Der neue Sonnenwinkel Box 2 – Familienroman. Michaela Dornberg

Der neue Sonnenwinkel Box 2 – Familienroman - Michaela Dornberg


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Luna laut bellend am Zaun gefunden hatten, was ungewöhnlich war, und dass sie deswegen beunruhigt gewesen war und überall nach Bambi gesucht hatte. Ja, dass sie sogar aufs Baumhaus geklettert war.

      Das klang zwar ein wenig dramatisch, doch Inge war noch immer nicht beunruhigt.

      »Ach, Mama, all die Mühe hättest du dir nicht machen müssen, als du sie im Haus nicht gefunden hast, hätte doch ein Anruf genügt. Ihr ist ganz allein zu Hause zu langweilig geworden, und da ist sie zu Manuel gegangen.«

      Es war überhaupt kein Wunder, dass Inge so dachte, jeder wusste schließlich, wie eng Bambi und Manuel miteinander waren.

      »Nein, mein Kind, dort ist sie nicht«, sagte Magnus von Roth, der nun ebenfalls nach draußen gekommen war. Zusammen mit Luna, die nun Inge und Werner hingebungsvoll begrüßte, indem sie freudig bellend abwechselnd an ihnen hochsprang. Der kleine, weiße Wirbelwind war halt ein richtiger Familienhund, der seine Zuneigung auf alle verteilte, am meisten allerdings auf Bambi, die war eindeutig Lunas Favoritin. Und bei der im Zimmer schlief sie auch auf ihrem schönen, weichen Kissen. Aber das hatte auch Jonny getan.

      Ihre Eltern machten besorgte Gesichter, und nun war Inge ebenfalls beunruhigt. Das war nicht zu übersehen, und dem Professor gelang es auch nicht, seine Frau jetzt zu beruhigen.

      »Ich muss mich kümmern«, rief sie, und dann stürzte sie ins Haus, sie wollte alle Freunde von Bambi abtelefonieren.

      Jetzt hatte sie ein schlechtes Gewissen.

      Warum hatte sie Bambi bloß nicht überredet, doch mit zum Flughafen zu kommen? Bambi war ein Mensch, der Nähe und Wärme brauchte. Inge konnte sich vorstellen, wie einsam sie sich so ganz allein im Haus gefühlt haben musste. Und dann die Gedanken an Hannes, den sie so sehr liebte und der nun so weit weg war.

      Es machte keinen Sinn, sich deswegen jetzt den Kopf zu zerbrechen. Sie hatte nichts gesagt, und es war Bambis Wunsch gewesen, allein zu Hause zu bleiben.

      Es war also für alle Überlegungen, die sie in diese Richtung anstellte, zu spät.

      Jetzt kam es nur noch darauf an, Bambi zu finden.

      Wo mochte sie sein?

      Sie hatte sich in ihrer Verzweiflung doch nicht …

      Oh nein!

      Einen solchen Gedanken wollte sie gar nicht erst zu Ende bringen. So etwas würde Bambi niemals tun.

      Inge zog nicht einmal ihre Jacke aus, als sie sich zum Telefon stürzte. Dann griff sie zu ihrem Verzeichnis, in dem sie alle wichtigen Telefonnummern notiert hatte. Ja, sie gehörte noch zu den Menschen, die sich ihre Telefonnummern notierten und nicht im Handy oder Smartphone oder was auch immer speicherten. Und das würde sie auch weiterhin so machen, auch wenn ihre Kinder die Nase rümpften und sie altmodisch nannten. Sollten sie doch.

      Noch war Inge ruhig.

      Sie war fest davon überzeugt, dass sich alles aufklären würde.

      Vermutlich hatte sie mit einer ihrer Freundinnen telefoniert und hatte sich ganz spontan entschlossen, sie zu treffen.

      Zuerst würde sie es bei Jasmin versuchen, die wohnte zwar in Hohenborn, doch Bambi verstand sich mit diesem Mädchen sehr gut. Und da ein Mathe-Test anstand, war es durchaus möglich, dass Bambi zu Jasmin gefahren war, um mit der zu üben.

      Ihre Hoffnung zerschlug sich rasch.

      Bei Jasmin war Bambi nicht.

      Und wen auch immer Inge anrief, alles war ohne Erfolg.

      Nun wurde ihr doch ganz schön mulmig zumute.

      Wo war Bambi?

      Inge musste sich hinsetzen, denn sie hatte ganz weiche Knie. Was sollte sie jetzt tun? Inge war ratlos, und so fand Werner sie vor, als er den Raum betrat.

      »Willst du deine Jacke nicht ausziehen?«, erkundigte er sich.

