. Er blies Rauch in die Luft ... sah noch mal hin ... und dann glitzerten seine Augen. »Ich hoffe, die sind alle achtzehn?«, erkundigte er sich.
»Natürlich.« Amistad lächelte, als er merkte, dass Santiago nun endlich Interesse zeigte.
»Warum hast du keine Auswahl getroffen?«, fragte er Amistad.
»Ich dachte, wenn sie dich persönlich sehen, würden einige von ihnen vielleicht ihre Grenzen neu abstecken.« Er griff über Cheyenne hinweg nach Santiagos Hand. »Wie du siehst, knien sie nun seit über einer Stunde für dich auf ihren zierlichen Beinchen in recht unbequemen High Heels. Das ist nicht angenehm.«
»Das kommt darauf an, was du ihnen bezahlt hast!«
»Glaub mir, du würdest dir für diesen Betrag nicht ein Haar krümmen lassen!«
Santiago lächelte. »Sag es mir, damit ich ein Gefühl dafür bekomme, was sie hier leisten!«
»Eintausend Dollar.«
Santiago nickte unbeeindruckt und erhob sich vom Tisch. Mit dem Wissen, dass ihm einhunderttausend Dollar zu Füßen lagen, schritt er gemächlich durch die ersten paar Reihen und besah einige der Mädchen, die ihn ihrerseits aufgeregt, aber schweigend, mit neugierigen Blicken verfolgten. Er hielt seine Hände auffallend hoch, als müsste er ein Gehege kleiner, bissiger Hunde durchqueren ... alle, die ihn kannten, wussten jedoch, dass seine einzige Angst es war, berührt zu werden. Zur Tarnung hatte er seine Zigarette erhoben, kämmte mehrmals durch seine ohnehin perfekten Haare oder strich nachdenklich über seinen gepflegten Bartschatten. Noch bevor er alle besehen hatte, verharrte er plötzlich in der Mitte des Wohnzimmers. Dann kam er zum Tisch zurück und wandte sich an Amistad. »Ich brauche Platz – dort in der Mitte. Bringt Jana auf ihr Zimmer! Marcus, du begibst dich zum Ausgang!«
Wie gewohnt befolgten sie seine Anweisungen, ohne auch nur darüber nachzudenken, seine Worte zu hinterfragen. Santiago machte inzwischen seine Zigarette aus und deutete Alice und mir, wir sollten aufstehen und ihn begleiten. Über ein paar Mädchen hinweg stiegen wir bis zu der arrangierten Lichtung in der Mitte. Er ließ mich neben seinem rechten Fuß niederknien, während Alice sich ihm gegenüber aufstellen musste. Ich ahnte sofort, was das zu bedeuten hatte ... und Alice’ Blicken zufolge, ahnte auch sie es. Jedoch konnten wir wohl beide kaum glauben, dass er diese Seite von sich so offen zur Schau stellen wollte.
Zuvor hielt er jedoch eine kleine Ansprache: »Für all jene, denen es ein Bedürfnis ist, mich näher kennenzulernen, möchte ich eine kleine Demonstration dessen geben, was sie heute Abend bei mir unter Umständen erwartet. Es steht jeder frei zu gehen. Die Tür bleibt fünf Minuten geöffnet.«
Mit einem Lächeln auf den Lippen streichelte er Alice über die Wange, und wie einen unausgesprochenen Befehl hielt er anschließend seine Hand auf. Mir schauderte. Er wollte es tatsächlich tun. Mein Herz schlug einen nervösen Rhythmus und auch mein Atem beschleunigte sich. Gehorsam gab ihm Alice ihre überkreuzten Handgelenke und er hielt sie fest. Alice sah ihn nicht an, sie blickte nur auf ihre Hände. Auch als er ausholte. Der Schlag traf sie auf die rechte Wange. Sie schien zu fallen und wäre bestimmt auch gestürzt, hätte Santiago sie nicht gehalten und an ihren Armen zurückgerissen. Einzig ihre langen Haare wirbelten herum, spektakulär und beängstigend zugleich. Alice drehte sich, fiel vor ihm auf die Knie, und als sie zum ersten Mal Luft holte, entsprang ihrer Kehle ein schrilles Schluchzen.
Wie unzählige Echos hallten Schreckenslaute durch die Menge. Alice versuchte, sich sofort zu beherrschen und kurz darauf erkannte man nur noch an ihren schnellen Atemzügen, dass ihr etwas zugestoßen war. Santiago half ihr auf die Beine und bewies seine Anerkennung, indem er sie stolz lächelnd auf den Mund küsste.
Als hätten die Pausenglocken geläutet, sprangen die ersten Mädchen auf ... Einige waren noch unschlüssig, aber schon nach wenigen Sekunden war klar, dass nur wenige die Courage haben würden zu bleiben. Santiago zog sich inzwischen zurück, trank mit Amistad an der Bar den ersten Whiskey des Tages und beobachtete nur beiläufig, wie gut siebzigtausend Dollar zur Tür hinauswanderten. Die restlichen Mädchen wurden von Damian ersucht aufzustehen und Santiago musterte sie diesmal einzeln. Er berührte ausgewählte Mädchen an der Schulter, die anderen mussten ebenfalls die Villa verlassen.
Größenmäßig hatte er nun eine mittlere Schulklasse in vier Reihen vor sich auf dem Boden knien, als wollte er eine Yogastunde leiten.
Alice und ich knieten an seinen Seiten und ich blickte etwas bange einer zweiten Machtdemonstration entgegen, die nun vermutlich mich treffen würde.
Aber zu meiner Überraschung sah er uns beide an und überließ offensichtlich uns die Wahl ... vielleicht, weil er es bevorzugte, dass man sich ihm freiwillig hingab. »Wer möchte die Nächste sein?«, fragte er, völlig unnötig, wie ich fand, denn nie im Leben hätte ich zugelassen, dass Alice sich ein zweites Mal zur Verfügung stellen musste.
Ohne zu zögern stand ich auf. Gleichzeitig drang ein schüchternes »Ich« aus Santiagos Yogagruppe an unsere Ohren. Eines der Mädchen erhob sich und versuchte angestrengt, auf den geliehenen High Heels das Gleichgewicht zu finden. Offenbar hatte sie zum ersten Mal in ihrem Leben Absätze dieser Dimension unter ihren Füßen, denn es gelang ihr kaum, ruhigzustehen. Verlegen strich sie durch ihre langen Haare und musste schließlich selbst beschämt lachen, weil sie so wackelte.
Ihr Auftreten ließ ein bisschen daran zweifeln, ob sie sich wirklich darüber im Klaren war, wozu sie sich soeben gemeldet hatte. Wie ein kleiner Engel stach sie mit ihren hellblonden, gewellten, langen