      Inge bekam das überhaupt nicht mit. Erst als Werner seine Frage wiederholte, schreckte sie auf.

      »Ich habe überall herumtelefoniert, Werner, Bambi ist nirgendwo«, sagte sie tonlos. »Wir müssen die Polizei anrufen. Da ist etwas passiert.«

      Schon wollte Inge die Nummer der Polizei anrufen, als Werner sie davon abhielt.

      »Inge, das ist doch Unsinn. Bambi kann überall sein. Kennst du alle ihre Freunde?«

      Inge schüttelte den Kopf.

      »Siehst du, Bambi ist jetzt in einem Alter, in dem sie nicht mehr alles ihren Eltern erzählt. Es ist noch nicht einmal Abend, sie wird schon nach Hause kommen. Also mach dich nicht verrückt, und zieh endlich deine Jacke aus.«

      Wie konnte Werner so gelassen sein?

      Schon hatte sie eine scharfe Erwiderung auf den Lippen, als sie sich besann. Sie erinnerte sich plötzlich daran, wie sie durchgedreht war, als eine Nachbarin ihr von einem Zwischenfall auf den Galapagos-Inseln erzählt hatte. Hannes hatte sich dort aufgehalten, und sie hatten längere Zeit nichts von ihm gehört. Werner war gelassen geblieben, und wie sich später herausstellte, war das richtig gewesen. Hannes war nichts passiert, und ganz gewiss würde es auch bei Bambi so sein. Sie musste aufhören, so gluckenhaft zu sein, Sie stand auf, zog ihre Jacke aus, und Werner war höflich genug, sie ihr abzunehmen und hinaus in die Diele zu bringen.

      Sie blickte auf die Uhr, es war wirklich noch nicht Abend, es war draußen nur schon dunkel und es regnete. Und das schürte ihre Ängste.

      Wenn Bambi irgendwo im Warmen saß, brauchte sie sich keine Sorgen zu machen. Aber wo war sie?

      Werner kam zurück, sagte, dass er noch ein bisschen arbeiten wolle, dann strich er Inge übers Haar.

      »Du musst jetzt nicht wie ein hypnotisiertes Kaninchen aufs Telefon starren. Bambi wird schon nach Hause kommen, und dann wird es eine ganz einfache Erklärung für alles geben. Ich denke, wir müssen uns daran gewöhnen, dass sie erwachsen wird und beginnt, ihren Weg ohne uns zu gehen, mein Herz.«

      Inge seufzte.

      Manchmal wünschte sie sich wirklich, ein wenig von Werners Gelassenheit zu haben. Es konnte doch jetzt wirklich nicht wahr sein, dass er es fertigbrachte, in sein Arbeitszimmer zu gehen und so zu tun, als sei überhaupt nichts geschehen.

      Ahnte er ihre Gedanken?

      »Inge, ich muss in zwei Tagen in Lissabon sein, und da gibt es noch viel zu tun. Ein Vortrag macht sich nicht von selbst. Man erwartet etwas von mir, was Hand und Fuß hat. Ich kann da nicht ein bisschen herumschwadronieren, man erwartet von mir einen fundierten wissenschaftlichen Vortrag.«

      Werner hatte recht, wegen Hannes war er nicht so richtig zum Arbeiten gekommen. Natürlich hatte er so viel Zeit wie möglich mit seinem jüngsten Sohn verbringen wollen.

      »Ich geh rüber zu Mama und Papa«, sagte Inge. »Wenn du fertig bist, kannst du ja rüberkommen …, oder wenn du keine Lust mehr hast oder …, wenn du nicht arbeiten kannst, weil du an Bambi denken musst.«

      Das musste sie einfach hinzufügen, und das trug ihr prompt einen tadelnden Blick ein.

      Werner wollte den Raum verlassen, doch dann überlegte er es sich anders, ging zurück, nahm seine Frau in den Arm.

      »Liebes, mach dir keine Sorgen. Sie wird bald zurückkommen und eine ganz einfach Erklärung dafür haben, wohin sie gegangen ist. Aber ja, geh zu deinen Eltern, das sind vernünftige, besonnene Menschen, und die können dir gewiss deine … unbegründete Angst nehmen.«

      Inge presste sich an ihn, und so sehr ihr die Nähe ihres Mannes sonst auch guttat, heute empfand sie nichts, und deswegen machte sie sich aus seiner Umarmung frei und sagte: »Geh am besten an deine Arbeit, Werner.«

      Mit diesen Worten verließ sie zuerst den Raum, wenig später auch das Haus.

      Bambi war noch nie weggegangen, ohne zu sagen, wohin sie ging, und warum hatte sie denn keine Nachricht hinterlassen?

      Inge wusste es nicht, und das machte


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